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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Schuldzuweisungen kommen sollte, konnte er mit dem Finger in Richtung der Hardwareabteilung zeigen.
    Einigermaßen beruhigt, blickte er wieder aus dem Fenster und versuchte, das nagende Gefühl der Sehnsucht zu verdrängen, das
     irgendwo ganz tief in seinem Inneren glomm wie die letzte Glut eines sterbenden Kaminfeuers. Die Sehnsucht nach dem schwankenden
     Brett unter seinen Füßen und kühlem Wind in seinem Haar und dem berauschenden Gefühl, an der steilen Flanke eines drei Meter
     hohen Brechers entlangzujagen.

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    6.
    Hamburg-Poppenbüttel,
    Donnerstag 6:58 Uhr
    Julia sah ihn mit ihren tiefblauen Augen an. Sie lächelte nicht. Ihr Mund war leicht geöffnet, die Lippen glänzten feucht.
     Langsam glitten ihre Hände über das neue dunkelrote Kleid, umspielten ihre schlanke Figur, die an genau den richtigen |36| Stellen sehr weibliche Rundungen aufwies. Sie machte eine Bewegung mit den Schultern, und das Kleid fiel von ihr ab wie ein
     Handtuch. Darunter war sie nackt.
    Langsam, mit anmutigen Bewegungen kam sie auf das Bett zu. Sie beugte sich über ihn. Ihre Augen sahen plötzlich anders aus.
     Sie hatten einen hellgrauen, metallischen Glanz. Ihr Mund verzog sich zu einem Grinsen. »Hallo Mark. Wie geht es dir heute?«
     Ihre Stimme war unnatürlich betont, und die Länge der Pausen zwischen den Worten stimmte nicht. Eine Computerstimme.
    »DINA!«, hauchte Mark. Eine seltsame Mischung aus Lust und Angst erfüllte ihn.
    Sie beugte sich noch weiter herab, so dass ihre großen, festen Brüste ihn fast berührten. Ihre Hand strich zärtlich durch
     sein Haar, doch es war eine kalte, metallische Hand. Sie glitt über Marks nackten Körper, wanderte an seiner Seite herab bis
     zum Knie, dann die Innenseite seines Oberschenkels hinauf …
    Irgendwo schrillte ein Alarm. Die Tür flog auf. John Grimes stürzte in Marks Schlafzimmer, eine große Axt in der Hand. »Tut
     mir leid, wir müssen Sie evakuieren!«, rief er und schwang das Beil über dem Kopf. »Der Luftdruck beträgt nur 230 Hektopascal.
     Das reicht nicht zum Atmen!«
    Die Axt sauste herab in DINAs Rücken. Doch es spritzte kein Blut. Stattdessen löste sich ihr anmutiger Körper auf in einen
     surrenden Insektenschwarm. Plötzlich war das ganze Zimmer von Fliegen erfüllt. Ihr Summen mischte sich mit dem Pulsieren des
     Alarms.
     
    Mark schreckte hoch. Seine Hand fand von selbst den Weg zum Nachttisch und beendete das Quäken des Weckers. Irgendwo in der
     Dunkelheit summte eine Fliege.
    Er schüttelte den Kopf, um richtig wach zu werden, bereute die Bewegung jedoch sofort. Kein Wunder, dass er solchen Mist zusammengeträumt
     hatte. Er hatte gestern vor |37| dem Fernseher eine ganze Flasche Rotwein geleert in dem verzweifelten Bemühen, die Geschehnisse des Tages zu verdrängen. Wenigstens
     hatte er danach schlafen können. Doch jetzt drang die Realität nur umso brutaler auf ihn ein.
    Zwei Aspirin, eine ausgiebige heiße Dusche und ein paar Toasts mit Schinken und starker Kaffee stellten zumindest seine gewohnte
     körperliche Verfassung wieder einigermaßen her. Er durfte sich nicht hängenlassen. Gerade jetzt nicht. Nicht nur seine eigene
     Zukunft stand auf dem Spiel – er musste auch an das Team denken, die Mitarbeiter, die ihm vertrauten, die ihm durch schwierige
     Zeiten gefolgt waren, teilweise sogar lukrativere Angebote ausgeschlagen hatten, um der Firma die Treue zu halten. Niemand
     konnte sagen, was Grimes anstellen würde, wenn Mark nicht mehr da war, um ihn im Zaum zu halten. Irgendwie musste er seine
     Schwierigkeiten lösen, auch wenn er keine Ahnung hatte, wie er das Wunder diesmal bewerkstelligen sollte.
    Die Geschichte von D. I. war eine lange Serie von spektakulären Erfolgen und ebenso dramatischen Misserfolgen. Marks Gesicht
     hatte die Titelseite eines bedeutenden Wirtschaftsmagazins geziert. Er war als einer der Hoffnungsträger der New Economy gefeiert
     worden. Die Software DINA war auf internationalen Messen mit Preisen überhäuft worden. Doch nach dem Zusammenbruch der New
     Economy waren die Umsätze weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Ein Investor nach dem anderen war abgesprungen. Es
     hatte mehr als einmal so ausgesehen, als würde D. I. das Schicksal von Firmen wie Boo.com, Brokat, Kabel New Media und all
     den anderen untergegangenen New Economy Stars teilen.
    Irgendwie war es ihm immer wieder gelungen, doch noch einen Investor zu finden, der ihm sein Geld anvertraute. Mark wusste,
     dass es seine

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