Das Tahn-Kommando
Tomatenviertel hinein und dünstete sie glasig.
Nachdem er die Flamme abgestellt hatte, drehte er sich wieder zu Sten um. Er bedachte den jungen Captain mit einem langen, nachdenklichen Blick und fing wieder zu erzählen an, wobei er die kleinen Rindfleischstücke zunächst in Mehl und dann in einer Schüssel mit scharfen Pepperonisamen wälzte.
»Sie halten mein Gerede wahrscheinlich für uninteressantes Zeug, Captain, Geschichten, die sich vor langer, langer Zeit zugetragen haben. Das Geschwätz eines alten Mannes, das keinen Bezug mehr zur heutigen Zeit hat.«
Sten wollte ihm gerade ganz ehrlich widersprechen, da bremste ihn der Imperator bereits mit erhobener Hand. Er war noch nicht fertig. »Ich kann Ihnen versichern«, sagte er erstaunlich nüchtern, »dass mir meine vergangenen Tage so nah sind wie Ihnen die Ihren. So. Und jetzt die entscheidende Frage des Abends.«
Um ein Zeichen zu setzen, bewältigte er zunächst ein halbes Glas Stregg. »Wie geht es Ihnen eigentlich, Captain Sten? Und wie zum Teufel finden Sie den Dienst bei Hof?«
Sten musste rasch überlegen. Regel eins des inoffiziellen Überlebenshandbuchs für junge Offiziere lautete: Wenn ein ranghöherer Offizier fragt, was du denkst, musst du viel lügen.
»Gefällt mir sehr«, sagte Sten.
»Sie sind ein verdammter Lügner«, konterte der Ewige Imperator.
Regel zwei des gleichen Handbuchs lautete: Wenn du bei einer Lüge erwischt wirst, lüge weiter.
»Nein, ehrlich«, sagte Sten, »es ist bestimmt eine der interessantesten –«
»Regel zwei funktioniert nicht, Captain. Lassen Sie die Maske fallen.«
»Es ist ein langweiliger Ort voller langweiliger Leute, und für Politik habe ich mich noch nie interessiert«, platzte es aus Sten heraus.
»Schon besser«, sagte der Imperator. »Dann darf ich Ihnen einen kleinen Rat für Ihre Karriere geben …«
Er unterbrach sich, um die Flamme unter der Wurst und dem Knoblauch höherzustellen, und sobald die Pfanne heiß genug war, fügte er das panierte Rindfleisch hinzu.
»Um es vorauszuschicken: In Ihrem Alter und bei Ihrem Status haben Sie unverschämtes Glück, dass Sie überhaupt hier sind.«
Sten wollte ihm gerade beipflichten, als ihn der Imperator mit einem eiskalten Blick zurechtwies.
Während er weitersprach, wendete er das Fleisch und wartete, bis es eine schöne braune Kruste bekam.
»Erster Rat: Bleiben Sie nicht zu lange hier. Sie vergeuden nur Ihre Zeit. Nachgedanke: Ihre derzeitige Verpflichtung ist sowohl ein gewaltiger Karriereschub als auch ein großer Hemmschuh. Sieht toll aus auf dem Fiche – ›Führer der Imperialen Leibgarde im Alter von soundsoviel Jahren.‹ Andererseits werden Sie so einigen Vorgesetzten über den Weg laufen – älteren und sehr neidischen Vorgesetzten –, die davon überzeugt sind, dass ich mehr als nur beifälliges Interesse an Ihnen habe. Nehmen Sie das hin, wie Sie wollen. Aber so sieht es aus.«
Der Imperator war mit dem Fleisch fertig. Jetzt holte er einen großen Eisenbräter heraus und schüttete das ganze Zeug zusammen, inklusive der Zwiebeln und der Tomaten aus der Pfanne. Dann gab er noch eine Handvoll extrascharfe Pfefferschoten, einen bis drei Schluck Rotwein, mehrere Würfel Fleischbrühe und jede Menge Koriander hinein, setzte den Deckel drauf und stellte die Flamme groß. Sobald es zu kochen anfing, drehte er die Flamme wieder niedriger und ließ alles eine ganze Weile köcheln.
Der Imperator setzte sich neben Sten und nahm einen großen Schluck Stregg.
»Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, aber in General Mahoney haben Sie einen einflussreichen Fürsprecher.«
»Doch, das weiß ich«, gab Sten zurück.
»Schön, Sie haben also Mahoney. Und Sie haben auch mich sehr beeindruckt. Nicht schlecht. Trotzdem muss ich Sie warnen, denn ich bin für meine Launenhaftigkeit berüchtigt. Hängen Sie sich nicht zu sehr an mich. Wenn es hart auf hart kommt, schiebe ich manchmal meine eigenen Fehler den Leuten in die Schuhe, die mir am nächsten stehen. Herrje, manchmal kann ich mich damit sogar selbst überzeugen!«
»Ich war schon dabei«, sagte Sten.
»Klar, natürlich. Eine gute Erfahrung für einen jungen Offizier. Dreck fließt immer nach unten, das muss man frühzeitig lernen. Damit man später, wenn man oben ist, weiß, was man zu tun hat.«
Der Eintopf war jetzt fertig. Der Imperator stand auf und löffelte zwei Schüsseln randvoll. Sten lief das Wasser im Mund zusammen. Er roch einen ganzen Korianderwald. Seine Augen
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