Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
aufmachen!?“
Die Tür blieb geschlossen, dafür
aber lehnte sich vom Nachbargrundstück her eine ältere Frau in Kittelschürze
über den Gartenzaun. In der Hand hielt sie eine Rosenschere. „Sind Sie hier, um
den Kerl endlich zu verhaften?“, fragte sie mit glänzenden Augen.
„Verhaften?“, fragte Hasenkrug
zurück, „wen denn?“
„Na, den Jungen, Kevin, wen denn
sonst?“ So, wie sie den Namen aussprach, klang er wie Kefin mit besonders
breitem E.
„Und was hat er Ihrer Meinung
nach ausgefressen?“
„Ach, der macht doch komische
Sachen, seit er auf der Welt ist. Macht seinen Eltern nichts als Kummer. Aber
nu ja, ist ja auch kein Wunder, bei den Verhältnissen.“
„Was denn für Verhältnisse?“
Büttner gefielen solche Nachbarn, die freiweg jedem alles erzählten - so lange
es nicht seine eigenen waren. Für polizeiliche Ermittlungen waren sie Gold
wert.
„Ach, man will ja nichts Böses
über die Leute sagen. Gerade die Mutter, Ursula, gibt sich so viel Mühe. Aber
mit sieben Kindern ... und nun ist sie ja schon wieder schwanger. Wo das noch
hinführen soll, weiß kein Mensch.“
„Sieben Kinder? Und dieser ...
Kevin ...“
„Ist der Älteste. Dann sind da
die vier Mädchen, Chayenne, Chantal, Selina und Shanice. Und die beiden
Kleinen, Justin und Sidney.“
„Aha.“ Büttner wurde so langsam
klar, mit welcher Sorte Familie er es hier zu tun hatte. „Und der Vater?“
„Oliver. Der ist auf Montage. Ist
nicht oft hier. Seine Frau sitzt meist allein mit den ganzen Kindern.“
Büttner stutzte. Wenn der Vater
nicht da war, dann konnte der Mann am Fenster unmöglich er gewesen sein.
„Frau ...“, er sah die Dame am
Gartenzaun fragend an.
„Janssen.“
„Frau Janssen. Eine Frage hätte
ich noch. Haben Sie hier heute Nacht irgendwas beobachtet?“
„Sie meinen die Geschichte auf
dem Friedhof. Jo, das ist ja mal’n Ding. Erst Lübbo
und Johann und jetzt auch noch Gustav. Nee, nee, wer hätte das gedacht.“
„Sie haben die drei Männer
gekannt?“
„Natürlich, sie sind ja mit
meinem Vater befreundet. Da kriegt man schon’n bisschen Angst um ihn, wenn man
sich das so anguckt, das können Sie mir glauben.“
„Wer ist denn Ihr Vater, wenn ich
fragen darf?“
„Na, Menno Buurmann. Den haben
Sie doch auch schon befragt.“
„Menno Buurmann ist Ihr Vater?
Dann können Sie ...“, setzte Büttner an, doch in diesem Moment rief eine junge
Stimme aus dem Hintergrund: „Hallo Oma, Mama fährt zum Einkaufen. Sie fragt, ob
sie dir was mitbringen soll.“ Ein junges, schlankes Mädchen in Minirock und
bunt gemustertem Top trat an die Seite von Frau Janssen.
Die nickte ihrer Enkelin zu. „Ja,
Amelie, ich habe schon einen Einkaufszettel geschrieben.“ Sie kramte in der
Tasche ihrer Kittelschürze und reichte ihr einen Zettel.
Büttner räusperte sich. „Frau
Janssen, ich hatte gefragt, ob Sie in der letzten Nacht oder danach etwas
beobachtet haben auf dem Friedhof.“
„Sind Sie von der Polizei?“, fragte
stattdessen Amelie.
„Ja.“ Büttner stellte sich und
seinen Kollegen vor. „Und du bist wohl die Urenkelin von Menno Buurmann.“
„Ja. Ich hab was gesehen heute
Nacht.“
„Was?“ Büttner schaute sie
irritiert an.
„Sie fragten meine Oma, ob sie
was auf dem Friedhof gesehen hat. Hat sie aber nicht, wir haben uns vorhin
schon darüber unterhalten. Aber ich hab was gesehen. Besser gesagt jemanden.“
„Ach ja?“, mischte Hasenkrug sich
ein. „Und hast du ihn erkannt?“
„Klar. Es war Kevin.“
„Der Junge von nebenan?“
„Ja, genau.“
„Und was genau hast du gesehen?“
„Er hat sich auf dem Friedhof
rumgetrieben. Muss so gegen vier Uhr gewesen sein.“
„Und da warst du wach, mitten in
der Nacht?“, fragte Büttner erstaunt.
„Klar. Ich hatte ein Date auf
Facebook. Der Typ wohnt in Australien. Zeitverschiebung, Sie verstehen?“
„Ähm ... ja ... klar.“ Büttner
fragte sich gerade, ob seine Tochter, die nur wenig älter war als Amelie,
womöglich auch mitten in der Nacht mit dem anderen Ende der Welt kommunizierte.
Er musste sie mal danach fragen. „Und wie kam es dann, dass du am Friedhof
warst?“
Amelie verdrehte die Augen. Ganz
offensichtlich hielt sie ihn für begriffsstutzig. „Ich war nicht am Friedhof.
Ich habe aus meinem Fenster gesehen.“
„Ach so. Wo wohnst du denn?“
„Na, da drüben.“ Amelie zeigte
auf ein Haus, das sich ein Stück die Lohne hinunter direkt neben dem Friedhof
befand.
„Und was genau hast
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