Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
ist.“
„Jan Scherrmann?“, fragte Büttner
erstaunt. „Wie spät war das?“
„So gegen halb sechs, schätze
ich.“
„Sonst hast du nichts
beobachtet?“
„Nein. Aber ich war auch nicht so
lange auf dem Friedhof, eine halbe Stunde vielleicht. Dann hat es angefangen zu
regnen. Da bin ich wieder rein. Hab im Wohnzimmer noch ein wenig Fernsehen
geguckt. Und dann bin ich gegen halb sechs nach oben in mein Zimmer. Ja, und
dann habe ich Scherrmann gesehen.“
„Hat Scherrmann irgendwas
Besonderes gemacht? Hat er sich auffällig verhalten?“
„Nein. Er ist nur die Lohne runter. Schien es eilig zu haben, aber es hat ja
auch geregnet. Wollte bestimmt nicht nass werden.“
„Wer die Leiche von Gustav
Grensemann in das offene Grab gelegt hat, hast du nicht gesehen?“
„Nee, ganz bestimmt nicht. Hätte
ich dann schon gesagt.“
„Ich habe dich während der
Beerdigung oben am Fenster gesehen. Du bist zurückgeschreckt. Warum?“
„War mir peinlich, weil wir doch
so geglotzt haben, die Kleinen und ich. Gehört sich ja nicht, oder?“
„O. k.“, sagte Büttner und erhob
sich, nachdem er noch schnell seine Tasse geleert hatte, „das war’s erstmal.
Falls wir noch Fragen haben, kommen wir noch mal auf dich zu, Kevin.“
„Kein Problem.“
„Ach, Frau Koopmann“, wandte sich
Hasenkrug an die junge Mutter, „wann kommt eigentlich Ihr Mann zurück?“
„In zwei Tagen“, antwortete sie
und strich sich lächelnd über den Bauch. „Dann bleibt er für ein paar Wochen.“
„Wann kommt denn das Kind?“,
fragte Büttner.
„In drei Monaten, mein Mann hat schon
Elternzeit angemeldet und bleibt dann erstmal hier.“
„Na dann, alles Gute, Frau
Koopmann.“ Büttner schüttelte ihr herzlich die Hand. „Dir auch, Kevin“, fügte
er hinzu und schenkte dem jungen Mann ein Lächeln.
„Passt schon“, erwiderte der und
zeigte ein schiefes Grinsen.
„Glauben Sie diesem Kevin?“,
fragte Hasenkrug, als sie wieder im Auto saßen.
„Ja. Schade eigentlich. Aber der
war es ganz bestimmt nicht.“
„Was macht Sie da so sicher?“
„Ist so ein Gefühl.“
15
Luise Alberts kam gegen Auflagen
wieder auf freien Fuß. Der Staatsanwalt hatte argumentiert, dass es nach dem
neuerlichen Mordfall zu viele Fragezeichen gebe, als dass man zweifelsfrei
davon ausgehen könne, dass die Tierärztin die ersten beide Morde begangen habe. Zumal sie für den Mord an Lübbo Krayenborg ja auch ein
Alibi vorweisen könne - zumindest solange, wie die Angaben der Gerichtsmedizin
zum vermuteten Zeitpunkt der Einnahme des Giftes und zum Todeszeitpunkt
bestehen blieben. Und bisher hatte Dr. Anja Wilkens keinen Grund gesehen, ihre
diesbezüglichen Untersuchungsergebnisse zu revidieren.
Außerdem ging man in der
Staatsanwaltschaft davon aus, dass es zwischen den drei Morden einen
unmittelbaren Zusammenhang gab. Man hielt es dort für unwahrscheinlich, dass es
in dem kleinen Dorf Canhusen innerhalb von gut einer Woche zu drei Morden kam,
die nichts miteinander zu tun hatten. Schließlich könne man in einem Ort mit
nicht einmal zweihundert Einwohnern schwerlich von großstädtischen
Verhältnissen reden, wo so etwas schon mal passieren könne, hatte der leitende
Staatsanwalt gesagt. Es sei nun an der Zeit, dass die Polizei ihre Arbeit mache
und Erfolge vorzeige, damit die Canhuser endlich wieder ruhig schlafen könnten.
Diese Feststellung war Büttner
verständlicherweise bitter aufgestoßen. Schließlich taten er und Hasenkrug seit
Tagen nichts anderes als ihre Arbeit. O. k., mit dem Erfolg war es so eine
Sache. Der stellte sich eben nicht immer von heute auf morgen ein. Aber Büttner
war überzeugt, dass er schon noch kommen würde – wenn ihm nur endlich mal
jemand was zu diesem verdammten Foto erzählen würde! Nach wie vor geriet sein
Bauch heftig in Wallung, wenn er an das Schwarzweißbild mit den beiden
lachenden jungen Männern dachte. Was ein untrügliches Zeichen dafür war, dass
es für den Fall eine Bedeutung hatte. Allein, es fehlten die Fakten. Dem
Staatsanwalt aber konnte er schwerlich mit seinem Bauchgefühl kommen, wollte er
nicht einen Besuch beim psychologischen Dienst der Polizei riskieren.
Also hatten sie sich noch mal zu
Jan Scherrmann auf den Weg gemacht. Schließlich war dieser sowohl kurz nach dem
Mord an Johann Schepker als auch unmittelbar nach dem Mord an Gustav Grensemann
in der Nähe des jeweiligen Tatortes gesehen worden. Die Gerichtsmedizin nämlich
hatte den Todeszeitpunkt Grensemanns nun
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