Das Teehaus im Grünen
verdienen. Erinnerst du dich, was der Tankwart sagte? Die Leute steigen auf den Hügel, um die Wasserfälle zu sehen, und wenn sie zurückkommen, möchten sie gern Tee trinken. Oder sie fahren auf der Straße vorbei und sehen ein Schild und denken: Hier ist’s aber schön! Wir trinken unsern Tee lieber hier als in der heißen Stadt! Und dann kommen sie herein und setzen sich unter die Bäume und...«
»Und wenn es regnet?«
»Da setzen sie sich auf die Veranda oder in das große Zimmer. Und ich würde köstlichen Tee kochen und Erdbeertorte backen und piekfeine Kuchen.«
»So etwas müßtest schon du machen, denn ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Kuchen gebacken.«
»Aber ich! Unzählige! Weißt du, ich war schon eine gute Köchin, als ich Vater den Haushalt führte. Und in Melbourne hab ich noch eine Menge dazugelernt, weil meiner Tante die Zugehfrauen immer davonliefen. Sie war auf Süßigkeiten ganz versessen und konnte nie genug kriegen. So hab ich dauernd gekocht und gebacken. Auch so schwerverdauliche Sachen wie Pasteten und Sahnetorten. Kein Wunder, daß sie dauernd krank war! Aber jetzt verstehe ich etwas davon!«
Lucy sah sie bewundernd an. »Wenn du so gut kochen kannst, solltest du dir einen besser bezahlten Job suchen. Es gibt hier in der Stadt viele offene Stellen für eine gute Köchin.«
»Aber ich möchte gar nicht mehr in der Stadt leben. Ich möchte in dem Haus unter den Bäumen leben.«
»Das geht doch nicht. Soviel Geld haben wir nicht.«
»Wir?? Lucy, ich will dich ja nicht hineinziehen! Du mußt dein Geld für die große Reise sparen... Aber ich habe fünfzehnhundert Pfund, und ich bin überzeugt, daß Vaters Haus bald verkauft wird. Meinst du, es hätte Zweck, dem sauertöpfischen Herrn fünfzehnhundert Pfund in bar anzubieten und für den Rest eine Hypothek bei ihm aufzunehmen?«
»Das hätte wohl keinen Sinn. Aber dreitausend Pfund würden ihm schon eher imponieren. Er kann unmöglich mehr als fünftausend Pfund für solch ein großes altes Haus in der Gegend verlangen. Der Tankwart sagte, er möchte es gern loswerden... Trotzdem, das ist alles ein Wahnsinn.«
»Aber manchmal ist es doch ganz lustig, ein bißchen verrückt zu sein. Aber du sollst auf keinen Fall dein Geld ebenfalls in das Haus stecken. Das ist doch allein meine Idee; du möchtest auf dem Lande nicht mal begraben sein.«
»Meinst du? Das weiß ich nicht so genau. Auf alle Fälle war’s mal eine Abwechslung.«
Das war Wasser auf Vickys Mühle. »Freilich! Und es braucht ja nicht für immer zu sein. Wenn wir die Sache nicht in Schwung bringen, können wir immer noch hierher zurückkehren. Du bekommst sofort eine Anstellung als Sekretärin, und ich würde auch was finden; vielleicht als Köchin, wie du sagst. Was können wir also verlieren?«
»Vielleicht dreitausend Pfund!«
»Ja, aber es ist ja ein besonderes Geld. Wir haben es gewonnen. Wir haben es weder sauer verdient noch geerbt. Wenn wir nicht die Dollarnote aufgehoben hätten, wäre das alles nicht passiert.«
Lucy betrachtete nachdenklich Vickys erregtes Gesicht. Sie dachte noch immer an die fünfzehnhundert Pfund und überlegte, daß dieses Geld Vickys gesamtes Vermögen darstellte, alles was sie besaß, bis vielleicht einmal das Haus ihres Vaters verkauft wurde.
Bei ihr selbst lagen die Dinge anders. Ihre Mutter war von Haus aus vermögend und hatte einen reichen Mann geheiratet. Als sie Neuseeland verließ, um sich mit ihrem zweiten Mann in England niederzulassen, hatte sie sich wohl vorgeworfen, daß Lucy, ihr einziges Kind, allein zurückblieb. »Vergiß nicht«, hatte sie gesagt, »wenn du je in Geldverlegenheit bist, brauchst du nur zu kabeln. Und die Hälfte deiner Wohnungsmiete bezahle ich. Wenn ich sterbe, erbst du mein Vermögen; das habe ich mit Godfrey abgemacht.«
Ja, diese fünfzehnhundert Pfund zu riskieren bedeutete für sie nicht soviel wie für Vicky.
»Das ist wahr«, stimmte sie deshalb zu. »Es war ein Glücksfall, und wenn wir es loswerden, sind wir gerade so weit wie vorher. Übrigens verlieren wir es ja nicht völlig, selbst wenn der Tea-Room nicht einschlagen sollte. Das Dumme ist nur, daß wir uns so eine gräßliche Hypothek aufladen müssen.«
»Was du nur für eine komische Auffassung von einer Hypothek hast! Als ob das etwas Unmoralisches wäre! Für mich ist es nichts Neues, ich bin daran gewöhnt. Vater nahm immer Hypotheken auf, und eine ruht noch auf dem Haus... Aber wie auch immer — eigentlich liegt dir
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