Das Süße Geheimnis Der Leidenschaft: Roman
hatte, ihn zu heiraten. Merrick wandte sich um und betrachtete das junge Mädchen noch einmal. Guter Gott, sie war ein Kind! Und er wollte verdammt sein, wenn er da nicht eine leichte Ähnlichkeit mit Madeleine entdeckte. Treyherns Tochter war ein bezauberndes kleines Ding - hochgewachsen und schlank, mit Haaren, die so golden glänzten wie sonnenreifer Mais. Ihre Gesichtszüge waren fein geschnitten, und sie war hübsch anzusehen, mit dieser vollen Unterlippe, die sinnlich und unschuldig zugleich wirkte.
Herrgott, vermutlich würde sie so manchem eine Sünde wert sein. Aber heiraten? Dazu war sie doch sicherlich noch viel zu jung, nicht wahr? Sie konnte unmöglich die volle Bedeutung des Ehegelübdes und der Pflicht verstehen, die eine Heirat mit sich brachte. Mit siebzehn konnte sie weder den Ernst des Lebens begreifen noch die Zwänge und Herausforderungen verstehen, die das Erwachsensein einer Person abverlangte.
Was ihn veranlasste, sich etwas zu fragen: Warum hatte er erwartet, dass Madeleine das alles verstand?
Aber es war zu spät, damit zu beginnen, Entschuldigungen für Madeleine Treulosigkeit zu suchen. Sie hatte ihn geheiratet. Und sie hatte ihn aufgegeben, ohne einen zweiten Gedanken daran zu verschwenden.
In diesem Augenblick ertappte Maribelle-Arabelle ihn dabei, dass er sie anstarrte. Die feinen Gesichtszüge wurden um drei Nuancen röter, dann drohte ihm das Mädchen neckisch mit dem Finger und begann zu kichern. Zu kichern. Großer Gott! Es war Zeit für ihn, sich in irgendeine verborgene Ecke zurückzuziehen, so wie die anderen Herren ohne Begleitung.
Zumindest waren es weniger Gäste, als man nach der Zahl der Kutschen vor dem Haus hätte vermuten können, und niemand schien auf Förmlichkeiten zu bestehen. Treyhern ist klug, dachte Merrick, das Mädchen auf diese zurückhaltende Weise in die Gesellschaft einzuführen, statt sie mit einem teuren Debütantinnen-Ball oder ähnlichem Unsinn mitten ins Rampenlicht zu stoßen.
Treyherns Diener glitten durch den Salon und bedienten unauffällig die Gäste. Sie balancierten Tabletts, auf denen Gläser mit Sherry und Orgeat standen, einem Getränk aus Mandelsirup, Zucker und Rosenblütenwasser. Merrick kannte die meisten der Anwesenden und einige davon sogar recht gut.
»MacLachlan!« Jemand schlug ihm herzhaft auf die Schulter. »Ich hoffe, Sie sind gesund und munter?«
Merrick wandte sich um und sah einen der Direktoren der Bank vor sich stehen, der ihn anstrahlte.
Das ist, rief er sich in Erinnerung, einer der Gründe, hier zu sein. »Durchaus, Sir. Und selbst?«
Und damit begann eine Reihe jener bedeutungslosen kleinen Gespräche, die zu überstehen man während gesellschaftlicher Anlässe gezwungen war. Während er seinen Weg durch den Salon machte, war Merrick gezwungen, sich zweimal über das Alter und die Gesundheit Queen Adelaides zu äußern - die ganz entschieden nicht guter Hoffnung war -, dreimal über die Frage, ob das Oberhaus die Reformakte in die Länge ziehen würde - ganz gewiss würde es das - und fünfmal über das Wetter, welches im Allgemeinen für schön empfunden wurde. Oder als zu feucht. Oder zu warm. Oder zu regnerisch. Abhängend davon, mit wem man sich unterhielt.
Mithilfe seiner Entschlossenheit, derartige Belanglosigkeiten zu ertragen, und einiger geografisch-strategischer Ausweichmanöver gelang es Merrick, sich stets auf der Madeleine entgegengesetzt gelegenen Seite des Salons aufzuhalten. Bis sie zu Tisch gebeten wurden und er feststellte, dass Lady Treyhern sie als Tischnachbarn vorgesehen hatte.
Madeleine wirkte ein wenig angegriffen. Er verbeugte sich höflich und zog ihren Stuhl zurück. »Lady Bessett«, sagte er. »Guten Abend.«
»Mr. MacLachlan«, murmelte sie, »welch eine Überraschung.« In ihren Augen glomm ein Feuer.
»Nun erdolche mich nicht mit deinen Blicken, meine Liebe«, sagte er leise. »Ich habe die Gästeliste nicht gemacht. Du etwa?«
Sie erwiderte nichts und nahm auf ihrem Stuhl Platz, wobei sie sich bemühte, ihm nicht zu nahe zu kommen. Ihr Duft hüllte ihn ein wie eine Wolke. Es war der leichte Duft nach Seife und Jasmin und nach etwas anderem, das er nicht benennen konnte. Es war der kaum wahrnehmbare Duft nach etwas schmerzlich Vertrautem.
Das Dunkelgrün ihres Seidenkleides, bemerkte er, passte genau zu ihren funkelnden Augen und sah zu ihrer blassen Haut herrlich aus. Das Kleid war schlicht, gemessen an Londoner Maßstäben, aber es enthüllte auf verführerische Weise ihre
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