Das Tattoo
Frühlingsrollen erfüllte die kalte Nacht luft, während er mit der Fernbedienung auf das Auto zielte. Das unverkennbare Klicken der automatischen Türverriegelung hall te laut in der nächtlichen Stille wider.
Er atmete tief ein, dann drehte er sich zum Haus um. Alice, die immer aufblieb, bis er kam, war wahrscheinlich schon auf dem Sofa eingeschlafen. Er lächelte. Sie war ein großartige Frau
und eine wunderbare Ehefrau. Im Grunde, so dachte Harold, war er ein glücklicher Mensch.
Aus dem Augenwinkel nahm er die Autoscheinwerfer wahr, die seine Straße erhellten. Noch während er sich fragte, wer in der ruhigen Wohngegend um diese Zeit außer ihm erst jetzt nach Hause kam, fiel ihm der Schlüsselbund aus der Hand, den er sich eben in die Hosentasche schieben wollte/Unter leisem Fluchen bückte er sich.
Der Wagen erfasste den menschlichen Körper mit einem dumpfen Knall. Reifen quietschten. Ein Motor heulte auf. Alice Borden, die auf der Couch eingedöst war, schrak hoch und rann te sofort zum Fenster. Sie schaute in die Dunkelheit hinaus und erkannte das Auto ihres Mannes. Und als sie genauer hinsah, erkannte sie auch ihren Mann, der seltsam verkrümmt auf der Straße lag.
Sie schnappte entsetzt nach Luft und fing an zu schreien.
Simon Law ging mit Bier und Pizza in der Hand die Treppe zu seinem Apartment hinauf. Vor seiner Tür blieb er stehen und jon glierte erst eine Weile mit seinem Schlüsselbund herum, bis er den passenden Schlüssel gefunden hatte.
Kurz darauf war er in der Wohnung. Nachdem er seinen Man tel ausgezogen hatte, schlang er das erste Stück seiner Pizza mit drei Happen hinunter. Nachtarbeit machte ihn immer hungrig.
Mit dem zweiten Stück in der Hand schlenderte er hinüber zum Fenster und schaute durch das Fernglas. Im Haus der Le Grands schien alles unverändert. In dem Moment, in dem er wie der von seiner Pizza abbiss, fiel sein Blick auf die Fußstapfen, die er bei seiner Ortsbegehung im Schnee hinterlassen hatte. Sein Herz begann schneller zu klopfen, während sein Blick den Weg, den er gegangen war, zurückverfolgte.
„Verdammter Mist”, brummte er. Warum hatte es nicht ein fach weiterschneien können?
Seine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Sollte er sein Zeug zusammenpacken und abhauen, oder war es besser, die Sa che auszusitzen? Denn wenn er weglief, würde er es schaffen, Pharaohs Zorn zu entgehen? Jeder in der Organisation kannte die Geschichte mit Stykowski. Pharaoh schlechte Nachrichten zu überbringen, war ausgesprochen ungesund.
Er ließ das Fernglas sinken und starrte nachdenklich in die Dunkelheit, als ihm klar wurde, dass er eine offensichtliche Tatsa che übersehen hatte. Zugegeben, seine Fußstapfen waren immer noch da, aber sie hörten am Bordstein auf. Die Straße war ge räumt worden. Es gab also keine Möglichkeit nachzuvollziehen, woher er gekommen war.
Mit einem erleichterten Aufatmen verschlang er den Rest sei ner Pizza, dann haute er sich in den Sessel am Fenster und legte das Fernglas in seinen Schoß. Er musste sich ausruhen, aber nur eine Minute.
Als er aufwachte, war es Morgen.
14. KAPITEL
Clay schluckte gerade den letzten Bissen von seinem Toast hi nunter, als Frankie in die Küche kam.
„Hast du auch wirklich alles, was du brauchst?” erkundigte sie sich besorgt. „Es hat zwar aufgehört zu schneien, aber es ist kalt draußen.”
Er grinste und schob sich den letzten Happen in den Mund. „Ja, Mutter. Meine Handschuhe sind im Truck, und die langen Unterhosen habe ich an.”
Auf ihrem Gesicht breitete sich zögerlich ein Lächeln aus. „Na wunderbar.” Sie nahm ihm seine Kaffeetasse weg und stellte sie auf den Tresen. „Umarm mich”, forderte sie ihn auf.
Die Leidenschaftlichkeit, die in ihrer Stimme mitschwang, ging ihm unter die Haut.
„Nichts lieber als das”, sagte er rau. „Komm her zu mir, Baby.”
Frankie schmiegte sich in seine Arme. Sie kostete es aus, seine Kraft zu spüren, und versuchte sich einzuprägen, wie sich sein blaues, weiches Flanellhemd an ihrer Wange anfühlte.
„Glaubst du, du kommst heute zurecht?” fragte Clay. „Wenn du willst, kann ich dich bei Mom und Dad absetzen, oder wir fra gen Mom, ob sie rüberkommen kann.”
Frankie seufzte. Der Drang, sich zu verstecken, war stark, aber sie durfte es nicht zulassen, dass ihrer beider Leben von dieser Angst bestimmt wurde. Davon abgesehen fühlte sie sich nicht besonders gut, was die Aussicht auf Gesellschaft auch nicht ver lockender
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