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Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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zahlen und den Mund zu halten, damit ihm nicht noch Schlimmeres widerfuhr. So kam es, daß die diamantenen Krawattennadeln von Boss McGinty mit jedem Jahr auffälliger, daß seine goldenen Ketten über immer prächtigeren Westen noch schwerer wurden und daß sein Saloon sich weiter und weiter ausdehnte, bis er eine ganze Seite des Marktplatzes zu verschlucken drohte.
    McMurdo stieß die Schwingtür des Saloons auf und bahnte sich durch die Menschenmenge und die von Tabaksrauch getrübte und von Alkoholdüften geschwängerte Atmosphäre einen Weg. Der Raum war strahlend hell erleuchtet, und von allen Wänden warfen riesige, üppig vergoldete Spiegel vielfältig das grelle Licht zurück. Mehrere Barkeeper in Hemdsärmeln waren emsig damit beschäftigt, den Müßiggängern, die die breite, reich mit Metall beschlagene Theke säumten, Drinks zu mixen. Am hinteren Ende des Tresens stand, mit aufgestützten Ellenbogen und einer steil aus dem Mundwinkel ragenden Zigarre, ein großer, kräftiger, wuchtig gebauter Mann, der niemand anders sein konnte denn der berüchtigte McGinty selbst. Er war ein schwarzmähniger Riese; sein Bart reichte bis zu den Wangenknochen, und sein rabenschwarzer Haarschopf fiel bis auf den Kragen herab. Seine Haut war dunkel wie die eines Italieners, und das sonderbar tote Schwarz seiner Augen, in Verbindung mit einem leichten Schielen, verlieh ihnen ein besonders unheimliches Aussehen. Alles übrige an dem Mann, sein stattlicher Wuchs, das gute Gesicht und seine zwanglose Haltung paßten zu jener jovialen Kumpelhaftigkeit, die er zur Schau trug. Hier, würde man sagen, steht ein gutmütiger, ehrbarer Zeitgenosse, der sein Herz auf dem rechten Fleck trägt, wie rüde seine unverblümten Worte auch immer scheinen mögen. Nur wenn sich diese toten dunklen Augen in ihrer ganzen Tiefe und Grausamkeit auf einen hefteten, schrumpfte man in sich zusammen mit dem Gefühl, da gegenüber lauere das Böse in seiner ganzen Vielfalt, verbunden mit Kraft und Mut und Verschlagenheit, die es noch tausendmal tödlicher machten.
    Nachdem er den Mann gründlich gemustert hatte, bahnte sich McMurdo mit den Ellbogen und der üblichen unbekümmerten Keckheit seinen Weg weiter nach vorne und schob sich durch die kleine Gruppe von Höflingen, die um den mächtigen Boß herumschwänzelten und noch beim geringsten seiner Scherze in brüllendes Gelächter ausbrachen. Furchtlos blickten die kühnen grauen Augen des jungen Fremdlings durch die Brillengläser in jene tödlichen schwarzen, die sich scharf auf ihn richteten.
    »Nanu, junger Mann, Ihr Gesicht kommt mir nicht bekannt vor.«
    »Ich bin auch noch neu hier, Mr. McGinty.«
    »Doch nicht so neu, daß Sie einen Gentleman nicht korrekt anreden können.«
    »Das ist Councillor 27 McGinty, junger Mann«, sagte eine Stimme aus der Gruppe.
    »Tut mir leid, Councillor. Ich bin mit den hiesigen Bräuchen noch nicht vertraut. Aber man hat mir empfohlen, Sie aufzusuchen.«
    »Na, nun haben Sie mich ja gefunden. Mehr ist da nicht. Und wie finden Sie mich?«
    »Tja, es ist noch ein bißchen früh. Aber wenn Ihr Herz so groß ist wie Ihr Leib und Ihre Seele so gut wie Ihr Gesicht, dann war ich schon mehr als zufrieden«, sagte McMurdo.
    »Bei Gott, jedenfalls haben Sie eine echt irische Zunge im Maul«, rief der Saloonbesitzer, unschlüssig, ob er diesem dreisten Besucher mit Humor begegnen oder auf seine Würde pochen sollte. »So hätten Sie also die Güte, meine Erscheinung passieren zu lassen?«
    »Natürlich«, sagte McMurdo.
    »Und man hat Ihnen geraten, mich aufzusuchen?«
    »Ja.«
    »Und wer hat Ihnen das geraten?«
    »Bruder Scanlan von der Loge 341, Vermissa. Ich trinke auf Ihr Wohl, Councillor, und auf unsere nähere Bekanntschaft.« Er hob ein Glas, das man ihm gereicht hatte, an die Lippen und spreizte beim Trinken den kleinen Finger ab.
    McGinty, der ihn scharf beobachtet hatte, hob seine dichten schwarzen Augenbrauen.
    »Oh, so ist das also?« sagte er. »Das muß ich dann doch ein bißchen genauer prüfen, Mister …«
    »McMurdo.«
    »Ein bißchen genauer, Mr. McMurdo; wir nehmen hier nämlich nicht einfach auf Treu und Glauben Leute auf und glauben auch nicht alles, was uns erzählt wird. Kommen Sie doch einen Moment, hier, hinter der Bar.«
    Es gab dort einen kleinen Raum mit Fässern entlang den Wänden. McGinty schloß sorgfältig die Tür und setzte sich dann auf eines davon; nachdenklich biß er auf seine Zigarre und musterte sein Gegenüber mit jenen

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