Das Tahn-Kommando
professionell aussehender Kochstellen und ein offener Grill, in dem man Holz verbrennen konnte. Dem leichten Geruch nach zu urteilen, wurde der Herd mit einem natürlichen Gas betrieben.
Sten sah dem Imperator zu und lauschte dabei seinem begleitenden Kommentar. Nach dem, was Sten mitbekam, war ein wichtiger Bestandteil von Angelo-Stew eine dünn geschnittene Chorizo – eine Art mexikanischer Hartwurst, wie der Imperator erklärte. Die Wurst und eine ordentliche Handvoll Knoblauch wurden in mit Thai-Pfeffer gewürztem Olivenöl gedünstet. Aus der Pfanne bahnten sich die herrlichen Gerüche scharfer Gewürze durch die Streggwolken ihren Weg in Stens Nase. Er nahm einen weiteren Schluck und hörte dem Imperator zu.
»Hab mir nie viel aus Essen gemacht«, sagte der Imperator. »Für mich war das Treibstoff. Sie kennen das bestimmt. Der Magen beschwert sich, man stopft was hinein, und dann macht man mit dem weiter, was man vorher gemacht hat.«
»Ich weiß sehr gut, was Sie meinen«, sagte Sten und erinnerte sich an seine Tage als Mig-Arbeiter.
»Dachte ich mir. Ich jedenfalls war ein typischer Raumfahrtingenieur, machte meinen Job für die Firma und verbrachte meine Freizeit mit Suff und Joygirls.
Dabei störte Essen eher.«
Auch das verstand Sten sehr gut. So ähnlich hatte er seine Tage als Rekrut totgeschlagen.
»Als ich die Karriereleiter in der Firma hinaufkletterte, schickten sie mich auf immer längere Dienstreisen. Das wurde verflucht langweilig. So langweilig, dass Essen die einzige Abwechslung darstellte. Und das Essen war ausnahmslos Pampe.
Damals fing ich an herumzuexperimentieren, ich erinnerte mich an die Sachen, die mein Vater und meine Großmutter immer gekocht hatten.«
Er tippte sich an die Stirn. »Schon verrückt: All die Sachen, die man jemals geschmeckt und gerochen hat, sind hier oben abgespeichert. Es braucht nur ein wenig Übung, damit die Zunge wieder in Gang kommt.
Wie bei diesem Angelo-Stew hier. Die beste Medizin gegen Trunkenheit und Kater, die jemals erfunden wurde. Ich hab das Rezept von einem alten mexikanischen Piraten – aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte …«
Er unterbrach seine Arbeit und nahm einen Schluck Stregg, lächelte kurz und goss einen Spritzer davon zu der Chorizo. Dann widmete er sich wieder seiner unterbrochenen Beschäftigung, viertelte vier oder fünf Zwiebeln und entfernte die Samenkörner aus geviertelten Tomaten.
»Überspringen wir einige Jahre. Ein gutes Stück, nachdem ich AM 2 entdeckt und angefangen hatte, dieses ganze verdammte Imperium zusammenzubasteln …«
Stens Gedanken wirbelten durcheinander. AM 2 . Die Gründung des Imperiums. Dieser Mann, der wie Mitte Dreißig aussah, redete von Dingen, über die man in Geschichts-Vids lesen konnte. Sten hatte sie immer für Legenden gehalten. Doch jetzt unterhielt er sich hier ganz entspannt mit dem Mann, der höchstwahrscheinlich für diese Legenden verantwortlich, der von Anfang an dabei gewesen war – meine Güte, das alles lag schon gut zweitausend Jahre in der Vergangenheit! Der Imperator fuhr fort, als wäre es gerade gestern passiert:
»Ich saß also wieder einmal herum, ruhte mich auf meinen Lorbeeren aus und langweilte mich zu Tode.
Wieder ein paar Dutzend Sonnensysteme mehr, alles lief einwandfrei. Einige Trillionen Megacredits auf der Bank. Na und? Was soll man mit so viel Geld anfangen?«
Er gab Sten ein Zeichen, die Stregg-Gläser nachzufüllen.
»Dann wurde mir plötzlich klar, was ich damit anfangen konnte. Ich konnte alles kochen, was ich nur wollte. Abgesehen davon, dass mir der moderne Kram, den sie seit den letzten sechs- oder siebenhundert Jahren kochen, nicht schmeckt. Das alte Zeug mag ich lieber. Also fing ich an zu experimentieren, die Mahlzeiten aus meiner Erinnerung nachzukochen. Ich kaufte alte Kochbücher auf und erschuf all das wieder, was sich gut anhörte.«
Der Imperator drehte sich um, nahm ein halbes Kilo blutrotes Rindfleisch aus einem Kühlschrank und fing an, es in kleine Stücke zu schneiden.
»Ist doch egal! Auch eine Art, die Zeit totzuschlagen. Besonders dann, wenn man soviel davon hat.«
Der Imperator schaltete die Flamme unter der Wurst mit dem Knoblauch aus, stellte eine weitere Pfanne mit noch mehr gewürztem Öl auf eine andere Flamme, warf ein wenig Salbei, Bohnenkraut und Thymian hinein, rollte dann einige Rosmarinzweige in der Handfläche und warf sie hinterher. Diese Mischung verrührte er, überlegte einen Moment, schob dann die
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