Das Tal der Wiesel
arbeitete unermüdlich. Ein weiteres Männchen war herangekommen und zischte bedrohlich. Kine sah, wie sich die Flügel leicht anhoben, sah die übellaunig blickenden Augen und tauchte unter die schwarzen Füße des Schwans, kämpfte sich verzweifelt durch den flüssigen Schleier der düsteren Flut.
Er wußte nicht, wie weit er unter Wasser geschwommen war, als ihn seine schmerzhaften Atembeklemmungen wieder an die Oberfläche zwangen. Er sah, daß er die weißen Tiere hinter sich gelassen hatte. Rasende Kopfschmerzen plagten ihn. Völlig erschöpft trieb er hilflos in einer dämmerigen Welt schwindelerregender Dumpfheit. Benommen durch den Sauerstoffmangel, hörte er die Rufe der Wiesel, die aus weiter Ferne, von irgendwo her, zu ihm hinüberdrangen. Doch sie kamen näher, als es in seinem Kopf wieder klarer wurde, und Ford schnaufte neben ihm. »Die Saatkrähe, Kine!« Andere Wiesel bewegten sich auf und ab, würgten atemlos. »Sieh mal, Kine, die Saatkrähe …«
Der Wächter stolzierte mit einer prahlerischen Feierlichkeit auf dem Wasser.
Kine starrte ihn verwirrt an. Begreifen und freudige Erregung waren eins. Geschafft! Die Saatkrähe stand auf einer leicht überspülten Erhebung, die landeinwärts zu Stoppelfeldern und grünen Hügeln führte. Sie hatten es geschafft: Sie hatten den Streifen erreicht. Kine paddelte weiter, bis seine Pfoten den Boden berührten, dann lag er kraftlos im seichten Wasser und erholte sich.
Er konnte Bäume sehen. Er konnte Weiden am Wasser stehen sehen. Dort war ein Flüßchen, bewachsen von vielen Pflanzen, grünen Riedgräsern und Schilf, und eine Anhöhe, auf der Kühe weideten. Er sah Eichen und Linden, hier und dort ein Blatt, das sich frühzeitig gelb färbte. Dort wuchsen Himbeerdickichte übersät mit leuchtendroten Tupfern. Es war ein trockenes Land, die abgeschnittenen Enden der Getreidehalme standen ausgedörrt auf ansteigenden Feldern. Kaninchen hoppelten dort umher. Grau und schwerfällig waren sie und fraßen mit gemächlichen Bewegungen, die auf Ruhe hindeuteten. Es war ein Land, wo es Futter gab.
17. Kapitel
Der Fordson-Fahrer hörte auf zu pflügen und fuhr mit seinem Trecker vom Stoppelfeld, um sein Werk zu betrachten. Er hatte am äußersten Rand des Feldes entlang ein Dutzend Furchen gezogen, nur nicht auf dem tiefer gelegenen Teil, der an den Sumpf grenzte. Dort war eine Feuerschneise überflüssig. »Überschwemmt in einer Stunde, getrocknet nach einem Monat«, pflegte man vom Tiefland zu sagen. Aber eigentlich wurden diese Flächen nie richtig trocken -- waren es seit der Schöpfung niemals gewesen, darauf hätte er ein Bier gewettet.
Der Fahrer stieg ab, klopfte die Erde von den Pflugscharen, holte eine Lötlampe aus dem Führerhäuschen pumpte kurz und zündete sie an. Systematisch steckte er die Stoppeln auf der am höchsten gelegenen Feldseite an, so daß der Wind die Flammen den Hügel hinuntertreiben würde. Wenn das Feld abgebrannt war würde er es zu Ende pflügen. Bis dahin kletterte er, nachdem er die Lötlampe ausgemacht hatte, zurück in das Führerhäuschen seines blauen Treckers und aß seine Schnitten.
Für eine Weile beobachtete der Mann die Enten, die in Schwärmen über dem Hochwasser entlangsausten. Aufsteigend und wieder hinuntertauchend, kreisten sie in einer sinnlos anmutenden Raserei umher, was ihn an die Todesfahrer erinnerte, die er einmal auf dem Jahrmarkt gesehen hatte. Die frische Klarheit des Morgens und das Schimmern der Wasserfläche erfüllte die Vögel mit einer überschäumenden Energie. Kiebitze schwirrten ausgelassen über das Ackerland. Die Möwen kämpften um die Brotstückchen, die der Fahrer ihnen zuwarf.
Das knisternde Feuer breitete sich aus, bewegte sich den Hügel hinunter und hinterließ eine Spur aus schwarzer Asche, über der sich in der großen Hitze transparente Gestalten krümmten. Der Mann schraubte eine Thermosflasche auf. Für einen Moment glaubte er zu sehen, wie irgend etwas auf dem Stoppelfeld herumsprang, dann beschlug der Dampf des heißen Tees die Scheibe, und er wischte über das Glas. Der Qualm des Feuerstreifens behinderte die Sicht, aber wieder bewegte sich etwas, und er beobachtete aufmerksam das Feld.
Das Tier war ziemlich klein, meistens von den Stoppeln verdeckt, und hüpfte wie ein Hermelin oder ein Wiesel in die Höhe, so daß es dann und wann zum Vorschein kam. Nun glaubte er, mehr als eines dieser Tiere zu sehen. Und wenn es nicht so völlig unwahrscheinlich gewesen wäre, hätte
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