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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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versteht?«
    Mark fuhr seinen Computer hoch. »Unter Distributed Computing versteht man die Idee, ein Programm auf mehreren Computern gleichzeitig
     laufen zu lassen, die miteinander vernetzt sind. Dadurch kann man die Rechenleistung vieler unabhängiger Computer zusammenschalten
     und bekommt so eine Art Supercomputer, ohne dass man dafür teure Hardware kaufen muss. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der
     Seti-Bildschirmschoner.«
    »Der was?«
    »›Seti‹ steht für ›Search for Extraterrestrial Intelligence‹. Das Seti Institute ist eine private Organisation in den USA,
     die von Radioteleskopen empfangene Signale nach Botschaften Außerirdischer durchsucht. Dafür braucht man sehr viel Rechenleistung.
     Früher war Seti ein Programm der US-Regierung, doch dann wurden denen die Mittel gestrichen. Jemand kam auf die Idee, die
     Computer von Privatleuten für die Suche zu verwenden, indem er dort ein kleines Programm installierte, das die ungenutzte
     Rechenkapazität z. B. in Arbeitspausen nutzte. Hier, ich zeige es Ihnen.«
    Er öffnete die Windows-System-Steuerung und aktivierte den Seti@home-Bildschirmschoner. Ein buntes Diagramm baute sich langsam
     auf, das aussah wie ein Meer aus eckigen Wellen in Blau, Rosa und Rot.
    Unger trat hinter ihn und beugte sich vor. Ein Schauer lief über Marks Rücken, als ihm klar wurde, dass der Mörder genau so
     hinter Ludger gestanden haben musste.
    »Das da haben Sie entwickelt?«, fragte Unger. »Ihre Firma sucht nach kleinen grünen Männchen?«
    »Nein, natürlich nicht. Es ist nur ein anschauliches Beispiel für die Technik, die auch wir nutzen. Der Seti-Bildschirmschoner |44| läuft inzwischen auf über 6 Millionen PCs, die über das Internet mit den zentralen Seti-Servern kommunizieren. Die haben jetzt
     eine viel größere Rechenkapazität zur Verfügung, als wenn sie weiterhin von der Regierung finanziert worden wären und das
     Geld in konventionelle Hardware investiert hätten. Seti ist so was wie unser Vorbild.«
    »Verstehe. Und was genau macht jetzt Ihre Firma? Haben Sie auch so ein Programm, das auf vielen PCs läuft?«
    »Ja, genau. Wir haben ein Internet-Portal entwickelt, von dem man kostenlos verschiedene Spiele herunterladen kann. Einzige
     Bedingung ist, dass man unsere DINA-Software installiert, die dann, genau wie das Seti-Programm, Pausen nutzt, um Berechnungen
     für unsere Kunden durchzuführen. Inzwischen haben wir mehr als 500   000 Installationen.«
    »Können Sie mir das mal zeigen?«
    Mark nickte langsam. Die Erinnerung an die schrecklichen Ereignisse der letzten 24 Stunden ließ seine Finger zittern, als
     er DINA über die Tastatur startete. »Hallo Mark«, sagte DINAs synthetische Stimme über die PC-Lautsprecher. »Wie geht es dir
     heute?«
    Marks Kehle schnürte sich zu. Ihm wurde plötzlich übel, und die Kopfschmerzen meldeten sich mit neuer Heftigkeit zurück. Beschissen,
     hätte er beinahe geschrieben. Aber er wollte nicht wissen, welchen witzigen Antworttext Ludger für diesen Fall vorgesehen
     hatte. »Wie ist der Luftdruck in Heidelberg heute um 15:00 Uhr?«, tippte er stattdessen.
    »Der Luftdruck in Heidelberg wird heute um 15:00 Uhr 1017 Hektopascal betragen«, sagte DINAs neutrale Stimme.
    Unger wirkte angemessen beeindruckt. »Das Ding – diese DINA – versteht, was Sie schreiben?«
    »Nicht alles, aber vieles. Wir haben ihr eine natürlichsprachliche Benutzerschnittstelle gegeben, damit unsere Kunden sie
     leichter bedienen können.«
    »Ich dachte immer, es dauert noch Jahrzehnte, bis Computer denken können.«
    |45| »DINA denkt nicht. Man könnte sagen, sie tut so, als ob sie denken könnte. Sie analysiert die Texteingaben, sucht darin nach
     Worten, die sie kennt, und interpretiert diese anhand vorgegebener Regeln. Dann wertet sie einfach das Programm, das unser
     Kunde ihr zur Ausführung gegeben hat, danach aus. Das hat mit Denken nicht viel zu tun.«
    »Und doch sprechen Sie von dem Programm wie von einer Person.«
    Mark zuckte mit den Schultern. »Eine schlechte Angewohnheit.«
    »Ihr DINA-Programm hat also gestern Fehler gemacht?«
    »Ja. Ich zeige es Ihnen.« Mark fragte erneut nach dem Luftdruck in Heidelberg heute Nachmittag.
    »Der Luftdruck in Heidelberg wird heute um 15:00 Uhr 1017 Hektopascal betragen«, gab DINA zurück.
    Mark runzelte die Stirn. Er fragte mehrmals nach dem Luftdruck am nächsten Tag an verschiedenen Orten. DINA nannte sinnvolle
     Werte, die sich auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht

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