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Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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flüsterte Cass. »Alles was ich noch will, ist überleben. Von einer Stunde zur anderen.« Perfer et obdura. Vollbringe und halte aus. Darauf schien sie sich gut zu verstehen. Sie musste nur lernen, das Konzert der hässlichen Stimmen in ihrem Innern zu beherrschen. Vielleicht wäre sie dann auf immer frei von Zorn, von Schmerz und von dem Verlangen nach Liebe.

7.
    L ONDON, N EWGATE M ARKET
    M ITTWOCH, 19. J UNI
    Federn durchflockten die Luft. Kükenflaum stahl sich in Nats Nase, und er musste niesen. Auf dem Markt hatte das übliche Toben und Treiben eingesetzt. Begleitet von dem Geschrei der Gänse und dem Gackern eingepferchter Hühner, feilschten Köche um Federvieh, spotteten Gerber über den Karrenpreis von Hühnermist für ihre Laugen, prüften Handschuhmacher genüsslich Schwanenhäute. Der Gesang von Rupfmägden und die Gerüche aus Garküchen würzten die Luft. Newgate bei Tag war ein Schauplatz unbeugsamer Lebenslust. Zumindest für Nat. Der Duft von in Nelkenpfeffer gewälzten Sperlingen ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Hurenscheiße! Hatte er einen Hunger.
    Seit Schlag acht stand er mit einer übernächtigten Cass beim Torbogen vor dem Narrenkäfig. Jetzt war es zehn. »Wie wärs mit Frühstück?«, fragte er seine Freundin fröhlich.
    »Nicht jetzt«, sagte sie abwehrend. »Sag mal, kommt Painbody hier manchmal her?«
    Nat zog unwillkürlich den Kopf ein, ließ seinen Blick im wachsenden Getümmel umherflitzen. »Nee,«, beruhigte er sich und Cass. »Is nich sein übliches Gebiet – schon gar nicht kurz nach sechs. Und Enoch hat versichert, dass alles gut ausgeht, und getäuscht hat der sich bislang noch nie.«
    »Warum durfte ich in den letzten Nächten nicht dabei sein, wenn du mit diesem seltsamen Propheten gesprochen hast?«
    Nat streifte sie mit flüchtigem Blick. Cass wirkte gereizt und voller Anspannung. »Der Prophet braucht Zeit, und er hat ne Menge andere Kundschaft, die keine Zeugen mag.«
    Cass ließ nicht locker. »Was machen wir, wenn dein Meister Enoch uns nicht hilft? Der Opal-Ring war alles, was ich noch besessen habe.«
    »Keine Bange«, entgegnete Nat eine Spur zu großmäulig. »Enoch hat mir paar Penunzen zugesteckt und das hier.« Nat zog eine Spielkarte aus dem Ärmel. »Die soll ich dir von ihm geben, wenn du nach ihm fragst.«
    Verwundert nahm Cass die Karte entgegen. Sie zeigte sieben Sterne und einen Ackerknecht, der auf einen Spaten gestützt eine Bohnenranke vor weißem Himmel betrachtete. »Was soll das?«
    »Hm, ich nehme an, der schaut dem Grünzeug beim Wachsen zu.«
    Verärgert gab Cass die Karte an Nat zurück. »Das sagt mir nichts.«
    Nat hob bedauernd die Brauen. »Enoch hat noch was gemurmelt, das wie Pferde und obskura klang.«
    Cass’ Herz setzte einen Schlag lang aus. »Perfer et obdura!« Hatte sie nicht genau das heute Morgen für sich beschlossen?
    Nat nickte eifrig. »Genau. Hast du das schon mal gehört?«
    »Vollbringe und halte aus«, übersetzte Cass.
    »Zum Hundsacker! Du verstehst den Propheten? Woher kannst du Latein? Warst du mal Nonne?«
    »Nein«, sagte Cass entschieden. Zögernder setzte sie hinzu: »Sicher nicht.« Nats Frage half ihr trotzdem weiter. Wer hatte einer jungen Frau, die einige Hure nannten, die Gelehrtensprache beigebracht und wozu? Vollbringe und halte aus ... Ein Satz der Ermutigung. Sie sah sich unter einem Apfelbaum stehen. In grünem Kleid über weißem Flachshemd. Die Farben der Tudors. Farben einer Hoffnung. Cass’ Atem stockte. Die Farben von König Edward. Deutlich sah sie sein Gesicht vor sich. Ein Bild mit lodernden Flammen schob sich davor, und sie roch fetten, ekligen Brandgeruch. Schluss!, befahl sie sich. Hör auf! All das gehörte zu deiner nutzlosen Vergangenheit und machte dir Angst.
    Nat sah, dass sich das Gesicht seiner Freundin verschattete. Er tastete nach ihrem Arm. »Is doch ein guter Anfang, dass der Prophet und du die gleiche Sprache sprecht.« Cass wischte seine Hand weg, aber Nat ließ nicht locker. »Vertrau ihm. Noch heute gehts woanders hin für uns, das steht mal fest. Enoch hat es genau gesehen.«
    Warum er deswegen allerdings mit dem Pagen, dieser dämlichen Bohnenstange, tagelang Verhandlungen geführt hatte, blieb Nat ein Rätsel.
    Cass presste sich näher an die Steinmauer, um einem Pastetenhändler mit schwankender Kiepe auszuweichen.
    »Blutpudding! Bester frischer Pudding! Na, meine Schöne, wie wär’s? Taubenblut macht Wangen rot.«
    Cass schüttelte den Kopf. Nat hingegen

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