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Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Tarot der Engel: Dritter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Rupfmagd.
    »Heil den Narren!«, schrie der halbe Platz. »Wir wollen die Idioten sehen.«
    Ein städtischer Ausrufer in bunter Tracht stieg zusammen mit einem Prediger die Treppe zur Bühne hinauf. Im Namen des Magistrats verkündete der Ausrufer, dass die Vorführung der Tollgeister und Verwirrten kein Grund sein solle für Schabernack und Schadenfreude. Der Prediger schickte eine geistliche Ermahnung hinterher: »Hütet Euch vor den Fallstricken der Sünde und jeglicher Ausschweifung, die ebenso toll machen und die Seele in ewige Finsternis hüllen.« Mit einem Vaterunser schloss er seine Ansprache.
    Das Publikum senkte die Augen und murmelte Amen.
    Die Gefängnisglocke schlug die achte Stunde. Vier Turmwächter erschienen und drohten mit Peitschen. Sofort teilte sich die Menge und machte Platz. Gebannte Stille senkte sich über den Markt.
    Dann quollen die Tollhäusler ins Freie. Sie stolperten über Ketten, mit denen sie paarweise bei den Füßen gebunden waren. Die Turmwächter hatten Gottes Gauklerschar als Satans Musikanten ausstaffiert. Einige trugen tote, schon steife Katzen vor den Bauch geschnallt und befingerten sie, als seien es Dudelsäcke, andere bezupften Schwanenkarkassen wie Harfen, einer fiedelte munter auf einem Rossschädel. Den Abschluss des Trosses bildete ein hochgewachsener Mann. Er ging allein, man hatte ihm einen abgetrennten Widderkopf aufgestülpt.
    »Der Bock betet!« , kreischte ein Gaffer begeistert.
    Was für ein Augenschmaus! Was für eine Ansammlung herrlich grässlicher Albwesen. Die Eisenfesseln hinderten sie nicht an wilden Sprüngen, mit denen sie sich gegenseitig zu Boden rissen. Lästerliches Fluchen war die Folge. Nicht wenige Betrachter merkten sich Schimpfereien wie »Fotzenhut« und »Pfaffenritze« zum späteren Gebrauch für Schenke oder Ehezank. Anfeuernde Pfiffe gellten, als ein Katzenflöter statt den Schweif des Kadavers seine Hose zu befingern begann, um Wasser abzuschlagen.
    »Finger weg vom Hosenteufel, du Sackpfeife!«, gröhlte ein Schlachter. »Das ist Todsünde!« Seine Gesellen verfielen in kreischendes Gelächter. »Die gibt’s doch nicht mehr!« Hühnerschnäbel regneten auf den Katzenflöter nieder.
    Die Turmwächter beendeten die Einlage des Flötenspielers mit einem Peitschenhieb auf seinen Rücken. Er setzte den Weg kriechend fort, begleitet von winselnden Predigten seines Kettennachbarn. »Bereue, bereue, du lüsterner Schandbube! Du Sausuhle, du Teufelsbraten!«

8.
    G REENWICH P ALACE
    ZUR SELBEN S TUNDE
    Jehan Scheyfve zwängte sich in eine stickige Kammer, deren Wände mit schweren Stoffen verhängt waren. Sie dämpften jedes Geräusch. Noch immer trug er die Reitkleidung der vergangenen Tage, sein Mondgesicht war von Bartstoppeln übersät. »Diese Hast und Euer Ungestüm sind unerträglich«, knurrte er. »Beides sollte jungen Männern wie Samuel vorbehalten sein. Genau wie das Ausharren auf Lauscherposten.«
    »Ich dachte, Ihr liebt die Musik«, erwiderte Zimenes und schob einen Vorhang zur Seite.
    »Ich vergöttere Chorgesänge und Schalmeienklang, nur nicht auf dieser Seite des Vorhangs«, entgegnete Scheyfve gereizt.
    Durch ein kreisrundes Fenster fiel Morgenlicht ins Dunkel. Es fing sich auf Hörnern und Trompeten, spiegelte sich auf den polierten Flächen von Gamben und Lauten. Sie waren in einem Raum neben einer Musikgalerie. Hier, hoch über einem Audienzsaal, pflegten Spielleute und die Kapelle des Königs zu proben. Zimenes stieß das Fenster auf. »Vielleicht hebt Kirchengeläut Eure Laune.« Die Glocke der ehemaligen Franziskanerabtei läutete die achte Stunde ein.
    Scheyfve drückte seinen Trommelbauch an einer nicht minder ausladenden Pauke vorbei und öffnete eine vergitterte Luke, bei der gewöhnlich die Musikanten auf ein Zeichen für ihren Einsatz warteten. Scheyfve blickte voller Sehnsucht in den Saal hinab.
    »Mein Platz ist da unten. Bei den Höflingen und Diplomaten. Ah, man reicht sogar Malvasierwein und Mandelgebäck! Und Simon Renard, dieser Trottel von meinem Nachfolger, lehnt ab!«
    »Nicht jeder frönt der Fresslust.«
    »Ihr missversteht mich! Ich hasse Mandelgebäck, aber es abzulehnen ist ein unnützer Affront. Erst recht, wenn es Gott gefällt, Edward von der Schwelle des Grabes zurück ins Leben zu holen.« Er schlug das Kreuzzeichen so beiläufig wie möglich. »Herrje, dann müssen wir unsere Pläne für Maria ändern, und mein Ruhestand ist gefährdet.«
    Zimenes trat neben ihn. Ungeduldig spähte er in den

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