Das Tal der Angst
ich das Zurückstoßen schon besorgen.«
»Du scheinst gute Nerven zu haben. Als ich den Revolver auf dich gerichtet habe, bist du nicht mal zusammengezuckt.«
»Ich war es auch nicht, der in Gefahr war.«
»Wer denn sonst?«
»Sie, Councillor.« McMurdo zog eine entsicherte Pistole aus der Seitentasche seiner Seemannsjacke. »Die war die ganze Zeit auf Sie gerichtet. Ich schätze, ich wäre genauso schnell zum Schuß gekommen wie Sie.«
McGinty lief vor Zorn puterrot an; aber dann brach er in röhrendes Gelächter aus.
»Bei Gott!« sagte er. »Also so ein Satansbraten ist uns schon lange nicht mehr untergekommen. Ich schätze, die Loge wird noch stolz auf dich sein. He, was zum Teufel willst du? Kann ich denn keine fünf Minuten mit einem Gentleman alleine sprechen, ohne daß du zu uns hereinplatzt?«
Der Barmann stand verlegen da.
»Tut mir leid, Councillor, aber es ist Mr. Ted Baldwin. Er sagt, er muß Sie unbedingt sofort sprechen.«
Die Anmeldung war überflüssig, denn das starre, grausame Gesicht des Mannes lugte bereits über die Schulter des Angestellten. Er schob den Barkeeper hinaus und schloß hinter ihm die Tür.
»So«, sagte er mit einem wütenden Blick auf McMurdo, »Sie waren also zuerst hier, was? Über diesen Mann, Councillor, habe ich Ihnen ein Wörtlein zu sagen.«
»Dann sagen Sie es hier und jetzt, vor mir«, rief McMurdo.
»Ich sage es, wann und wie es mir paßt.«
»Tz, tz!« machte McGinty; er stieg von seinem Faß. »So geht das nicht. Wir haben hier einen neuen Bruder, Baldwin, und es gehört sich nicht, ihn so zu begrüßen. Streck deine Hand aus, Mann, und laß es gut sein.«
»Niemals!« rief Baldwin wütend.
»Ich hab ihm schon angeboten zu kämpfen, wenn er denkt, ich hab ihm Unrecht getan«, sagte McMurdo. »Ich kämpfe mit den Fäusten oder, wenn ihm das nicht genügt, auf jede andere Weise, die er sich aussucht. Ich überlasse es nun Ihnen, Councillor, zwischen uns Recht zu sprechen, wie es einem Logenmeister geziemt.«
»Worum geht es denn?«
»Um eine junge Lady. Sie ist frei und kann selbst wählen.«
»Wirklich?« rief Baldwin.
»Solange sie es zwischen zwei Logenbrüdern tut, würde ich sagen: Ja«, sagte der Boß.
»Oh, so lautet also Ihre Entscheidung, ja?«
»Jawohl, so lautet sie, Ted Baldwin«, sagte McGinty mit einem gefährlichen Blick. »Willst du sie vielleicht anfechten?«
»Sie würden also einen, der Ihnen schon fünf Jahre zur Seite steht, einfach im Stich lassen zugunsten eines Mannes, den Sie noch nie im Leben gesehen haben? Sie sind nicht Logenmeister auf Lebenszeit, Jack McGinty, und, bei Gott, wenn es demnächst zur Wahl kommt …«
Der Councillor sprang ihn wie ein Tiger an, Seine Hand schloß sich um den Hals des anderen; dann schleuderte er ihn rückwärts über eines der Fässer. In seiner wahnsinnigen Wut hätte er ihm das Leben ausgepreßt, wenn McMurdo nicht eingegriffen hätte.
»Sachte, Councillor! Um Himmels willen, sachte!« rief er, als er ihn zurückzerrte.
McGinty ließ los, und Baldwin saß geknickt und schwankend auf dem Faß, über das er geschleudert worden war; er rang nach Atem und zitterte an allen Gliedern – wie einer, der dem Tod bereits ins Auge geschaut hat.
»Das hast du schon oft genug herausgefordert, Ted Baldwin. Jetzt hast du’s bekommen«, rief McGinty; sein riesiger Brustkasten hob und senkte sich. »Du denkst wohl, du kannst in meine Fußstapfen treten, wenn ich nicht wieder zum Logenmeister gewählt werde. Das zu bestimmen ist Sache der Loge. Aber solange ich der Chef bin, dulde ich nicht, daß ein Mann seine Stimme gegen mich oder meine Entscheidungen erhebt.«
»Gegen Sie habe ich ja gar nichts«, murmelte Baldwin und befühlte seine Kehle.
»Na, dann«, rief der andere, indem er im Nu in eine derbe Jovialität verfiel, »sind wir alle wieder gute Freunde, und damit hat sich die Sache.«
Er nahm eine Flasche Champagner vom Regal und drehte den Korken heraus.
»Und jetzt«, fügte er hinzu, als er drei hohe Gläser füllte, »laßt uns den Versöhnungstoast der Loge ausbringen. Danach darf es, wie ihr wißt, kein böses Blut mehr geben zwischen uns. Alsdann, die linke Hand auf meinem Adamsapfel, sage ich dir, Ted Baldwin, was ist der Stein des Anstoßes, Sir?«
»Die Wolken hängen tief«, antwortete Baldwin.
»Aber sie werden auf ewig hell.«
»Und das gelobe ich.«
Die Männer tranken ihren Schaumwein, und die gleiche Zeremonie wurde zwischen Baldwin und McMurdo vollzogen.
»Na
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