Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
Dettmer keineswegs
übertrieben. „Hubert Sanders?“, sprach er ihn an.
„W-wer will das w-wissen?“,
lallte der Mann zurück.
„Wir sind von der Polizei.“
„Ha-hab nichts ge-tan.“
„Es geht um Lübbo Krayenborg.“
„Lassen Sie meinen Jungen in
Ruhe!“, hörten sie im nächsten Moment Hermine Sanders keifen. Sie hatte wieder
ihren Platz am Fenster eingenommen. „Hubert, komm sofort rein! Gibt gleich
Mittagessen.“
Hubert zuckte mit den Schultern.
„Tsch-schüß denn.“ Damit drehte er sich um, geriet ins Schwanken und wäre
beinahe von einem Auto erfasst worden, das soeben von einem der
Nachbargrundstücke ausgeparkt war und nun beim Anfahren heftig Gas gab. Im
letzten Moment konnte Hasenkrug ihn am Hemd zurückreißen.
„He, w-was f-fällt dir ein,
m-mich festzu-h-halten, A-Arschloch“, schimpfte Hubert und stieß den jungen
Polizisten beiseite. Der setzte zu einer empörten Erwiderung an, wurde aber von
Büttner zurückgehalten.
„Lassen Sie ihn, Hasenkrug, so
lange er in diesem erbärmlichen Zustand ist, wird er uns sowieso keine Hilfe
sein.“
Als die Polizisten wenig später
ins Dorf hineinfuhren, kam ihnen an der Ecke Uferstraße/Canhuser Ring Jan
Scherrmann entgegen und grüßte freundlich.
„Moin, Herr Scherrmann“, rief ihm
Büttner aus dem geöffneten Autofenster entgegen, „wir wollen zu Johann
Schepker. Wenn wir richtig informiert sind, wohnt der genau gegenüber von
Krayenborgs.“
„Moin, die Herren. Ja, können Sie
gar nicht verfehlen. Und, haben Sie den Mörder schon gefunden?“
„Ich dachte, es hätte sich
inzwischen vielleicht herumgesprochen, wer es war. Sowas geht in Canhusen doch
sicherlich sehr schnell“, konterte Büttner.
„Nein, tut mir leid“, lachte Scherrmann,
„in dieser Sache tut sich nichts. Eher tun hier alle so, als wäre gar nichts
passiert.“
„Wir waren gerade bei Hermine
Sanders und ihrem Sohn. Kennen Sie die?“
„Nicht wirklich. Sie habe ich
erst einmal gesehen, seit ich hier wohne. Hubert schwankt ab und an mal an
meinem Haus vorbei, gesprochen habe ich aber noch nie mit ihm. Dafür kenne ich
aber schon alle Geschichten, die man sich hier so über die beiden erzählt. Hat
es nicht leicht gehabt, die alte Frau, und der Junge ... na ja. Ein Bastard eben.
In den sechziger Jahren stand darauf noch die Höchststrafe. Und die hat er
bekommen, doppelt und dreifach. Verdächtigen Sie die beiden etwa?“
„Im Moment ist hier jeder
verdächtig. Alle zu befragen gehört zur Routine.“
„Na, da haben Sie sich ja was
vorgenommen.“
„Ja, deswegen fahren wir jetzt
auch weiter“, nickte Hasenkrug. „Einen schönen Tag noch, Herr Scherrmann.“
„Ebenso.“
„Herr Schepker!?“, rief
Hauptkommissar Büttner wenig später und klingelte erneut an der Tür. „Machen
Sie bitte auf, hier ist die Polizei!“
Nichts rührte sich. „Sieht so
aus, als wäre er nicht da“, bemerkte Hasenkrug, „und jetzt? Fahren wir zum
nächsten?“
„Suchen Sie jemanden?“, hörten
sie gleich darauf eine Frauenstimme, die sich ihnen von hinten näherte.
„Moin. Ja, wir suchen Johann
Schepker. Wissen Sie, wo er ist?“, erwiderte Hasenkrug.
„In welcher Angelegenheit denn?“
„Lübbo Krayenborg. Wir sind von
der Polizei. Das ist mein Chef, Hauptkommissar David Büttner, mein Name ist
Sebastian Hasenkrug.“
Sobald Hasenkrug das Wort Polizei
genannt hatte, war ein Schatten über das Gesicht der alten Frau gefallen. Sie
musterte die beiden Männer kritisch. „Wir waren zuhause als es passiert ist.
Alle beide. Wir haben Tatort geguckt und dann ...“
„Sie sind die Frau von Herrn
Schepker?“, unterbrach Büttner sie.
„Ja. Edith Schepker.“
„Wir würden Ihrem Mann gerne ein
paar Fragen stellen.“
„So“, erwiderte sie knapp und
kniff den Mund zu einem schmalen Strich zusammen. „Warum klingeln Sie dann
nicht einfach?“
„Haben wir ja, mehrfach sogar.
Aber Ihr Mann macht nicht auf.“
„Er macht nicht auf?“ Frau
Schepker schüttelte den Kopf. „Er ist ein wenig schwerhörig, wissen Sie. Unser
Sohn hat extra die Klingel lauter gestellt. Aber das hat auch nicht viel
geholfen.“
„Nun, jetzt sind Sie ja da. Sie
nehmen uns ja bestimmt mit rein.“
„Wenn’s sein muss“, erwiderte
sie, klang aber nicht sonderlich begeistert.
„Ja, bitte. Wir untersuchen einen
Mordfall, da ist jede Aussage wichtig.“
„Ich sagte bereits, dass ...“
„Es ist reine Routine, Frau
Schepker“, warf Hasenkrug ein, „wirklich, reine
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