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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Ich brauche Abstand, bevor ich anfange, dich zu hassen. Hass.
    Warum hatte er nicht geschrieben, bevor ich nicht mehr kann oder bevor unsere Liebe endet oder ... aber nein, er schrieb hassen .
    Sie wollte nicht gehasst werden. Manchen Menschen machte es vielleicht nicht viel aus, aber sie bemühte sich doch, Gutes zu tun, sie stürzte sich in Gefahr, um in ihren Reportagen über die Opfer zu berichten, sie wollte Mitgefühl wecken, aufrütteln. Man musste sie doch lieben! Genau das ist dein Problem, Karen, du kannst es nicht ertragen, dass du nicht geliebt wirst. Was willst du? Immer noch die Aufmerksamkeit deiner Mutter? He, Karen, Jane Burnett ist tot. Game over.
    »Kaffee?« Lees Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Ist mit Zucker«, sagte er nur und reichte ihr eine Tasse.
    »Danke.« Karen fragte sich, warum er sich so reserviert gab. Was hat er gegen mich? Siehst du, Karen, schon wieder. Und wenn schon, dann hat er eben was gegen dich. Das wirst du doch ertragen können, oder?
    Sie war einfach nicht an Fürsorge gewöhnt. Michael umsorgte sie zwar, wenn sie von ihren Reisen zurückkam, aber sie fühlte sich dabei immer irgendwie krank und schwach. Michael ... Warum meldete er sich nicht? Ahnte er denn nicht, dass es ihr miserabel ging?
    Und dann dachte sie wieder an ihre Mutter. Selbst als sie mit Mumps im Bett lag, damals war sie sechs gewesen, hatte ihre Mutter ihre Termine nicht abgesagt.
    Ihre Mutter war ständig unterwegs gewesen oder am Telefon, wo sie an ihrem weltumspannenden Netzwerk wob. In ihren Wohnungen gingen die Leute ein und aus. Sie lebte das Klischee der amerikanischen Elite-Journalistin, die sich über die Kunstgeschichte des 16. Jahrhunderts genauso kritisch und pointiert äußern konnte wie über Willy Brandt, die amerikanische Steuerpolitik, die neueste Opernaufführung in Wien oder einen bestimmten Kommentar über China der New York Times .
    Alles andere wollte ich werden, nur keine Journalistin, dachte Karen, natürlich aus Protest, schließlich wolltest DU immer, dass ich werde wie du. Aber ich hatte auch Angst, denn ich wusste, dass ich immer in deinem Schatten stehen würde. Nicht im Licht – wie du. Und natürlich hattest du mal wieder recht. Die Semester Englische Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte waren nichts anderes als ein Um-den-heißen-Brei-herum-Studieren. Kapitulation nach zwei Jahren.
    »Na, ausgeschlafen?« Nyströms Stimme riss sie aus ihren Gedanken, er schwang herum auf seinem ledernen Drehsessel, die Hände hinter dem Kopf, die angewinkelten Ellbogen wie Flügel in die Luft gereckt. »Und wie geht’s unserem Hund?«, fragte er gut gelaunt und pustete sich eine Haarsträhne aus der Stirn.
    Gibbs hob den Kopf.
    »Er hat deine Couch ruiniert«, sagte sie. In diesem Moment mochte sie ihn.
    »Ist okay. Wir kaufen eine neue. Türkis, was meinst du? Darf ich mir angesichts des Elends da draußen eine türkisfarbene Couch kaufen, Karen?« Er sah sie mit einem Blick an, den Karen nicht anders als spöttisch nennen konnte.
    »Wie bist du eigentlich so geworden, Nyström?«, gab sie zurück. »Ist die Wirklichkeit nur ein ... ein Computerspiel für dich? Nimmst du überhaupt irgendwas ernst? Du sitzt hier in Sicherheit, in diesem blauen Keller vor deinen Monitoren, und draußen sterben deinetwegen Menschen. David ... deine Frau ...«
    »Lass Astrid aus dem Spiel!«, fuhr er sie an, und seine Augen wurden plötzlich schmal. »Und David habe ich nicht gezwungen, sich mit Grévy zu treffen oder diese Fotos zu machen. Es war allein seine Sache. Er kannte Grévy. Grévy ist auf ihn zugekommen.«
    Behutsam schob sie Gibbs von ihrem Bein. »Wieso hat die Polizei eigentlich angenommen, du hättest deine Frau umgebracht?«, fragte sie weiter, so einfach wollte sie es ihm nicht machen.
    »Wieso? Ich hab eine Menge Feinde, Karen. Eine ganze Menge.«
    »Und deshalb musste David sterben«, sagte sie bitter, »und all die Menschen im Restaurant, oder? Weil du Feinde hast.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht«, sagte er heftig. »Aber klar ist: Nicht ich bin schuld! Die anderen sind es, die ...«
    »... die Bösen«, sagte sie matt, »ja, ich weiß. Haben dir das deine Eltern eingebläut?«
    Sie wusste, dass es dumm und kindisch war, ihm alles anzuhängen, und sie rang noch mit sich, ob sie ein tut mir leid hinterherschicken sollte, da rief Teecee von seinem Monitor herüber: »He, Leute! Ich hab ihn, unseren Überlebenden!«, und Karen stand auf, irgendwie froh darüber, dass sie

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