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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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schüttelte ich den Kopf.
    »Habe ich jemanden verletzt?«
    »Jack, bitte … «
    »Dave! Sag es mir! Bitte!« Ich holte tief Luft. »Habe ich Sandra geschlagen?«
    Dave starrte durch die Windschutzscheibe, schien mit sich um die Antwort zu ringen . Schließlich fing er an, bemüht sachlich zu erzählen. »Es ist zwei Wochen her. Sandra hat mich angerufen. Sie hat geheult. Sie sagte, sie blutet im Gesicht und du hättest ihr einen Schlag verpasst.«
    »Verfluchte Scheiße! Was bin ich nur für ein Arschloch!« Ich hielt die Hände vor mein Gesicht. Verstecken! Ich musste mich verstecken, presste die Handflächen gegen meine Wangen, spürte den Schmerz und war überzeugt, dass ich ihn verdient hatte. Und ich verdiente noch viel mehr. Dieser Wahnsinn, diese Hölle, die Schusswunde, die Schnitte – all das war nicht genug. Ich schämte mich. Ich hasste mich. Die Welt hätte gut und gerne auf einen Arsch wie mich verzichten können. Hätte ich doch in diesem Motelzimmer nicht versagt! Ich hatte kein Recht zu leben. Sandra. Einen Meter sechzig, körperlich gehandikapt – und ich hatte sie geschlagen. Im Suff. Im Jähzorn.
    »Jack, hör zu! Du hast es abgestritten. Du hast mir gegenüber geschworen, dass du Sandra nicht angerührt hast. «
    »Tun das nicht alle?«
    »Ich weiß es nicht. Aber wenn du mir etwas schwörst, dann glaube ich dir.«
    Ich starrte Dave an. Dieser eine Satz. Einfach und bedingungslos. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, war aber letztlich davon überzeugt, dass es auf einen derartigen Vertrauensbeweis nichts zu sagen gab.
    Nach einer Pause von etwa einer halben Minute fing ich noch einmal davon an.
    »Traust du mir das zu? Ich meine, dass ich Sandra schlagen könnte. Im Suff?«
    Kurz blickte er zu mir. »Ehrlich?«
    »Ehrlich, Dave.«
    Er grinste.
    »Nein, Jack. Das traue ich dir nicht zu. Du warst zwar ein unglaubliches Arschloch, wenn du getrunken hast, jähzornig und brutal, aber dass du Sandra schlagen würdest … Nein, Jack. Das könntest du nicht.«
    »Und trotzdem habe ich es getan. Ich meine, Sandra würde sich so einen Scheiß doch nicht ausdenken.«
    »Nein, kann ich mir auch nicht vorstellen, aber … «
    »Aber?«
    »Hey! Jack-Ass! Dich kenne ich seit zehn Jahren. Sandra seit einem halben Jahr. Und ich erkenne es, wenn du lügst. Und ich schwöre dir, dass du in diesem Fall nicht gelogen hast.«
    Ich antwortete nicht darauf, genoss das Kribbeln an den Unterarmen. Dave glaubte an mich. Mehr, als ich selbst. Nach der Szene in der Bar konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, ob ich Sandra geschlagen hatte oder nicht, auch wenn ich es mir nicht vorstellen konnte. Aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, dem Barkeeper ein Haar zu krümmen und doch war immer noch dieses Bild in mir. Es zeigte mir, wozu ich fähig war, wozu diese Sucht mich gemacht hatte: zu einem Monster. Ein brutales Arschloch, das mir aus meinen Träumen sehr bekannt vorkam. Mein Beschluss stand fest: Ich würde keinen Tropfen Alkohol mehr zu mir nehmen. Gewiss nicht. Auch, wenn die Entzugserscheinungen mich in den Tod treiben würden. Dieses Monster in mir musste austrocknen, zu Staub zerfallen, bis nichts mehr von ihm übrig war.
    Wieder machte sich Stille im Wagen breit. Dave konzentrierte sich auf den Verkehr, der trotz der frühen Morgenstunde außergewöhnlich dicht war. Ich blickte aus dem Seitenfenster und wunderte mich, was die Menschen um diese Zeit auf der Straße zu suchen hatten. Jeden einzelnen beneidete ich. Sie kannten ihr Leben. Und sie wussten, was sie getan hatten.
    Mein Name war Jack Reynolds. Ich wurde am 18. September 1979 geboren, war Feuerwehrmann und wohnte in New York City. Ich wurde von Männern verfol gt, die annahmen, ich wüsste irgendetwas über den Verbleib verschwundener Mädchen . Ich war Alkoholiker und schuld am Tod eines kleinen Mädchens. Ich hatte eine Freundin namens Sandra Berington, die ich im Suff vielleicht geschlagen hatte.
    Ich hasste mich und wünschte mir, mein Selbstmord in diesem Motelzimmer wäre geglückt.
    Das war alles, was ich über mich wusste.
    Doch – eines noch: Ich hatte einen Freund. Vermutlich den besten, den ein Mensch sich wünschen konnte. Und er würde mich niemals im Stich lassen.

19
     
    Dave hatte von sich aus angeboten, mi ch in die Wohnung zu begleiten . Er schien zu spüren, dass ich ihn bei mir haben wollte, obwohl er nichts von den Vorfällen wusste, die sich hier abgespielt hatten. Die Männer, die in mein Appartement eingedrungen waren, der

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