Das Tahn-Kommando
Erklärungen abgeben.
Hast du was von den anderen gehört? Falls du noch schlechter informiert bist als ich, erzähl ich dir, was ich so weiß. Bet haben sie zum Lieutenant befördert. Sie leitet jetzt ihr eigenes Team, ich weiß aber nicht genau, welche schmutzigen Geschäfte sie momentan abwickelt.
Was Doc angeht: Dieses gerissene kleine Fellbündel hat für sich ein Jahr Forschungsurlaub durchgedrückt. Erinnerst du dich noch an die Stralbo? Du weißt schon, die Leute vom See, diese schrecklich großen Typen, die am liebsten Milch mit Blut schlabberten? Klar, und du weißt bestimmt auch noch, wie schreiend komisch Doc war, als er von dem Blut so besoffen wurde. So, und jetzt besäuft sich Doc mit diesen Kerlen und bleibt im Namen der Wissenschaft ein ganzes Jahr besoffen. Die einzige, über die ich nichts Näheres herausgefunden habe, ist Ida. Nach ihrer regulären Dienstzeit hat sie sich geweigert zu verlängern und sich nach alter Roma-Sitte in Luft aufgelöst, obwohl sie wahrscheinlich angesichts des Profits, den man ihr in Aussicht stellte, kräftig mit den Zähnen geknirscht hat. Zu ihren Gunsten muss ich jedoch sagen, dass sie mit meinem Anteil der Beute, die sie für uns angelegt hatte, anstandslos rübergekommen ist.
Falls du den deinen noch nicht gekriegt hast, dann schätze ich mal, dass er noch unterwegs zu dir ist. Wirklich, ein schöner Batzen Credits. Sollte sie dich vergessen haben, musst du nur in der Börse die Termingeschäfte beobachten. Sobald es dort in den exotischen Märkten auffällig rauf oder runter geht, dann hast du unsere kleine dicke Bettlerin erwischt. So, jetzt muss ich mich beeilen, damit ich das hier mit der nächsten Post noch wegkriege. Hoffe, bei dir ist alles soweit klar, alter Knabe.
Bis dann, mach’s gut,
Alex Kilgour
Sten musste lachen, als er den Brief löschte. Immer noch der gleiche alte Alex; er meckert, wenn der Dienst zu heiß wird, und er meckert, wenn er sich langweilt. Was er über die Erstwelt sagte, war allerdings nicht ganz falsch. Hier sah alles so langweilig aus, wie es auch wirklich war – fast gefährlich langweilig. Sten hatte sich mit den Berichten befasst, die seine Vorgänger hinterlassen hatten. Die letzten paar Jahrhunderte wirkten in ihrer Ereignislosigkeit beinahe depressiv. Immer dann, wenn etwas passierte, wurde die Situation jedoch rasch sehr blutig und sehr politisch. Nach all den Jahren bei Sektion Mantis machte Sten der Anblick von Blut nichts mehr aus.
Aber Politik – Politik konnte einem eine richtige Gänsehaut bereiten.
Sten lehnte sich im Sessel zurück, vergaß dabei, wie beengt seine Behausung war, und schlug mit dem Hinterkopf gegen die Wand. Der Aufprall erinnerte ihn an den ausgewachsenen Kater unter seiner Schädeldecke, und er stöhnte auf. Der Angelo-Stew hatte lediglich die Wirkung des Alkohols überdeckt und dafür gesorgt, dass Sten sich noch viel länger beim Imperator aufgehalten hatte. Irgendwie hatte er sich am nächsten Tag durch seinen Dienst laviert, wonach ihm nichts anderes übrig blieb, als am Abend den Restschmerz und die Übelkeit wegzutrinken. Sten hatte sich in der vergangenen Nacht geschworen, dass er heute absolut nüchtern bleiben würde. Nicht ein Tropfen des bösen Stregg sollte seine Lippen benetzen. Leider verlangte ihn überhaupt nicht nach Stregg, sondern nach einem schönen kühlen Bier.
Er verscheuchte den Gedanken, trank einen demütigen Schluck Wasser und blickte sich in seinem Zimmer um.
Die hausbacken aussehende Frau an der Wand erwiderte seinen Blick. Sten stöhnte innerlich auf und suchte einen anderen Platz, an dem er seine schmerzenden Augen ein wenig ausruhen lassen konnte – fand jedoch lediglich die gleiche Frau, die ihn mit dem gleichen Blick anstarrte. Wohin er auch schaute, überall war da diese Frau, diese nicht besonders hübsche Frau mit dem schmalen Gesicht und den liebevollen Augen.
Die Wände des Zimmers waren mit ihrem Porträt tapeziert. Wie Sten erfahren hatte, war es eine Art Nachlass seines Vorgängers. Naik Rai, Stens Bursche, hatte ihm versichert, dass der vorige Kommandeur ein exzellenter Captain der Garde gewesen war. Das mochte wohl sein, aber er war mit Sicherheit ein ziemlich mieser Maler – fast so schlecht wie sein Geschmack, was Frauen anging. Jedenfalls war das Stens anfänglicher Eindruck gewesen, als er die Gemälde betrachtete, von denen keine einzige Wand verschont geblieben war. Nachdem er eine ganze Woche in der Gesellschaft dieser Lady
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