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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Begeisterung für die Firma und ihr Produkt DINA war, die auf viele Menschen ansteckend wirkte. Doch noch wichtiger
     für ihr Überleben war seine |38| Weigerung gewesen, den Misserfolg zu akzeptieren, seine Entschlossenheit weiterzumachen, auch wenn kein Ausweg erkennbar war.
     Dieser Durchhaltewille war nach seiner festen Überzeugung die Grundvoraussetzung für jeden langfristigen Erfolg.
    Er überlegte, ob er Julia anrufen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Es war vielleicht besser, ein bisschen Zeit vergehen
     zu lassen, damit sie sich wieder beruhigen konnte. Heute Abend würde er sie mit einem großen Blumenstrauß bei ihren Eltern
     abholen, und alles wäre wieder gut. Zwar war ihre Ehe längst nicht mehr so von Leidenschaft erfüllt wie früher, aber sie waren
     immer noch ein gutes Team, und er würde all die Jahre bestimmt nicht einfach so wegwerfen wegen eines kleinen Streits.
    Er spürte, wie langsam wieder Zuversicht sein Denken bestimmte. Zuversicht war der erste Schritt zum Erfolg. Mark setzte sich
     in seinen silbergrauen Porsche Boxster und fuhr zur Firma.
    Als er das Hanseatic Trade Center erreichte, war es zehn nach acht. Zwei Polizeiwagen standen auf dem Parkplatz vor dem modernen
     Gebäude aus Glas und Rotklinker, dessen Fensterfront sich zur Elbe hin zu einer elegant gebogenen Spitze verjüngte. Einer
     der Wagen hatte noch das Blaulicht eingeschaltet. Was war los? War hier gestern Nacht eingebrochen worden?
    Mark fuhr in die Tiefgarage und nahm den Aufzug in den elften Stock. Die intelligente Aufzugsteuerung ermittelte, dass kein
     Zwischenstopp nötig war, um andere Fahrgäste aufzunehmen, und beschleunigte den Fahrstuhlkorb. Mark spürte, wie er einen Moment
     schwerer zu werden schien. Wenige Sekunden später bremste der Fahrstuhl ab, und es fühlte sich so an, als sacke der Boden
     unter ihm weg. Eine leichte Übelkeit mischte sich mit dem unguten Gefühl in seinem Bauch, das der Anblick der Polizeiwagen
     verursacht hatte.
    Seine Ahnung bestätigte sich, als sich die Fahrstuhltür |39| öffnete. Mary stand im Eingang des Büros und redete mit zwei Männern, die Zivilkleidung trugen, aber an ihrer Haltung und
     ihren kritischen Mienen als Polizisten zu erkennen waren. Als sie die Glocke des Fahrstuhls hörte, wandte sie sich zu ihm
     um. Ihre Augen waren rot, die Wimperntusche bildete schwarze Schlieren darunter. Ihre Wangen glitzerten feucht. Sie machte
     ein paar Schritte auf Mark zu, hielt dann inne, als wage sie es nicht, sich ihm weiter zu nähern.
    »Es ist Ludger«, sagte sie, und Tränen schossen in ihre Augen. »Er ist … er ist …« Sie stockte, als könne sie den Satz nicht
     über ihre Lippen bringen. Dann vollendete sie ihn doch: »Er ist tot!«

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    7.
    Hamburg-Hafencity,
    Donnerstag 8:30 Uhr
    Mark sagte kein Wort. Er rannte an ihr vorbei in Ludgers Arbeitszimmer. Sein Freund lag mit dem Oberkörper auf dem Schreibtisch.
     Der Kopf und eine Hand ruhten auf der Tastatur, die andere hing schlaff herab. Seine leeren Augen waren aufgerissen, als könne
     er noch nicht ganz glauben, dass er tot war. Der ganze Schreibtisch war mit getrocknetem Blut bedeckt, das aus einer klaffenden
     Wunde an seinem Hinterkopf ausgeströmt war. Blutspritzer bedeckten den abgeschalteten Bildschirm. Dort, wo das Blut vom Schreibtisch
     herabgetropft war, hatten sich auf dem Parkettboden Lachen gebildet.
    Mark starrte lange auf die Szene. Sein Gehirn verarbeitete die Bilder und zog logische Schlüsse daraus, doch er war unfähig,
     angemessen auf die Situation zu reagieren. Ludger. In einem See von Blut. Tot. Für immer.
    Es war einfach absurd. Wer hatte ausgerechnet Ludger ermordet? Heimtückisch erschlagen, von hinten? Jeder mochte |40| ihn. Er war brillant, aber immer bescheiden gewesen. Er hatte keine großen Ansprüche gestellt, sein Team gefördert, niemandem
     im Weg gestanden. Es gab keinen Grund, verdammt noch mal!
    Ludger war schon in der Schule immer freundlich und zurückhaltend gewesen. Der Klassenbeste natürlich, aber ganz sicher kein
     Streber. Trotzdem – oder gerade deshalb – hatte er den Neid einiger Mitschüler auf sich gezogen und war immer ein Außenseiter
     geblieben. Mark hatte sich einmal eingemischt, als Ludger von einer Gruppe Schüler in die Enge getrieben worden war. Es hatte
     eine Rangelei gegeben. Mark wäre wahrscheinlich ordentlich vermöbelt worden, wenn die Lehrer den Pulk nicht rasch auseinandergetrieben
     hätten. So hatte er sich nur ein paar

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