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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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Umschweife erklären, was damit passiert war.
    »Mit Ihrem Namen darauf.«
    »Genau?«
    »Natürlich!« Sie klopfte mit der Hand auf den dünnen Stirnstreifen über ihren Augenbrauen. »Es ist … «
    Weiter kam Cindy nicht. Sie blickte zu meinem Bettnachbarn. Er begann mit hohlem Krächzen zu zucken, als hätte jemand eine Starkstromleitung an seinen Zehen an geschlossen. Zu den Zuckungen kam en ruckartige Drehbewegungen des Oberkörpers nach links und rechts, wobei der Kopf mit etwas Verzögerung nachgezogen wurde. Die Bettdecke rutschte vom Oberkörper. Vielleicht hatte der Mann sie auch nach unten gezogen, denn plötzlich waren knöchrige Arme mit großen schwarzen Flecken sichtbar. Die abgemagerten Hände zitterten zum Kopf und rissen den Beatmungsschlauch aus dem Rachen , mit einer Geschwindigkeit, die man von Knochen, die nur durch Haut zusammengehalten wurden, nicht erwarten würde. Der Mann hustete. Ein Husten, der Luft aus dem Kö rper transportierte. D as Einatmen fehlte . Er fuhr mit seinen Fingern zum Hals und umfasste ihn, bäumte sich auf und starrte mit weit aufgerissenen Augen in unsere Richtung.
    Cindy rannte um das Fußende des Bettes und griff nach dem Beatmungsschlauch. Gleichzeitig drückte sie einen gelben Knopf an der Wand, der einen gellenden Piepton auf dem Gang auslöste.
    Sie hielt den Kopf des Mannes mit der linken Hand und versuchte, ihm den Schlauch in den Mund zu stecken. »Aufmachen!«, brüllte sie. Der Mann beugte sich mit jedem Husten weiter nach vorne. An jenem Teil des Schlauches, der im Hals des Mannes gesteckt hatte, klebte schwarzrotes Blut. Cindy muss te gewusst haben, dass es keinen Zweck hatte, das Leben des Mannes auch nur um eine Sekunde zu verl ängern, a ber sie versuchte es, u nd die Überzeugung, mit der sie diesem Mann das Leben retten wollte, stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ein Gesicht, das nicht mehr viel mit cartoonartigen Zügen einer bislang unentdeckten Muppets-Figur gemein hatte. Und für einen kurzen Moment überzeugte m ich ihre Entschlossenheit, den Mann retten zu können. Bis zu jenem Zeitpunkt, als er den Schlauch durch Wegdrehen des Kopfes verweigerte und die Halsmuskeln deutlich hervortraten. Seine Finger umfassten den Hals . Dann sackte sein Körper zusammen.
    Cindy warf den Schlauch auf das Bett und stemmte sich mit den Handflächen gegen die Brust des Mannes. Begleitet von einem dumpfen Knacken drückte sie gegen die Rippen. »Komm schon!«, schrie sie.
    Die Tür wurde aufgerissen. Zwei Schwestern und ein Mann, vermutlich ein Assistenzarzt, stürzten in den Raum.
    »Herz - und - Atem - still - stand!«, rief Cindy im Rhythmus der Wiederbelebungsversuche.
    Der Arzt blieb vor dem Bett stehen und schüttelte den Kopf. »Sie können aufhören, Cindy.«
    Cindy reagierte nicht . Wieder und wieder drückte sie mit ihr em Körpergewicht gegen den Brustkorb. Der Arzt hielt sie an den Armen. Dann schien Cindy zu verstehen. Bei jedem Druck gegen die Brust quoll Blut aus Mund und Nase des Mannes. Cindy richtete sich auf, starrte auf ihre Hände und schluckte.
    »Es ist gut, Cindy«, sagte er und blickte auf die Uhr. »Todeszeitpunkt: 4:23 nachmittags. «
    Dann war es still im Raum. Nur das Zischen aus dem Beatmungsschlauch zeugte davon, dass die Welt nicht stehengeblieben war. Alle Personen in dem Zimmer starrten auf die Leiche, auf d as blutverschmierte Gesicht, die hervorgetretenen Augäpfel und den weit aufgerissenen Mund. Der Arzt gewann als Erster die Fassung zurück. Er ging zur Beatmungsmaschine und drückte auf einen Knopf. Mit einem durchdringenden Piepton stoppte das Zischen.
    Eine der Krankenschwestern zog die Schläuche aus den Armbeugen des Mannes. Die andere trat am Fußende des Bettes gegen eine Art Pedal. Ein metallisches Klack en hallte im Zimmer. Danach schoben sie das Bett mit der Leiche in Richtung Tür.
    Das Bild. Es stimmte exakt mit dem Bild in meinem Kopf überein. Auch wenn ich bereits zuvor davon überzeugt war, dass der Tod des Mannes auf diese Weise eintreten würde, erschrak ich.
    Kurz bevor das Bett aus dem Zimmer geschoben worden war , zog der Arzt die Bettdecke über den Kopf des Mannes. Dann schlug die Tür ins Schloss. Wieder war es still. Totenstill.
    Cindy starrte auf den Boden. E s schien, als hätte sie nicht mitbekommen, dass Bett und Leiche nicht mehr im Raum waren. Ihr Gesicht war bleich. Die Hände zitterten. Ich erkannte leichtes Kopfschütteln, als verneinte sie den Tod des Mannes.
    Ich wunderte mich, dass man Cindy

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