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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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kommen, tauchen sie in den Statistiken der nationalen Armeen nicht auf. Völkerrechtlich können diese Leute meistens nicht belangt werden. Im Sinne der Genfer Konvention sind es Zivilisten, sie müssen geschützt werden. Außer sie nehmen an Kampfhandlungen teil. Sie können also nur nach nationalem Recht angeklagt und verurteilt werden. Falls man sie überhaupt erwischt ... Das heißt: Sie sind äußerst nützlich. Sozusagen für die Drecksarbeit.« Fertig. Jetzt durfte er.
    »Hast du darüber promoviert?«, fragte Nyström. Er grinste breit.
    »Ich hab mit diesen Leuten oft zu tun gehabt«, sagte sie ernst. »Bedenklich ist die Tatsache, dass private Sicherheits- und Militärunternehmen ein wirtschaftliches Interesse an der Weiterführung von Kriegen haben. Sie machen dasselbe, was ihr mit den Geheimnissen macht.« So, Nyström, das hast du von deinem blöden Grinsen.
    Das verschwand auch schlagartig.
    »Ihr seht zu, dass euch die Geheimnisse nicht ausgehen«, sagte Karen und fügte ein angriffslustiges Oder mit Fragezeichen hinzu.
    »Ach«, sagte er mit demselben provozierenden Unterton, »dann hat David also nur für ein neues Geheimnis gesorgt?«
    »Das hab ich nicht gesagt!«
    »Nein? Was hast du dann gesagt?« Er hob die Brauen.
    Karen, es ist kindisch, es geht um David ... »Okay«, sagte sie einlenkend, »es geht jetzt um die beiden Überlebenden.«
    »Und, was willst du ihnen sagen? Die wissen doch längst, dass ihre Kameraden tot sind.« Nyström wippte ungeduldig mit seinem Sessel.
    »Ich sage ihnen die Wahrheit.« Ja, die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Karen konnte das Wort schon nicht mehr hören.
    »Das tust du nicht!«, sagte er entschieden.
    Schon wieder. Er schaffte es, sie wütend zu machen, von einer Sekunde auf die andere. »Ach? Und wieso nicht?«
    »So haben wir nie gearbeitet. Wir veröffentlichen, wir kümmern uns nicht um einzelne Schicksale«, sagte er. »Unsere Aufgabe ist die Veröffentlichung, wir ergreifen niemals Partei. Wir sind weder Polizisten noch ... Geheimagenten.«
    »Du musst ja auch nicht anrufen. Ich brauche die Nummern«, erwiderte sie unbeeindruckt.
    »Selbst die ...«
    »Pass auf!«, sie stützte sich auf den Tisch und sah ihn provozierend direkt an. »Hier geht es um Menschenleben und um eine ganz wichtige Frage: Wie konnte das passieren? Wie konnten die Soldaten so ausrasten? Passiert es wieder? Es geht nicht um irgendwelche Prinzipien. Du kannst dich nicht einfach aus allem raushalten und dich hinter deinen gehackten Dokumenten verschanzen.«
    Er hielt ihrem Blick stand. »Wieso bestimmst du plötzlich, was ich darf und was ich nicht darf, wie ich zu arbeiten habe?«
    Wie lange wollte sie sich noch mit ihm streiten? »Mach, was du willst, Nyström, es ist mir egal, ich will nur die Liste mit den Namen der Überlebenden. Und sag jetzt nicht, dass das nicht vereinbar ist mit deinen Prinzipien! Sonst prügele ich jeden einzelnen Buchstaben und jede einzelne Ziffer aus dir heraus.«
    Einen Moment lang herrschte Stille.
    Schließlich seufzte Nyström. Und Karen meinte, sie müsste etwas erklären: »Ich hasse das alles, die ganze Gewalt, okay? Mit meinen Reportagen will ich Mitgefühl wecken. Die Schicksale hinter den sachlichen News zeigen. Es ist mir nie um die Anzahl der Toten gegangen, immer um jeden einzelnen, um das Leben, das ihm genommen wurde, das wollte und will ich zeigen. Und um diejenigen Menschen, die allein zurückbleiben, Kinder, Frau, Mann, Eltern, Verlobte ...«
    »Tust du das alles eigentlich für ihn oder ...?«
    Sie wandte sich ab, irritiert von seiner Frage, auf die sie eigentlich eine Antwort wissen müsste.

22
    Lüttich
    Céline Cocteau stellte gerade ihren Kaffeebecher in die Spüle, als der Klingelton sie erschreckte. Das war nicht ihr Handy. Das war seins! Verärgert, weil sie in der wenigen Zeit, die ihr morgens blieb, auch noch seine Anrufe annehmen musste, ging sie durch das verhasste enge Apartment zur Wohnungstür. Von dort kam das Klingeln. Natürlich, Jorge hatte das Handy einfach in der Tasche seines blauen Kapuzenpullis stecken lassen! Er scherte sich einen Dreck darum, wie es ihr ging. Wie sie mit ihrem Knochenjob als Krankenschwester zurechtkam. Seit Monaten diese verfluchten Rückenschmerzen, keine Nacht konnte sie richtig schlafen. Aber er meinte ja, nur er hätte Probleme. Als ob sie sich nicht auch deswegen sorgte? Sie hatte ihn geheiratet, gut, das war fünf Jahre her. Kinder kamen keine. Warum wohl? Weil sie nicht mehr

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