Das Tal der Angst
also«, rief McGinty und rieb sich die Hände, »damit hat das böse Blut ein Ende. Wenn ihr aber weitermacht, dann fallt ihr unter die Logendisziplin, und die ist hierzulande verdammt hart; Bruder Baldwin weiß das bereits, und du, Bruder McMurdo, wirst es auch sehr bald merken, falls du Scherereien suchst.«
»Liebe Güte, da könnt ihr lange warten«, sagte McMurdo. Er hielt Baldwin die Hand hin. »Ich streite mich schnell und versöhne mich schnell. Das ist mein heißes irisches Blut, sagt man. Aber für mich ist es vorbei, und ich bin nicht nachtragend.«
Baldwin mußte die angebotene Hand nehmen, denn die unheilvollen Augen des schrecklichen Bosses waren auf ihn gerichtet. Sein mürrisches Gesicht verriet jedoch, wie wenig Eindruck die Worte des anderen auf ihn gemacht hatten.
McGinty klopfte den beiden auf die Schultern.
»Tz! Diese Mädchen, diese Mächen!« rief er. »Daß ausgerechnet ein und derselbe Petticoat zwischen zwei meiner Jungs geraten muß. Also wenn das kein Mordspech ist. Na, die Frage muß das Mädel, das im Petticoat steckt, klären, denn das liegt außerhalb der Zuständigkeit eines Logenmeisters, und dafür sei Gott gepriesen. Wir haben auch ohne die Weiber schon genug auf dem Hals. Du mußt noch in die Loge 341 aufgenommen werden, Bruder McMurdo. Wir haben nämlich unsere eigenen Bräuche und Methoden; andere als in Chicago. Samstag abend findet unsere Versammlung statt, und wenn du kommst, machen wir dich für immer zu einem Freimaurer von Vermissa Valley.«
10. Loge 341, Vermissa
Am Tag nach diesem Abend, der so viele aufregende Ereignisse beschert hatte, zog McMurdo aus seinem Logis beim alten Jacob Shafter aus und nahm Quartier bei der Witwe MacNamara, im äußersten Randbezirk der Stadt. Scanlan, sein ursprünglicher Bekannter aus dem Zug, hatte schon kurz danach Gelegenheit, nach Vermissa umzuziehen, und die beiden wohnten zusammen. Weitere Mieter gab es nicht, und die Wirtin war eine unbekümmerte alte Irin, die sie sich selbst überließ, so daß sie frei reden und handeln konnten, was für Männer, die gemeinsame Geheimnisse hatten, sehr angenehm war. Shafter war wieder so weit besänftigt, daß er McMurdo, wann er wollte, an seinen Mahlzeiten teilnehmen ließ, so daß der Verkehr mit Ettie keineswegs abgebrochen war. Im Gegenteil, er wurde von Woche zu Woche enger und inniger. Im Schlafzimmer seiner neuen Bleibe fühlte McMurdo sich sicher genug, die Prägestempel auszupacken, und unter manchen Stillschweigegelöbnissen durfte eine Anzahl von Logenbrüdern hereinkommen und sie sehen; jeder von ihnen nahm in seiner Tasche ein paar Exemplare des Falschgeldes mit, das so geschickt geprägt war, daß es sich ohne die geringste Schwierigkeit oder Gefahr in Umlauf bringen ließ. Weshalb McMurdo, dem solch eine wunderbare Gabe zu Gebote stand, sich erniedrigen konnte, überhaupt noch zu arbeiten, war seinen Gefährten ein ewiges Rätsel, obwohl er jedem, der ihn fragte, klarmachte, daß es sehr schnell die Polizei auf seine Spur locken würde, wenn er ohne irgendein erkennbares Einkommen lebte.
Ein Polizist war in der Tat schon hinter ihm her; aber wie es das Schicksal wollte, brachte der Vorfall dem Abenteurer sehr viel mehr Nutzen als Schaden ein. Nachdem er erst einmal eingeführt war, gab es wenige Abende, da er nicht den Weg zu McGintys Saloon fand, um dort noch engere Bekanntschaft zu schließen mit den »Jungs«; das war die joviale Bezeichnung der gefährlichen, die Gegend unsicher machenden Bande für sich selbst. Seine flotte Art und seine furchtlose Sprechweise machten ihn bei allen beliebt; durch die rasche und systematische Methode, mit der er bei einer Lokalrauferei, wo es in die vollen ging, seinen Gegner erledigte, erwarb er sich den Respekt der rauhen Gemeinschaft. Aber ein anderer Vorfall ließ ihn in ihrer Wertschätzung sogar noch höher steigen.
Just zur Stunde des Hochbetriebs öffnete sich eines Abends die Tür, und ein Mann trat ein; er trug die unauffällige blaue Uniform und Schildmütze der Coal and Iron Police. Dies war eine von den Eisenbahn-und Grubenbesitzern aufgestellte Spezialtruppe zur Ergänzung der Bemühungen der gewöhnlichen Staatspolizei, die vollkommen hilflos war gegenüber der organisierten Brutalität, die das Gebiet terrorisierte. Bei seinem Eintreten wurde es zwar still, und mancher neugierig schnelle Blick fiel auf ihn; aber in den Staaten sind die Beziehungen zwischen Polizisten und Verbrechern eigenartig, und McGinty, der hinter
Weitere Kostenlose Bücher