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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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um Gottes willen!« rief die arme, verwirrte Ettie. »Oh, Jack, Jack, er wird dir etwas antun!«
    »Oh, höre ich ›Jack‹, ja?« sagte Baldwin und fluchte. »So weit seid ihr also schon?«
    »Oh, Ted, seien Sie vernünftig – seien Sie wieder gut! Mir zuliebe, Ted; wenn Sie mich je geliebt haben, dann seien Sie großmütig und verzeihen Sie!«
    »Ich glaube, Ettie, du solltest uns jetzt alleine lassen, dann könnten wir diese Sache klären«, sagte McMurdo ruhig. »Oder vielleicht, Mr. Baldwin, kommen Sie lieber mal kurz hinaus auf die Straße mit mir. Es ist ja ein schöner Abend, und hinter dem nächsten Block gibt es ein freies Gelände.«
    »Mit Ihnen rechne ich ab, ohne mir dabei die Hände schmutzig zu machen«, sagte sein Gegner. »Sie werden sich wünschen, nie einen Fuß in dieses Haus gesetzt zu haben, noch ehe ich mit Ihnen fertig bin.«
    »Dann mal los jetzt!« rief McMurdo.
    »Den Zeitpunkt suche ich mir selber aus, Mister. Den können Sie ruhig mir überlassen. Sehen Sie her!« Er krempelte plötzlich den Ärmel hoch und zeigte ein merkwürdiges Zeichen auf seinem Unterarm, das dort eingebrannt zu sein schien. Es war ein Kreis mit einem Dreieck darin. »Wissen Sie, was das bedeutet?«
    »Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal!«
    »Na, Sie werden es schon noch kennenlernen. Das verspreche ich Ihnen. Und Sie brauchen bis dahin auch nicht alt zu werden. Vielleicht kann Ihnen Miss Ettie etwas darüber sagen. Und was dich betrifft, Ettie, du wirst noch auf den Knien zu mir zurückkehren. Hörst du, Mädchen? Auf den Knien! Und dann werd ich dir sagen, wie deine Strafe aussieht. Du hast gesät – und, bei Gott, ich werde dafür sorgen, daß du auch erntest!« Er starrte die beiden wütend an. Dann machte er auf dem Absatz kehrt, und einen Moment später krachte die Haustür hinter ihm zu.
    Ein paar Augenblicke lang standen McMurdo und das Mädchen schweigend da. Dann schlang sie die Arme um ihn.
    »Oh, Jack, wie mutig du warst! Aber es hat keinen Zweck – du mußt fliehen! Heute nacht – Jack – heute nacht noch! Das ist deine einzige Hoffnung. Er will dir ans Leben. Ich habe es in seinen schrecklichen Augen gelesen. Was hast du denn für eine Chance gegen ein Dutzend von ihnen, mit Boss McGinty und der ganzen Macht der Loge dahinter?«
    McMurdo löste sich aus ihren Armen, küßte sie und schob sie sanft in einen Stuhl zurück.
    »Ruhig, acushla, ruhig! Sorg dich nicht und hab keine Angst um mich. Ich bin doch selbst Freimaurer. Das habe ich vorhin schon deinem Vater gesagt. Womöglich bin ich gar nicht besser als die anderen, deshalb mach bitte keinen Heiligen aus mir. Vielleicht haßt du mich jetzt, nachdem ich dir das gesagt habe.«
    »Dich hassen, Jack! Das könnte ich nie im Leben! Ich habe gehört, daß es nur hier etwas Böses ist, Freimaurer zu sein; warum sollte ich also schlechter von dir denken? Aber wenn du ein Freimaurer bist, Jack, warum gehst du dann nicht zu Boss McGinty und machst ihn dir zum Freund? Oh, beeil dich, Jack, beeil dich! Gib du ihm zuerst Bescheid, oder die Bluthunde werden dir auf der Spur sein.«
    »Das habe ich auch gerade gedacht«, sagte McMurdo. »Ich geh jetzt gleich und bringe die Sache in Ordnung. Du kannst deinem Vater ausrichten, daß ich heute nacht noch hier schlafe und mir morgen früh ein anderes Quartier suche.«
    In der Bar von McGintys Saloon herrschte wie üblich Gedränge, denn sie war der Lieblingstreffpunkt aller rauheren Elemente der Stadt. Der Mann war beliebt, denn er hatte eine rauhe, joviale Art, eine Maske, hinter der sich eine ganze Menge verbarg. Aber abgesehen von dieser Beliebtheit genügte allein schon die Angst, die man überall in der Ortschaft, ja über die gesamten dreißig Meilen des Tales und die angrenzenden Berge hinaus vor ihm empfand, um seine Bar zu füllen, denn niemand konnte es sich leisten, sein Wohlwollen nicht zu pflegen.
    Er hatte nicht nur jene geheime Macht, von der er, nach allgemeiner Ansicht, so erbarmungslos Gebrauch machte, sondern bekleidete auch ein hohes öffentliches Amt; er war Stadtrat und Leiter der Abteilung für Straßenbau – ein Amt, in das er mit den Stimmen von Schurken gewählt worden war, die ihrerseits dafür Gefälligkeiten von ihm erwarteten. Gemeinde-und Staatssteuern waren sehr hoch, die öffentlichen Bauarbeiten wurden notorisch vernachlässigt, die Abrechnungen überflogen von bestochenen Buchprüfern, und den ehrbaren Bürger zwang man durch Terror, öffentliche Erpressungsgelder zu

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