Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
wohnt
in der Pappelallee . Sie hat sich in jungen Jahren von meinem - damals
schon verheirateten – Vater schwängern lassen. Er, ganz verantwortungsvoller Kavalier,
hat die Vaterschaft allerdings immer abgestritten. Sie können sich vorstellen,
was das für eine Frau in der damaligen Zeit bedeutet hat.“
„Woher wissen Sie denn so genau,
dass es tatsächlich das Kind Ihres Vaters ist?“
„Schauen Sie sich Hubert an und
Sie wissen Bescheid. Er ist das Abbild meines Vaters, als hätte man ihn
geklont.“
„Wo waren Sie eigentlich am
Sonntag gegen 22 Uhr?“, fragte Büttner, der so langsam keine Lust mehr auf noch
mehr Verdächtige hatte. Hörte das denn nie auf?
„Zuhause. Meine Enkel waren bei
mir, sie hatten Scharlach. Ich habe sie keinen Moment aus den Augen gelassen,
sie glühten vor Fieber.“
„Und wo waren die Eltern ihrer
Enkel?“
„Die sind zurzeit in Urlaub, in
Norwegen.“
„Werden sie zur Beerdigung Ihres
Vaters wieder da sein?“
„Ja. Aber sie werden nicht
hingehen. Sie haben schon lange mit meinem Vater gebrochen.“
„Warum?“
„Meine Tochter, Vaters Enkelin
also, hatte sich zwischen meine Mutter und ihn gestellt, als er in einem
Wutanfall mal wieder auf sie einschlug. Das ist Mareike nicht gut bekommen, er
hat ihr ein blaues Auge verpasst.“
Als Büttner an diesem Abend nach
Hause kam, brachte er seiner Frau einen großen Strauß Blumen mit, die er, trotz
der schier unerträglichen Hitze, noch schnell in der Stadt gekauft hatte. Schon
viel zu lange hatte er ihr nicht mehr gesagt, wie glücklich er mit ihr war.
8
Missmutig vor sich hin brummelnd
saß Büttner am nächsten Morgen an seinem Schreibtisch und ließ langsam einen
Löffel Honig in seinen Salbeitee tröpfeln, den seine Frau ihm mitgegeben hatte.
Hasenkrug hatte ihn, nach einem Blick auf seine geröteten Augen, mit den Worten Na, das hatte ich Ihnen ja gestern prophezeit begrüßt, und ein
schadenfroher Unterton war nicht zu überhören gewesen. Ja, Büttner ging es
dreckig. Sein Hals fühlte sich an, als hätte er eine Rolle Stacheldraht
verschluckt, seine Nase war komplett dicht, so dass er nur noch mit offenem
Mund atmen konnte und aussah wie ein Karpfen auf dem Trockenen, und sein Kopf
dröhnte, als hätte ihm jemand mit einer Planke eins übergezogen. Anscheinend
war ihm der ständige Wechsel zwischen der brüllenden Hitze draußen und den
frostigen Temperaturen im Inneren seines Wagens nicht bekommen. Und, ja,
Hasenkrug hatte ihn gewarnt. Was aber noch lange kein Grund war, das ganze
Polizeirevier mit einem nicht enden wollenden breiten Grinsen zu nerven, dachte
er bitter.
„Zählen Sie mir im Mordfall
Krayenborg doch gerade mal die Verdächtigen auf“, bat er seinen Assistenten,
„ich kann heute keinen klaren Gedanken fassen.“ Er nahm einen großen Schluck
Tee, japste und fing dann laut an zu fluchen, weil er sich die Zunge verbrannt
hatte. Das hatte ihm zu seinem Unglück gerade noch gefehlt.
„Hoppla“, grinste Hasenkrug,
verstummte aber sofort wieder, als ihn sein Chef mit einem vernichtenden Blick
bedachte. Er räusperte sich. „Also“, begann er dann, „da haben wir zum einen
die Ehefrau, Fenna Krayenborg. Motiv: Jahrzehntelange Ehehölle. Dann haben wir
den Sohn, Immo, der von seinem Vater Druck bekam, weil er den Hof auf Bio
umgestellt hat. In eine ähnliche Richtung geht der Verdacht bei Eike Diekhoff,
dessen Tiere der Tote anscheinend mit Wachstumshormonen vollgepumpt hat, was
allerdings nicht bewiesen ist.“
„Tote können niemandem
vollpumpen“, knurrte Büttner, der es nicht ausstehen konnte, wenn sich jemand
ungenau ausdrückte.
„Guter Hinweis“, sagte Hasenkrug
und verzog den Mund, fuhr dann aber unbeirrt fort: „Jan Scherrmann könnte es
gewesen sein, weil er kurz vor Krayenborgs Tod eine Auseinandersetzung mit ihm
hatte und des Stammtisches verwiesen wurde.“
„Eher unwahrscheinlich, dass man
deswegen gleich jemanden umbringt“, warf Büttner ein.
„Ja, sehe ich genauso. Na ja, und
dann haben wir noch eine gewisse ...“, Hasenkrug blätterte kurz in seinen Notizen,
„ach ja, hier, Hermine Sanders, die ein uneheliches Kind von Krayenborg
bekommen hatte, das er nie anerkannte, weswegen sie sich von ihm schlecht
behandelt fühlte. Auch ein schönes Motiv, wenn Sie mich fragen. Wer weiß, ob da
nicht in letzter Zeit noch was vorgefallen ist zwischen den beiden.“
„Diese Hermine Sanders müssten
wir heute mal besuchen“, sagte Büttner und schaute mit finsterem
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