Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
Vom Netzwerk:
auf den Winterschlaf vorzubereiten, als einige flüchtende junge Frösche den Fluß herunterkamen und die schlimme Nachricht verkündeten. Die Nerze näherten sich. Flußaufwärts räuberten und töteten sie bereits mit krankhaftem Haß. Fische wurden aus dem Wasser geschleift und verbreiteten am Ufer bald einen üblen Gestank. Es war ein Blutbad, nicht um Nahrung zu bekommen, sondern, wie wir es kannten, um seiner selbst willen – zur Feier des Bösen. Und die Priesterin des Todes hieß Gru.«
    »Die Nerzin?«
    »Die Tochter des Satans.« Die gelbe Iris in Bundas Auge wurde blaß. »Gru, die Gnadenlose. Gru mit dem steinernen Herzen. Gru, deren Handlanger die Flüsse mit Blut färben.« Bunda schüttelte seinen Kopf und ließ die grauen Stimmsäcke zusammenschrumpfen; sein Lied wurde zu einer schmerzerfüllten Klage.
    Scrat kannte die Mutlosigkeit, die Bunda fühlte, sehr gut. Er hatte sie zurückgehalten, doch als Bunda verstummte, ergriff sie ihn erneut. Wenn der Lachfrosch aufhörte zu lachen, standen die Dinge schlecht. Verzweifelt dachte die Spitzmaus an Kines Qualitäten. Das Wiesel erweckte noch Hoffnungen. Scrat erschienen sie zwar gering, doch er riß sich zusammen und redete weiter: »Ich brauche Fakten, Bunda. Kine will Informationen über die Nerze haben.«
    »Und er will seine Dankbarkeit bezeigen?«
    »Es ist klüger, einem Wiesel zu helfen, als es zu verärgern.«
    »Kine will die Nerzin herausfordern? Ist er verrückt?«
    Scrat wunderte sich. Seine Zweifel verdrängend, sagte er: »Du kannst wählen, Frosch.«
    »Kroax.« Mit einem Satz verschwand Bunda, und die zurückbleibende Spitzmaus starrte auf die unscheinbaren Wellen, die nun anstelle des Kopfes zu sehen waren. Der lange Kanal schimmerte; Stechmücken surrten umher. Das Wasser war mit leichtem natürlichen Schaum bedeckt, der schillerte wie das Gefieder eines Raben, und nichts rührte sich. Scrats winziges Herz pochte. Die Stille beunruhigte ihn, und der verlassen daliegende Wasserweg ermutigte ihn nicht gerade. Er befand sich im Revier der Nerze. »Hier!« rief der Frosch plötzlich. »Im Schilf, Winzling.«
    Überflutet mit einem blasseren Grün, tauchte der olivfarbene Kopf wieder auf.
    »Was wolltest du wissen?« fragte Bunda.
    »Alles, was du von den Eindringlingen und von der Anführerin weißt.«
    »Sie heißt Gru, Gattin von Liverskin, Gebärerin der Zwillinge mit den blutdürstigen Augen. Sie ist böse. Scrat: Sie riecht nach Bösem, atmet Böses aus. Der Fuchs wird sich nicht mit ihr anlegen. Sie hat den Otter aus seinem Bau gejagt, den Döbel aus seinem Fluß. Sie hat das zähnefletschende Hermelin vertrieben. Und in den Sommermonaten vermehrt sie sich; manchmal bringt sie bei einem Wurf sechs Junge zur Welt.«
    »Wo ist sie, Bunda?« fragte Scrat nervös.
    »Im Fundament der Pumpstation. In dem Labyrinth befindet sich ein Betonbunker. Er ist uneinnehmbar. Neben der Pumpstation, in den Kaninchenbauen, haben die anderen Räuber ihren Schlupfwinkel: ein Beinhaus, angefüllt mit ausgerissenen Federn und glattgeleckten Knochen. Nachts, wenn der Mond aufgegangen ist und die Nebelschleier sich erheben, dringen unheimliche Laute aus dem Schlupfwinkel, und nur die Fledermäuse nähern sich diesem Ort.«
    Bunda zitterte. »Die Marsch«, fuhr er fort, »ist von Angst erfüllt, Scrat. Und sie wird sich ausbreiten, denn wenn es in der Ebene kaum noch Opfer gibt, werden sich die Nerze den Anhöhen und den Wäldern zuwenden. Sie werden in Gräben und Kanälen zu tierreichen Seen und Teichen schwimmen. Der Name Gru wird die ganze Gegend in Angst und Schrecken versetzen.«
    »Wie sollte sich Kine am besten vorbereiten?«
    »Er sollte sich in acht nehmen, Scrat, vorsichtig umherlaufen, wachsam schlafen. Und sag ihm eins, Winzling – wenn Gru sich nähert, sollte er laufen, so schnell wie alle Feiglinge der Welt zusammen.«
    Die Saatkrähe beobachtete, wie Scrat die Marsch verließ – ein Pünktchen, das sich auf dem Pfad vorwärts bewegte – und auf festeres Land kletterte. Für sein Alter besaß der Wächter eine eindrucksvolle Sehkraft. Wenn er Ausschau hielt, gab es um den Wald herum nur sehr wenig, was ihm entging. Von den Eichenwipfeln aus sah er ein wogendes Flickwerk aus Feldern und Wegen, grasendes Vieh in spielzeugartigen Herden und die sonnenbeschienenen Fenster winziger Häuser. Jede Einzelheit konnte der Vogel klar erkennen. Er sah das Kielwasser des Bläßhuhns, das himmelfarbene Blau der Heckenbraunelleneier und das Hasenweibchen,

Weitere Kostenlose Bücher