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Das Teehaus im Grünen

Das Teehaus im Grünen

Titel: Das Teehaus im Grünen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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verpflichtet, ihren Hypothekengeber zu verteidigen. »Uns gegenüber war er sehr großzügig. Er verlangt nur fünf Prozent Zinsen und läßt das Haus auf seine Kosten streichen.«
    »Warum auch nicht? Er hat Geld wie Heu. Wenn er eine Schwäche hat, dann für das alte Haus seiner Familie. Ich möchte aber wetten, daß das die einzig weiche Stelle in seinem Herzen ist. Im Büro verrät er keinerlei Gefühl. Da gibt es leider keinen menschlichen Kontakt.«
    »Wo gibt es so etwas im Geschäftsleben?« fragte Lucy trocken.
    »Er ist bestimmt hochanständig«, fand Vicky. »Aber er ist so unfreundlich. Mich schaut er an, als ob er mich fressen wollte, dabei war ich doch wahrhaftig lammfromm. Was ist nur mit ihm los?«
    »Da muß schon allerhand mit ihm los sein, wenn er Sie so ansieht, der Narr! Es heißt, er könne junge Mädchen nicht leiden. In unserem Büro gibt es keine Frau unter fünfzig, Gott sei’s geklagt!«
    »Aber warum? Weshalb ist er so?«
    Dan grinste hämisch. »Ach, er hat schon seine Gründe. Vor Jahren hat er mal einen richtigen Dämpfer gekriegt. Daran war ein bildschönes Mädchen schuld, Annette Downes. Seymour war mit ihr verlobt und mächtig in sie verschossen. Ausgerechnet am Hochzeitsmorgen kriegte sie Bammel. Sie schrieb ihm einen Brief und sagte ihm ab. Kann man ihr das verdenken?«
    »Das war gemein«, empörte sieh Vicky. Und Lucy dachte: Das ist also der unverdaute Brocken. Kein Wunder. Für ihn muß das schrecklich gewesen sein.
    »Es war nicht gerade angenehm — der Klatsch in der Stadt und das Gelächter der Leute. Die Seymours haben immer was auf sich gehalten — alte Familie und so. James ist hochmütig und empfindlich; er nahm es recht schwer. Er zog sich ganz zurück. Er wollte in seinem ganzen Leben nichts mehr von Frauen wissen. Und wie es das Unglück will, passierte ihm die ganze Chose sogar noch ein zweites mal.«
    »Wie meinen Sie das? Hat ihn noch eine sitzen lassen?«
    »Ihn nicht. So weit ließ er’s gar nicht kommen — er bewahrte immer genügend Abstand. Sein Bruder Peter hatte das Pech. Die beiden waren immer beisammen. Nach dem Tod ihrer Eltern wohnten sie hier mit einer Haushälterin. Dann hat Peter geheiratet.«
    »Ach, und da gab es eine Tragödie, nicht wahr?«
    »Ja. Die Ehe dauerte nur ein paar Jahre, es schien alles in Ordnung, aber auf einmal verschwand die junge Frau mit einem reichen Amerikaner. Für Peter war das schlimm. Er war ganz anders als James, viel menschlicher, lustig und freundlich und sehr beliebt. Es gab ihm einen gehörigen Knacks. Er suchte sich einen Job in Australien und ging dorthin. Anscheinend haben die Seymours nicht viel Glück mit Frauen.
    Das klang boshaft, und Lucy sagte ernst: »Kein Wunder, daß er einem so still und übellaunig vorkommt. Zu uns ist er trotzdem nett gewesen.« Dann sprach sie von etwas anderem.
    Als Dan gegangen war, sagte sie zu Vicky: »Mit dem Rasen hat er sich mächtig viel Arbeit gemacht; den können wir jetzt ganz leicht selbst mähen. Trotzdem mag ich ihn eigentlich nicht leiden.«
    »Es gefiel mir auch nicht, wie er sich über die Seymours lustig machte; aber ich glaube, Mr. Seymour ist ein strenger Chef.«
    »Ich wurde sagen. Dan Ireland ist auch ein schwieriger Angestellter. Ich wundere mich, daß er es so lang dort aushält.«
    Es sollte auch nicht länger dauern. Einige Tage später erschien er mitten am Vormittag und sagte liebenswürdig: »Ich will den Rasen mit der Maschine mähen; beim erstenmal geht das ziemlich schwer, da ist’s besser, ich mache das.«
    »Sollten Sie jetzt nicht im Büro sein?«
    In dem heiter vertraulichen Ton, den er sich den beiden Mädchen gegenüber angewöhnt hatte, sagte er: »Es läßt sich leider nicht leugnen, daß ich auf der Suche nach einem neuen Job bin. In dem lausigen alten Büro konnte ich’s nicht länger aushalten. Jetzt suche ich nach neuen Weidegründen, habe aber leider noch nichts gefunden.«
    »Sie haben Mr. Seymour gekündigt?«
    »Gott sei Dank! Ich kann heute noch nicht verstehen, wie ich’s dort so lange aushalten konnte. Es ist der widerlichste Ort auf dieser Erde. Seymour ist ein staubtrockener Rechtsanwalt, wie er im Buche steht. Er hat kein bißchen Phantasie oder Anpassungsfähigkeit.«
    Lucy dachte, man brauche wohl viel Anpassungsfähigkeit, um diesen jungen Mann in einem Büro zu beschäftigen. Aber sie meinte nur: »Wenn Sie Homesward verlassen, wird Nan Sie sehr vermissen. Aber vielleicht wollen Sie sich hier eine andere Arbeit

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