Das Teehaus im Grünen
das ganze Unternehmen nicht, Lucy, und es wäre nicht fair, dich mit hineinzuziehen.«
»Hör doch auf mit diesem Gerede! Du tust so, als ob ich eine langweilige Tante wäre, eine fade Person, die nichts riskieren will. Im Grunde — warum eigentlich nicht? Wir sind nur einmal jung... Aber es ist töricht, wenn wir uns auf dieses Haus versteifen. Es übersteigt sicherlich unsere Mittel. Wir könnten ja auch irgend etwas anderes finden, eine Mode-Boutique in einer Kleinstadt oder eine kleine Milchbar an der See. Da kann man viel Geld verdienen.«
»Möglich. Ich will aber keine Milchbar und keine Boutique. Ich kann so etwas nicht ausstehen, und du auch nicht. Ich will dieses Haus haben und für die Leute feinen Tee mit Gebäck und leckere kleine Mahlzeiten zubereiten und...«
»Damit wir sie dann womöglich selbst aufessen. Eine Diät mit Kuchen und Pasteten wäre gerade das Richtige für mich! Aber letzten Endes schadet es nichts, wenn wir feststellen, wieviel der Mann für sein Haus verlangt. Hast du dir den Namen von dem Makler gemerkt? Ich könnte ihn ja anrufen.«
Selbstverständlich hatte Vicky sich den Namen gemerkt. Plötzlich packte sie die Angst, daß das Haus schon verkauft sein könnte. Aber es war noch nicht verkauft; sie hörten, daß James Seymour fünftausend Pfund dafür haben wollte und wahrscheinlich mit einer Hypothek für einen Teil des Kaufpreises einverstanden sein würde. Offensichtlich war das Haus nicht so leicht zu verkaufen; denn der Makler bot ihnen die Besichtigung für den Sonntagmorgen an.
»Ich habe ein bißchen Geld gespart«, sagte Lucy später. »Das wird reichen, um das Haus ein wenig herzurichten und das Nötigste für die Einrichtung zu kaufen.«
»Aber du darfst keinen Penny mehr anlegen als... Ach, wenn doch endlich Vaters Haus verkauft würde!«
»Das ist dein Erbteil! Ich will auf keinen Fall, daß du das vertust.«
Vicky entgegnete nichts, aber als Lucy ausgegangen war, setzte sie sich hin und schrieb einen Brief an den Notar, der ihres Vaters Haus verwaltete. Dann erwartete sie mit Geduld den Sonntag.
Um elf Uhr trafen sie den Makler; zum Glück ließ sich der Hausbesitzer nicht sehen. Vicky hatte das Gefühl, daß er ein schwieriger Verhandlungspartner war, der sich von ihrem Charme nicht betören lassen würde. Aber der Makler schien recht menschlich zu sein und sehr darauf bedacht, das Haus zu verkaufen. »Ich glaube nicht, daß Mr. Seymour etwas gegen eine Hypothek von dreitausend Pfund oder sechstausend Dollar einzuwenden hat. Das Haus steht leer, seit er sich ein eigenes weiter oben an der Straße gebaut hat.«
»Ach, bitte, rechnen Sie doch in Pfund. Diese neumodische Geldrechnung macht mich ganz verwirrt«, sagte Vicky. »Wie kam eigentlich Mr. Seymour in den Besitz dieses Hauses? War er ein Neffe des netten alten Ehepaares, das früher hier wohnte?«
Auf einmal war das alte Ehepaar in ihr zu neuem Leben erwacht.
Der Makler sah sie überrascht an. »Ein altes Ehepaar? Das Haus hat niemals einem alten Ehepaar gehört. Mr. Seymours Großvater hat es gebaut, und seitdem war es immer im Besitz der Familie. Mr. Seymour und sein Bruder wohnten hier nach dem Tod ihrer Eltern, und dabei blieb es auch, als der Bruder heiratete. Mr. Seymour hing sehr an dem Haus, aber er konnte nicht mehr hierbleiben, nachdem...«
Er zögerte, und Vicky fragte freundlich: »Ist die junge Frau gestorben?« Mit leichtem Bedauern hatte sie das alte Paar aufgegeben, schließlich waren junge Leute auch viel romantischer.
»Nein«, antwortete der Makler barsch. »Sie lief davon.«
»Ach herrjeh«, meinte Vicky leicht verstört. »Also gar nichts Rührendes. Nur ein ganz gewöhnlicher Fall?«
Bill Finlay war schockiert. »Naja, gewöhnlich oder nicht, jedenfalls trennte sich die Familie. Peter ging nach Australien, und James übernahm das Haus allein. Er wollte wohnen bleiben, aber das Haus war zu groß für einen Junggesellen, deshalb entschloß er sich zum Verkauf.«
Das hübsche Gesicht, das ihn so ernsthaft anschaute, hatte ihn geradezu hypnotisiert; er nahm sich zusammen und sagte: »Halten Sie mich nicht für eine Klatschbase, aber wenn Sie hierherkommen, werden Sie es ohnehin bald erfahren. Es war ein Wunder, das neun Tage dauerte, besonders nach dem Kummer von Mr. Seymour... Aber das ist eine alte Geschichte. Jetzt wollen wir das Haus von innen ansehen.«
Sie erzählten ihm nicht, daß sie schon eine Menge gesehen hatten, als sie durch die Fenster gespäht hatten. Das Haus
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