Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
würde diese Person es ihm ja sogar sagen
und nicht wieder nur erschrocken gucken und dann so tun, als wisse er oder sie
von nichts. Könnte er es zum Beispiel riskieren, Fenna Krayenborg dieses Foto
vorzulegen? Oder würde sie dann sofort wieder einen hysterischen Anfall
bekommen, weil sie dieses Bild an ihre große Liebe Tammo Freerksen erinnerte?
Nun, es nützte ja nichts, er musste es riskieren. Vielleicht war ja genau diese
Tabea der Schlüssel zu den Mordfällen.
Einer plötzlichen Eingebung
folgend, griff David Büttner zum Telefon. „Hasenkrug“, sagte er, nachdem dieser
im Nachbarbüro abgenommen hatte, „geben Sie mir doch bitte mal die
Telefonnummer von Trientje Müller, Sie wissen ja, das ist die Schwester von
Menno Buurmann.“ Nur wenig später wählte er ihre Nummer in Oldenburg und musste
nicht lange warten, bis am anderen Ende der Leitung abgenommen wurde.
„Frau Müller“, begann er, nachdem
er sich vorgestellt hatte, „ich habe hier Ihr Fotoalbum vorliegen. Sie hatten
es meinem Kollegen Hasenkrug mitgegeben. Nun, ich bin beim Durchsehen der Bilder
auf ein Foto gestoßen, auf dem eine junge Frau Namens Tabea abgebildet ist. Es
wurde 1949 aufgenommen. Können Sie sich an die Dame erinnern?“
„Ja, sicher“, antwortete sie
prompt. „Tabea und ich waren damals eng befreundet, über mich hat sie doch
Siebo kennengelernt, der dann ...“
„Ja, einer der jungen Männer, die
damals erschossen wurden, ich weiß“, kürzte Büttner ihre Ausführungen ab. „Wie
mir berichtet wurde, ist Ihre Freundin Tabea nach dem Tod von Siebo Manninga
weggezogen. Wissen Sie, wohin?“
„Sie ist damals ins Ruhrgebiet gegangen, wollte ganz neu anfangen.“ Trientje Müller
machte eine längere Pause, und fast war es Büttner, als hörte er am anderen
Ende ein Schluchzen.
„Frau Müller“, erkundigte er
sich, „ist alles in Ordnung?“
„Ja, ja, natürlich. Ich musste
nur gerade ...“ schniefte sie stammelnd in den Hörer, „Tabea ist damals sehr
unglücklich geworden, wissen Sie. Sie hatte da einen anderen Mann
kennengelernt, den sie dann geheiratet hat. Oh je, da hatte sie aber einen
großen Fehler gemacht. Dieser Mann, er ... war nicht gut zur ihr. Zuerst hat
sie mir noch ab und zu Briefe geschrieben, sie muss sehr unglücklich gewesen
sein. Aber irgendwann kam nichts mehr. Ich habe auch versucht sie anzurufen,
weil ich mir Sorgen gemacht habe. Aber ich habe sie nicht erreicht, immer war
nur dieser furchtbare Mensch am Apparat und hat gesagt, Tabea sei für niemanden
zu sprechen. Da hab ich es schließlich aufgegeben. Und dann habe ich nie wieder
was von ihr gehört.“
„Was heißt, ihr Mann war nicht
gut zu ihr?“, hakte Büttner nach. „Hat er sie geschlagen?“
„Ach, ja, es muss ganz furchtbar
gewesen sein, immer wieder schrieb sie von Prügelattacken. Aber noch viel mehr
Sorgen, als um sich selbst, machte sie sich um den Lütten.“
„Welcher Lütte?“, fragte Büttner.
„Hatte Tabea ein Kind?“
„Ja, sicher, den lütten ... wie
hieß er noch gleich?“ Sie schien zu überlegen, denn für eine ganze Weile war
Ruhe in der Leitung. Büttner wollte sie nicht drängen, denn er hatte das
Gefühl, dass die Informationen dieser Frau ihn womöglich ein ganzes Stück
weiterbrachten. Also wartete er geduldig ab.
„Johannes“, sagte sie
schließlich. „Ja, jetzt weiß ich es wieder. Er hieß Johannes. Aber sie nannte
ihn nur Jan. Sie fand, das klang friesischer. Und sie hatte doch immer solches
Heimweh.“
„Jan.“ Nun war es an Büttner zu
schweigen, und plötzlich wusste er auch, an wen ihn Tabea erinnerte. Konnte es sein ...? „Frau Müller“, fuhr er dann fort und spürte, wie
sein Herz anfing schneller zu schlagen, „Frau Müller, können Sie sich noch an
den Nachnamen von Tabea erinnern? Ihren Nachnamen nach der Hochzeit, meine
ich.“
„Warten Sie mal, das war
irgendwas mit ... hm ... nee, das war doch ...“
Büttner klopfte ungeduldig mit
seinen Fingern auf das Foto, auf dem die lachende Tabea abgebildet war. Was barg
sie für ein Geheimnis? „Lassen Sie sich ruhig Zeit, Frau Müller“, sagte er
ruhiger, als ihm zumute war.
„Ja, jetzt weiß ich es“, sagte
sie nur wenig später. „Wissen Sie, ich hab schnell mal wo nachgesehen.
Scherrmann, hieß sie nach der Hochzeit. Tabea Scherrmann. Ja, jetzt weiß ich es
wieder.“
Büttner stockte der Atem.
Scherrmann! „Sind Sie ganz sicher, Frau Müller?“, hakte er noch mal nach. „Es
ist eine Information, die für
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