Das Syndikat der Spinne
Tochter weiß wahrscheinlich schon gar nicht mehr, wer ich bin.«
»Du hast eine Tochter?«, fragte Durant, als sie Schulze zur Tür begleitete.
»Sie ist gerade ein Jahr alt geworden. Und wenn ich diese Serie endlich fertig habe, werde ich mindestens drei Wochen Urlaub nehmen. Ich hab seit drei Jahren nicht mehr richtig Urlaub gemacht. Es wird allerhöchste Zeit.«
»Sag mal, hast du eigentlich keine Angst, ich meine, du scheinst ziemlich brisante Informationen zu haben, die einigen Leuten vermutlich sauer aufstoßen.«
Schulze winkte ab. »Ich habe in den letzten Wochen eine ganze Menge Drohungen erhalten.«
»In welcher Form?«
»Anrufe in der Redaktion, Anrufe zu Hause, und jedes Mal ist mir gesagt worden, dass ich, sollte die Serie erscheinen, ein toter Mann sei. Einmal sind mir sogar die Reifen zerstochen worden. Es sindschon recht eindeutige Drohungen, mit denen man mich aber nur einschüchtern will.«
»Und du machst trotzdem weiter?«
»Klar, warum nicht. Das sind irgendwelche kleinen Ganoven, die einfach mit den Säbeln rasseln. Da passiert schon nichts.«
»Hoffentlich. Denk dran, du hast Familie«, sagte die Kommissarin besorgt. »Wer weiß eigentlich außerhalb der Redaktion von dieser Serie?«
Schulze zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Es wissen inzwischen so viele Leute bei der Zeitung davon, da dringt so was ganz schnell nach draußen. Die Serie erscheint, und damit basta.«
»Sei um Himmels willen vorsichtig. Es gibt bestimmte Typen, mit denen ist nicht zu spaßen.«
»Bis jetzt ist weder mir noch meiner Familie etwas passiert. Ich sag doch, Säbelrasseln. Und jetzt tschüs.«
»Ja, tschüs, und danke für die Hilfe. Und wenn du mal irgendwelche Infos brauchst, sag Bescheid.«
»Vielleicht komme ich wirklich mal darauf zurück. Aber jetzt hau ich endgültig ab.«
»Noch eins«, sagte Julia Durant. »Darf ich fragen, mit wem du dich triffst?«
»Du meinst meinen Informanten?«, fragte Schulze grinsend zurück. »Nein, das sage ich erst, wenn ich mit ihm gesprochen habe. Ich kann nur so viel verraten, er ist ein Promi-Zahnarzt, der massiv unter Druck gesetzt wird. Alles andere werde ich hoffentlich in einem persönlichen Gespräch erfahren.«
»Ciao dann und komm gut nach Hause«, sagte Kuhn und klopfte Schulze auf die Schulter. »Und grüß deine beiden Süßen von mir. Vielleicht können wir mal alle zusammen was unternehmen.«
»Ich werd’s ausrichten.« Und an Julia Durant gewandt: »Und denk dran, nimm diese Maric in die Mangel. Sie hat irgendwo einen Schwachpunkt wie jeder von uns. Finde ihn, und dann knack sie.«
Er ging, ohne eine Erwiderung abzuwarten. Julia Durant schloss die Tür und lehnte sich von innen dagegen.
»Was hältst du von seinen … Ausführungen?«, fragte sie.
Kuhn zuckte mit den Schultern. »Er hat fast ein Jahr ausschließlich für diese Serie recherchiert und sich davor schon ein paar Jahre damit beschäftigt, und irgendwann will er sogar ein Buch darüber schreiben. Ich denke, du solltest zumindest nicht ganz ausschließen, dass es sich hier um organisiertes Verbrechen handelt. Aber letztendlich bleibt es deine Entscheidung.«
Sie ging zum Kühlschrank, holte eine Dose Bier heraus und trank sie in einem Zug leer. Danach rollte sie die noch kalte Dose ein paarmal über ihre Arme und Beine, bevor sie sie wegwarf.
»Ich werde mich morgen früh mit Berger und den andern besprechen. Doch das mit der Weltverschwörung werde ich nicht auf den Tisch bringen«, sagte sie grinsend. »Ich meine, dein Freund ist ja ganz nett, aber man kann’s auch übertreiben.«
»Seine Gedanken sind zumindest nicht abwegig.«
»Du meinst, seine philosophischen Gedankengänge.«
»Nein, seine Gedanken. Und du brauchst auch gar nicht so schnippisch zu sein, Peter ist ein ausgezeichneter Journalist, und diese Serie ist schon fast so etwas wie ein Lebenswerk. Ich garantiere dir, der weiß mehr vom organisierten Verbrechen als du und deine Kollegen.«
»Viele behaupten mehr zu wissen als wir, aber die wenigsten von denen haben jemals eine Leiche gesehen oder waren dabei, wenn ein großer Coup geplant wurde. Fast immer sind es nichts als Theorien, die aufgestellt werden.«
»Und was heißt das jetzt für dich?«
»Das kann ich dir sagen, großer Held. Ich werde morgen die Maric beschatten lassen, und am Abend will ich einen Bericht haben. Und was dann kommt«, sie zuckte mit den Schultern, »das weiß im Augenblick nur der liebe Gott. So, und jetzt bin ich müde und
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