Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
täte
nicht zur Sache?“ Büttner zog ungläubig die Augenbrauen hoch. „Für wie dumm
halten Sie uns eigentlich, Scherrmann?“
„Sie wurden immer entweder
unmittelbar vor oder nach den Morden in der Nähe des Tatorts gesehen, Herr
Scherrmann. Zufall? Das kann ja wohl nicht sein“, mischte sich nun Sebastian
Hasenkrug ins Gespräch, der bis zu diesem Zeitpunkt geschwiegen hatte. Die
Verkündung seines Chefs, Scherrmann stehe von jetzt an unter dringendem
Tatverdacht, hatte ihn ziemlich mitgenommen. Er hatte die frische und angenehme
Art des freundlichen Anwalts immer gemocht. Niemals hätte er ihm ein solches
Versteckspiel und schon gar keinen Mord zugetraut. Er war zutiefst erschüttert
und hatte sich von dem Schrecken erstmal erholen müssen. Jetzt aber kehrte
seine Professionalität langsam zurück, und er fand, dass hier noch eine ganze
Menge offene Fragen zu klären waren.
„Ja, Zufall, so wird es wohl
gewesen sein“, antwortete Scherrmann, und so langsam schien er seine
Selbstsicherheit zurück zu gewinnen.
„Was genau hat Sie veranlasst,
die vier Männer umzubringen? War es rein aus Rachegelüsten heraus?“, versuchte
es Büttner erneut.
„Lübbo Krayenborg wurde von
seiner Frau umgebracht, das wissen Sie genauso gut wie ich. Also, wenn
überhaupt, dann bleiben noch drei Morde übrig. Oder womöglich doch vier“, fügte
er nach kurzem Nachdenken und mit einem Schmunzeln hinzu.
„Vier?“, fragte Büttner. „Wie
kommen Sie jetzt doch auf vier Morde?“
„Na, falls der gute Rudolf Lampe
umgebracht wird, während Sie hier mit mir Ihre Zeit verplempern, dann sind es
wieder vier.“
Büttner schluckte. Das war nun
wirklich eine Vorstellung, die ihm so gar nicht behagte. „Nun lenken Sie mal
nicht von sich ab, Scherrmann“, knurrte er ungehalten. „Sie glauben doch wohl
selbst nicht, dass da ...“. Er stutzte. „Oder haben Sie etwa einen Komplizen,
der für Sie die Drecksarbeit macht, während Sie zuhause Ränkepläne schmieden?“
„Klar, ich habe einen
Auftragsmörder engagiert, um mir nicht selbst die Finger schmutzig machen zu
müssen. Fragen Sie doch mal bei der Russenmafia nach, die werden Ihnen bestimmt
gerne den Namen desjenigen nennen, der plündernd und mordend durch Canhusen
zieht, weil er gerade nichts besseres zu tun hat.“
Büttner verzog sein Gesicht zu
einer Grimasse. Mist! Jan Scherrmann hatte seinen Schock anscheinend schnell
überwunden und war jetzt wieder auf Zack. Das würde ein Geständnis nicht wahrscheinlicher
machen.
„Was genau hat Ihr Stiefvater
Ihnen eigentlich angetan?“, fragte der Hauptkommissar, um Scherrmann wieder an
seinem wunden Punkt zu treffen und ihn dadurch erneut zu verunsichern. Aber der
Schuss ging ins Leere.
„Nette Strategie, Herr Hauptkommissar“,
antwortete Scherrmann lächelnd, „aber Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass
ich hier meine, zugegebenermaßen abscheuliche Kindheit vor Ihnen ausbreite.“
„Was macht Ihre Mutter heute?“,
startete Hasenkrug einen weiteren Versuch, und tatsächlich umwölkte sich
Scherrmanns Stirn für einen kurzen Augenblick. Aber er hatte sich gleich wieder
im Griff. „Sie ist vor rund 18 Monaten gestorben“, antwortete er.
„Das tut mir leid“, sagte
Büttner, und das meinte er durchaus ernst. „Hatte sie denn wenigstens noch ein
paar schöne Jahre?“
„Sie meinen, so wie Fenna
Krayenborg, nachdem ihr prügelnder Alter endlich unter der Erde ist?“, fragte
Scherrmann, und seine Stimme klang bitter.
„Ja ... ja, so ähnlich“,
stammelte Büttner und spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Diesem
Scherrmann gelang es, den Spieß einfach umzudrehen, wie er mit einer gewissen
Anerkennung feststellen musste.
„Ja, Gott sei Dank ist der werte
Gatte meiner Mutter, seines Zeichens übrigens ein hoch angesehener Richter am
Arbeitsgericht, tatsächlich schon vor 20 Jahren einem Herzinfarkt erlegen. Und
ich kann nicht behaupten, dass mir das auch nur eine Sekunde leid getan hat.
Und meiner Mutter im übrigen auch nicht. Sie hat sich
trotzdem nicht mehr von ihrer Tablettensucht erholt. Ihr Leben war also auch
nach dem Tod des widerwärtigen Arschlochs kein Picknick, das können Sie mir
glauben.“
„Haben Sie deswegen zeitlebens
von Ihren Ehemännern gequälte und misshandelte Ehefrauen verteidigt?“, fragte
Hasenkrug, der sich an ein Gespräch erinnerte, in dem Scherrmann so was erwähnt
hatte.
„Nun, was glauben Sie?“, stellte
Scherrmann die Gegenfrage und sah den jungen
Weitere Kostenlose Bücher