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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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hat mir gesagt, er ist verreist, sie weiß aber nicht, wann er zurückkommt. Es wäre sehr nett, wenn Sie mir weiterhelfen könnten«, entgegnete Laskin und sah die junge Dame mit seinem charmantesten Lächeln an.
    »Wie ich Ihnen schon sagte, ich …« Sie warf einen kurzen Blick zu ihrem Mitarbeiter, der gerade mit einem andern Gast beschäftigt war, und fuhr leise fort: »Ich habe in einer halben Stunde Feierabend. Erwarten Sie mich bitte draußen. Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann.«
    »Danke. Vielen, vielen Dank. Bis nachher.«
    Laskin warf ihr noch ein Lächeln zu, und sie lächelte zurück. Sie war jung, sehr hübsch, dezent geschminkt und hatte dennoch diese ganz besondere Art, die ihn sofort spüren ließ, dass sie nicht abgeneigt war, sich auf ein Abenteuer einzulassen. Er hatte Erfahrung und wusste aus eben dieser Erfahrung, dass es kaum eine Frau gab, die seinem Charme, gespielt oder nicht, widerstehen konnte. Auch wenn ihm bei dem Gedanken an Natascha das Herz blutete, aber diese junge Frau war ein Teil seines Plans, und wenn er ihn vollenden wollte, dann musste er wohl oder übel auch unkonventionelle Wege beschreiten. Außerdem, dachte er, hat Natascha in den letzten Jahren so viele Freier gehabt … Nein, keine Schuldgefühle. Nicht jetzt.
    Er setzte sich in sein Auto und stellte das Radio an, lehnte den Kopf an die Kopfstütze und trommelte auf dem Lenkrad den Rhythmus von »Smooth« von Santana mit. Als er noch ein kleiner Junge war, wollte er Schlagzeug spielen lernen, aber seine Eltern hatten nicht das Geld, ihm das Instrument zu kaufen oder gar die Stunden dafür zu bezahlen. Doch er träumte noch immer davon.
    Der Regen ließ wieder nach, ein paar Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg durch die immer löchriger werdende Wolkendecke, ein Regenbogen spannte sich von Horizont zu Horizont. Er dachte an die Sintflut und den Regenbogen, der nach der großen Flut amHimmel stand, und an die Verheißung Gottes, dass dieser Regenbogen ein Bundeszeichen zwischen Gott und der Erde sein soll und nie wieder eine derartige Flut über die Erde kommen solle. Wenn der Bogen in den Wolken steht, dann wird Gott auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Ihm und allen lebenden Wesen, allen Wesen aus Fleisch auf der Erde. Laskins Vater hatte ihm die Geschichte von Noah und der Sintflut viele Male erzählt, und seine Stimme war dabei jedes Mal voller Ehrfurcht und Demut gewesen. Als Laskin noch ein kleiner Junge war, hatte er seinen Vater gefragt, warum Gott die Sintflut überhaupt über die Erde geschickt habe, worauf sein Vater antwortete: »Weil die Menschen so schlecht waren.« Und dann hatte er ihm immer wieder, wenn er die Geschichte erzählte, gesagt, dass alle Menschen Kinder Gottes seien und das Vergießen unschuldigen Blutes unrecht sei. Den Regenbogen vor Augen, dessen Farben an Intensität mehr und mehr zunahmen, musste Laskin unwillkürlich an seinen Vater denken, den er zuletzt vor gut zwei Jahren gesehen hatte. Seine Eltern lebten noch, sie hatten ein kleines Haus in Efrata, nicht weit von Jerusalem entfernt. Sein Vater arbeitete noch immer in der Schmiede, die schon seinem Urgroßvater gehört hatte, nur dass man jetzt dort kein Eisen mehr schmiedete, sondern Autos reparierte. Seine Mutter war krank, und es war nur eine Frage der Zeit, bis der Krebs sie besiegt haben würde. Aber sie war eine starke, gottesfürchtige Frau, die keine Angst vor dem Sterben oder dem Tod hatte, denn sie war gewiss, dass dieses Leben nur ein kleiner Abschnitt innerhalb eines riesigen Kreislaufs aus geboren werden und sterben war. Laskin hatte fest vor, seine Eltern noch vor dem Herbst zu besuchen, und diesmal würde er Natascha mitnehmen und sie ihnen als seine zukünftige Frau vorstellen, vorausgesetzt, Natascha wollte ihn überhaupt heiraten. Doch Laskin zweifelte nicht daran. Er zweifelte höchstens an sich selbst, an dem, was er getan hatte und das ihm, je mehr er sich zu Natascha hingezogen fühlte, als unrecht, fast widerwärtig vorkam. Und er schämte sich, wenn er an seinen Vater und seine Mutter dachte, und er schwor sich, ihnen nie die Wahrheit über das Lebenzu sagen, das er in den letzten zwölf Jahren geführt hatte. Gleichzeitig aber fragte er sich, ob er denn jemals eine Wahl gehabt hatte, ob er jemals Nein hätte sagen können. Seit er denken konnte, hatte man ihm befohlen – tu dies und tu das, geh in die Schule, du musst zum Militär und von dort zum Mossad. Nein, sagte er sich, ich

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