Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)
Kampf im Schlafzimmer, die Polizei, die Leiche und die mysteriöse dritte Person, die sich unter dem Bett versteckt hatte . Ich erzählte ihm erst davon, als wir mit dem Fahrstuhl hochfuhren. Auch erwähnte ich die Möglichkeit, dass die Polizei meine Wohnung überwachen und mich sofort festnehmen könnte.
Dave hörte mir ohne sichtbare Reaktion zu und erweckte nicht den Anschein, dass ihn diese Vorfälle beunruhigen würden. »Lass uns nachsehen«, sagte er nur. »Seltsam klingt das allerdings schon: Männer, die dich umbringen woll en … «
Ich sperrte die Wohnungstür auf, schwenkte die Tür in den Raum und trat ein.
Mein erster Weg führte mich in das Schlafzimmer. Alles normal. Selbst auf der Matratze, auf der die Leiche gelegen hatte , fand ich keine Spuren von Blut. Dave hob die Augenbrauen, als erwartete er eine Erklärung, wo denn nun die Leiche hingekommen wäre. Mein Kopfschütteln musste ihm meine Ratlosigkeit verraten haben.
»Sei froh«, sagte Dave. Ich bemerkte einen Anflug von Sarkasmus. »Da hat jemand für dich aufgeräumt. Die Bullen waren es nicht. Die hätten deine Wohnung versiegelt. Müssen Killer mit Anstand gewesen sein.« Er grinste.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Ich schwöre dir, dass hier die Leiche lag. Der Kerl war tot. Verdammt! Drehe ich jetzt vollkommen durch?«
»Vielleicht war er nicht tot? Keine Ahnung. Tatsache ist, dass hier keine Leiche ist. Auch kein Blut und keine Männer. Vielleicht spielt dir dein Gehirn einen Streich? Ich meine, diese Sache mit dem Gedächtnisverlust, die Entzugserscheinungen, die Schussverletzung. Ist alles ein bisschen viel, hm?«
»Vielleicht hast du Recht. Scheiße!«
Dave nickte und ging in das Wohnzimmer. E r setzte sich auf die Couch, als hätte er eine Saisonkarte mit Platzreservierung. Ich blickte mich im Zimmer um.
Auf der Küchenzeile stand ein benutzter Teller. Messer und Gabel lagen x-förmig über eingetrockneter roter Sauce. Ein mit rotgefärbtem Wasser gefüllter Kochtopf befand sich im Abwaschbecken. Obenauf schwamm eine aufgeweichte Nudel.
Im Schrank neben dem Fernseher standen neben ein paar DVDs etwa zehn Bücher. Eines lag im Regal. Shining . Von Stephen King . Ein Blatt Papier steckte als Lesezeichen etwa bei der Hälfte zwischen den Seiten. Irgendwie zog dieses Buch mich an. Es kribbelte in meinem Magen, als könnte ich es nicht erwarten, weiter zu lesen. Auch wenn ich nicht die geringste Ahnung hatte, wovon diese Geschichte handelte.
Ich las den Klappentext.
Ein Hotel in den Bergen von Colorado. Jack Torrance, ein verkrachter Intellektueller mit Psycho-Problemen, bekommt den Job als Haumeister, um den er sich beworben hat. Zusammen mit seiner Frau Wendy und seinem Sohn Danny reist er in den letzten Tagen des Herbstes an. Das Hotel »Overlook« ist ein verrufener Ort. Wer sich ihm ausliefert, verfällt ihm, wird zum ausführenden Organ aller bösen Träume und Wünsche, die sich in ihm manifestieren …
»Du hast mir von dem Buch erzählt«, sagte Dave. »Muss dich sehr fasziniert haben. Du hast gesagt, wie gut du den Jungen verstehen könntest.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe nur den Film gesehen. Den aus den Siebzigern mit Jack Nicholson in der Hauptrolle. Du übrigens auch.«
Ich schüttelte nur den Kopf, während ich den Text zu Ende las. »Ich habe keinen blassen Schimmer, was ich da gelesen oder gesehen habe. Dieses Gefühl, dieses Nichtwissen … macht mich wahnsinnig!« Ich legte das Buch wieder zum Fernseher zurück. »Verstehst du? Ich habe Spaghetti gegessen und habe keine Ahnung, wie sie geschmeckt haben. Ich weiß ja noch nicht mal, was mir schmeckt. Nur dieser verfluchte Brandy … «
Das goldene Glas erschien vor meinen Augen. Mein Brustkorb fühlte sich an, als wäre er zwei Nummern zu klein. Ich versuchte zu schlucken, schaffte es aber nicht. Dann sah ich Sandras Gesicht. Blut rann über die Wange. Sie lag am Boden. Weinte.
Nein!
»Jack, denke nicht daran!«
Ich holte tief Luft und atmete lautstark aus. »Ist schon okay. Geht schon wieder.«
Dave nickte. Ich setzte mich in den Couchsessel. Auf dem Tisch lag neben einer Zeitung und einem Kugelschreiber ein Mobiltelefon. Dave musste meinen Blick bemerkt haben.
»Dein Handy … «, sagte er und nickte zu dem Tisch.
»Vermutlich . Es sei denn, jemand anderer hat es hier liegen lassen.«
Dave schüttelte energisch den Kopf. »Nein. Ist deines … «
»Dann werde ich es wohl liegen gelassen haben.« Ich grinste Dave an. Wieder
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