Das Tahn-Kommando
Faschist. Er hatte nur schon mehr als genug Frachter gesehen, die gänzlich ohne oder mit veralteten Sicherheitsvorkehrungen die Erlaubnis erhalten hatten, die Atmosphäre eines Planeten zu verlassen. Ganz zu schweigen von untauglicher Notfallausrüstung und Offizieren, die nicht einmal dazu in der Lage waren, einen A-Grav-Gleiter zu lenken.
Andererseits gab der neue Auftrag dem Kommandanten der San Jacinto und seiner Besatzung wenigstens etwas zu tun.
Eigentlich war Commander Lavonne ziemlich genervt.
Zuerst wurden er und sein Schiff von ihrem Geschwader abgezogen und dazu verdonnert, ein Passagierschiff zu seinem Bestimmungsort zu geleiten.
Anfangs war Lavonne sehr stolz auf den Auftrag gewesen. Jemand ganz oben – jemand mit Sternen auf der Schulter – musste den Eindruck gewonnen haben, dass die San Jacinto ein gutes Schiff war, das man mit einem Sonderauftrag beauftragen konnte. In einem seiner wenigen egoistischen Momente hatte Lavonne sogar daran gedacht, dass sich ein solches Unternehmen – worum es sich dabei auch handeln mochte – sicherlich gut machen würde, wenn die Zeit für eine Beförderung gekommen war.
Die Gerüchteküche kochte fast über, als die San Jacinto ihr Ziel – irgendwo in der Nähe von NG467H – erreichte, und die Spekulationen wurden noch wilder, als sie die herannahenden Tahn-Schiffe identifizierten. Lavonne überlegte, dass er und seine Leute an etwas schrecklich Wichtigem und höchstwahrscheinlich schrecklich Historischem teilnahmen. Die Frage lautete nur: Woran bloß? Lavonne sah sich schon im Geiste als zittrigen alten Admiral seine Memoiren aufnehmen und dabei sagen: ›Und dann war es mir vergönnt, an dem (was es auch sein mochte) teilzunehmen, das damals das Imperium erschütterte und außerhalb eines Pulsars stattfand, und bei dem (niemand hat mir je erzählt, was) geschah.‹
Was die Sache schlimmer machte, war die Strahlung von Ng467H.
Da sämtliche Kommunikations- und Kontrollschirme versiegelt waren, kamen sich die Raumfahrer noch mehr als sonst wie Sardinen in der Büchse vor.
Die Befehle des Geschwaderkommandanten, die via Nachrichtentorpedos ankamen, waren alles andere als erhellend: Patrouillieren Sie von hier nach da und kehren Sie dann wieder in Ihre ursprüngliche Umlaufbahn zurück.
Jeder Raumfahrer hat das Recht zu meckern, allerdings nur außerhalb der Hörweite seines Kommandanten.
Einzelne Raumfahrer wurden ausfällig. Mehrere Pärchen beendeten langjährige Beziehungen und beantragten eine Koje in den Gemeinschaftsunterkünften. Der Freund von Lavonnes bestem Navigator, der nur gelegentlich über die Stränge schlug, wenn die San Jacinto in einem Freihafen lag, wurde degradiert, nachdem er einen der Wasseraufbereiter des Schiffes so modifiziert hatte, dass er etwas produzierte, das schon nach dem Genuss geringer Mengen fast die Wirkung von AM 2 entwickelte.
Die San Jacinto war kein sehr glückliches Schiff, und deshalb war Lavonne eigentlich ganz dankbar gewesen, als er den Befehl erhielt, sich von der Flotte zu entfernen, unter eigenem Kommando zu operieren und der leckgeschlagenen Montebello zu Hilfe zu eilen.
»Vier Minuten, dreißig Sekunden.«
Sofort kehrte Lavonne aus seinen Gedankenspielen wieder auf die Brücke des Schiffes zurück. »Geben Sie mir ab fünfzehn einen lauten Countdown.«
»Bei fünfzehn, jawohl, Sir. Wir nähern uns fünfzehn … fünfzehn … erreicht! Zwölf … zehn … neun … acht … sieben … sechs …«
»Auf meinen Befehl hin Hauptantrieb aktivieren.«
»Alles bereit.«
»Zwo … eins …«
»Jetzt!«
Die San Jacinto blitzte auf, als der AM 2 -Antrieb sie knapp »über« den Pulsar hinweg auf einen Kurs katapultierte, der sie in einem leicht geschwungenen Bogen fast direkt zur Montebello bringen würde.
»Ach, alter Freund«, sinnierte Alex, »das erinnert mich an meine Vorfahren.«
Obwohl das Schiff wie ein Handelsschiff aussah, das schon mehr Eigentümer als Einsatzjahre gesehen hatte, war es in Wirklichkeit ein Mantis-Q-Schiff, ein Schiff des Geheimdienstes, das, sowohl was die Schnelligkeit als auch die elektronische Ausrüstung betraf, besser als ein Imperialer Zerstörer ausgestattet war. Zusätzlich zur normalen Besatzung von vier Mann waren Sten, Alex und vierzig Gurkhas an Bord zusammengepfercht.
Bevor er auf den Notruf-Knopf gedrückt hatte, der die Flotte alarmierte, hatte Sten mehrere ferngesteuerte Satelliten in die Nähe von NG467H entsandt, die ihm hoffentlich die Antriebsflamme
Weitere Kostenlose Bücher