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Das Tagebuch der Eleanor Druse

Das Tagebuch der Eleanor Druse

Titel: Das Tagebuch der Eleanor Druse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sie auf einmal heftig zu schluchzen an und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
    Ich betete, dass Gott mir die Kraft schenken möge, sie in ihrem Leid, was auch immer es sein mochte, zu trösten. Sie hatte ein gutes Herz und eine empfindsame Seele. Ich legte ihr meine Hand auf den Arm. »Wissen Sie, meine Liebe, mit solchen Tragödien können wir nicht allein fertig werden, die müssen wir in die Hände Gottes legen. Sie glauben doch an Gott, nicht wahr?«
    Sie nickte und fuhr fort. »Ich hätte Nancy warnen müssen, so, wie ich versucht habe, Sie zu warnen. Aber ich habe es nicht getan. Ich hatte Angst, dass sie und ihre Familie … Sie war Kassiererin in einem Supermarkt in South Boston, und ihr Mann ist Bauarbeiter. Aber gerade weil sie so einfach sind, hatte ich Angst, dass sie sich verplappern und den Ärzten sagen könnten, dass eine Krankenschwester ihnen abgeraten hatte …«
    »Wovon denn, meine Liebe?«
    »Sally, ich wollte Ihnen das schon vorgestern sagen, bevor wir von Dr. Metzger unterbrochen wurden. Falls Sie tatsächlich operiert werden müssen, dann dürfen Sie auf keinen Fall zulassen, dass die Operation von Dr. Stegman durchgeführt wird.«
    Mein Blick wanderte wieder hinunter zu dem ausgezehrten Körper und dem eingefallenen Gesicht einer Mutter, deren Kinder nun ohne sie aufwachsen mussten.
    »Stegman hat das getan?« Mir stockte der Atem, und ich tastete nach dem Kristall, den ich mir umgehängt hatte. In einem Grab wäre Nancy wohl besser aufgehoben als in diesem Krankenzimmer, dachte ich. Lieber tot sein, als wie ein Zombie ans Bett gefesselt dazuliegen und für seine Lieben nur eine Erinnerung an das zu sein, was man in glücklicheren Zeiten einmal gewesen war.
    »Ist er denn ein schlechter Chirurg?«, fragte ich. »Ist er ein Pfuscher?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil, er ist brillant.
    Stegman ist wahrscheinlich der talentierteste Neurochirurg im ganzen Krankenhaus, und genau das ist sein Problem. Er kann nicht Nein sagen. Seit er hier ist, kommen Jahr für Jahr mehr Patienten zu ihm. Er hetzt ständig zwischen Operationssaal und Station hin und her. Manchmal fängt er eine Operation an und lässt dann seine Kollegen weitermachen, weil in einem anderen OP schon der nächste Eingriff auf ihn wartet oder er in Windeseile auf der Station nach einem Patienten sehen muss.
    Er rast zurück, schlüpft schon wieder in OP-Kleidung, und dasselbe Spiel beginnt von vorne.«
    »Das darf doch nicht wahr sein.«
    »Er verstößt damit gegen die Krankenhausvorschriften, Mrs. Druse, aber Stegman kann den Rachen nicht voll genug kriegen. Er will immer mehr: mehr Patienten, mehr Operationen, mehr Forschungsaufträge, mehr Prestige, mehr Geld. Immer mehr und mehr und mehr. Dieser Mann ist einfach unersättlich. Und die Leidtragenden seines übertriebenen Ehrgeizes sind Patienten wie Nancy. Sie müssen dafür büßen, dass er nicht mehr die Zeit hat, seine Aufgaben gewissenhaft zu erledigen. Unter diesen chaotischen Umständen tut er, was er kann, aber die Arbeit ist ihm einfach über den Kopf gewachsen.«
    »Was hat er mit Nancy gemacht?«
    »Er hat sie an der falschen Gehirnhälfte operiert und es hinterher damit zu erklären versucht, dass er kurz vor der OP
    auf den Aufnahmen eine zweite Anomalie gesehen hätte. Nur ist ausgerechnet dieser Film nicht mehr auffindbar, aber Stegman schwört Stein und Bein, dass es so war. Nancy leidet seit der Operation an einem so genannten appalischen Syndrom, das heißt, dass sie zwar die Augen öffnet, aber trotzdem nicht bei Bewusstsein ist. Anhand ihres EEGs kann man sehen, dass sie schläft und wieder aufwacht, aber sie nimmt sich selbst und ihre Umgebung nicht bewusst wahr. Ihr Stammhirn arbeitet noch, aber auf den PET-Aufnahmen ist fast keine kortikale Aktivität mehr festzustellen. Sie kann weder richtig kauen noch schlucken, weil man dafür zwei intakte Gehirnhälften braucht. Und in diesem Zustand vegetiert sie nun schon seit Monaten dahin.«
    »Und Stegman darf weiter operieren?« Es war mir schleierhaft, wie so etwas möglich sein konnte.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt: Er ist nach wie vor ein brillanter Chirurg, aber er bürdet sich einfach zu viel auf und ist vollkommen überlastet. Auf der anderen Seite erwirtschaftet er für das Krankenhaus Gewinne in Millionenhöhe, indem er unnötige Operationen durchführt, was natürlich alles, wie er behauptet, nur dem Wohl seiner Patienten dient. Allerdings ist er auch von allen Chirurgen am Krankenhaus

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