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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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muss alles selbst verdienen und ...«, versuchte er es noch einmal, weinerlich diesmal.
    »Sie kriegen es wieder.«
    Gibbs fletschte die Zähne, sein Knurren klang schaurig, sein Fell sträubte sich. Sie erschrak.
    Der Taxifahrer ließ die Schlüssel in ihre geöffnete Hand fallen.
    »Die Jacke aus! Schnell! Und den Pullover auch.«
    Schon riss Gibbs am Ärmel der Lederjacke. Der Taxifahrer konnte sie gar nicht schnell genug ausziehen.
    Als er den Pullover über den Kopf ziehen wollte, packte sie die beiden losen Ärmel und verknotete sie fest hinter seinem Rücken. Der Pullover saß fest über seinem Kopf.
    Jetzt so schnell wie möglich hier weg! Der Parkplatz wirkte wie ausgestorben, rundherum Lagerhallen, und so würde es hoffentlich eine Weile dauern, bis jemand den Taxifahrer hörte. Sie nahm Gibbs auf den Arm, stieß die Tür auf, stieg aus und warf den Autoschlüssel in hohem Bogen weg. Dann lief sie los. Von einem Hauseingang aus rief sie Nyström an.
    Es dauerte ziemlich genau zehn Minuten, bis sie sah, wie eine Gestalt sich aus der Dunkelheit löste. Sie trug einen glänzenden schwarzen Parka, die Kapuze hatte sie über den Kopf gezogen. War das Lee?
    Sie blieb vor ihr stehen, da sah sie das Gesicht. Die Sommersprossen, die rötliche Strähne in der Stirn.
    »Karen!« Erschrocken sah er sie an.
    Da erst blickte sie an sich herunter. Ihre Hände, ihr Pullover waren blutverschmiert.
    »Nein, ich bin okay. Gibbs ist verletzt.«
    Nyström musterte sie, als müsse er sich vergewissern, dass sie nicht doch verletzt war, dann bückte er sich und streichelte den Hund, der sich neben Karen gekauert hatte und flach atmete.
    »Er hat einen Schuss abgekriegt«, sagte sie.
    Nyström hob ihn hoch. »Ich seh gleich nach ihm.«
    »Bist du auch Tierarzt?«
    »Ich kenn mich aus mit Schusswunden.«
    Er redete nicht weiter, und so gingen sie los, durch den feuchten Schleier der Nacht, zwei Menschen, einer mit einem Hund auf dem Arm.
    Sie hätte ihn gern so vieles gefragt, über sein Leben mit Astrid, über sein Leben im Untergrund, aber da war etwas in ihr, das ihr das verbot.
    Als sie die blaue Unterwelt betraten, überfiel Karen für ein paar Sekunden das Gefühl, als sei dies alles gar nicht wirklich, Nyström, Lee, Teecee und sie selbst, als seien sie Figuren in einem Videogame, kreiert aus Algorithmen und Pixeln, doch da drehte Nyström sich zu ihr um und sah ihr in die Augen, und da wusste sie, dass er Wirklichkeit war. Sie wollte etwas sagen, aber sie wusste nicht, was. War es nicht verrückt, dass sie immer etwas sagen wollte, wenn sie irritiert war?
    »Das Blut ...« Teecees Stimme klang schrill. Er war von seinem Platz am Monitor aufgesprungen und starrte auf Gibbs.
    »... ist echt«, bemerkte Nyström kühl und legte den Hund auf die Couch.
    »Wo gibt’s Verbandsmaterial?«, fragte Karen.
    »Im Bad«, sagte Nyström.
    Gibbs winselte nicht, als sie zurückkam, er lag einfach auf der Couch und sah sie an. Jetzt hatten seine Augen wieder den sanftmütigen Ausdruck, nichts erinnerte mehr an das kampfbereite Wesen, das er vorhin noch gewesen war. Karen kniete sich neben die Couch und riss das Verbandspäckchen auf.
    Nyström reinigte die Wunde. »Sieht nach Streifschuss aus«, sagte er.
    Schussverletzungen waren auch für sie nichts Unbekanntes, bei ihren Reportagen in Krisengebieten und zuletzt in Afghanistan hatte sie mehr als genug davon gesehen. Wieso er Bescheid wusste, fragte sie nicht. Er half ihr, die Wunde zu verbinden.
    »Glück gehabt, Gibbs«, sagte sie und streichelte die Hundeohren, die sich schon wieder aufrichteten. Zufällig berührte sie Nyströms Hände – und zuckte zurück.
    Sein Blick fragte etwas, aber sie wich ihm aus.
    »Benz«, sagte er dann, »meiner hieß Benz. Ich war zehn. Mein Vater hatte ihn mitgebracht, er hatte ihn irgendwo auf dem Feld gefunden. Einen Welpen. Drei Jahre ist er bei uns geblieben. Ist jeden Abend wiedergekommen, wenn er unterwegs war. Aber eines Abends ist er einfach nicht mehr gekommen. Ich hab ihn wochenlang gesucht.« Gedankenversunken streichelte er Gibbs’ Fell. »Noch Jahre später hab ich mich nach jedem Hund umgedreht, der ihm ähnlich sah, und hab seinen Namen gerufen.« Er schüttelte den Kopf und lächelte. »Vielleicht wär’s einfacher gewesen für mich, wenn er gestorben wäre und ich hätte ihn gefunden.«
    »Muss dir ziemlich wichtig gewesen sein, dieser Hund«, meinte Lee, und Teecee sagte: »Vielleicht ist der da auch jemandem davongelaufen. Ihr

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