Das Testament der Götter
Ordnungskräfte ist ein Mann, der zu fürchten ist. Er hat etliche Laufbahnen vernichtet, um die seine zu festigen.«
»Ich habe zumindest einen glücklich gemacht, nämlich den Gärtner Kani! Er ist nun freier Arbeiter geworden und bereits nach Süden aufgebrochen.«
»Er ist einer meiner Lieferer von Heilpflanzen. Ein recht schwieriger Mensch, aber er liebt seinen Beruf. Qadasch dürfte dein Eintreten nicht geschätzt haben.«
»Er hat auf Denes’ Ratschläge gehört und sich dem Gesetz gebeugt.«
»Vorsicht ist geboten.«
»Denes behauptet, die Lehre verstanden zu haben.«
»Er ist vor allem Geschäftsmann.«
»Glaubt Ihr an die Aufrichtigkeit seines Sinneswandels?«
»Die meisten Menschen verhalten sich nach den Erfordernissen ihrer eigenen Belange.«
»Habt Ihr Neferet wiedergesehen?«
»Neb-Amun läßt sie nicht aus seinen Fängen. Er hat ihr die Vermählung vorgeschlagen.« Paser wurde bleich. Brav, der die Verwirrung seines Herrn sogleich wahrnahm, blickte zu ihm auf. »Hat sie … abgelehnt?«
»Neferet ist zart und sanftmütig, doch niemand wird sie zwingen, gegen ihren Willen zu handeln.«
»Sie hat es abgelehnt, nicht wahr?« Branir lächelte.
»Kannst du dir auch nur einen Augenblick Neb-Amun und Neferet als Eheleute vorstellen?« Paser verbarg seine Erleichterung nicht. Beruhigt schlummerte der Hund wieder ein. »Neb-Amun will sie niederzwingen«, fügte Branir hinzu. »Auf der Grundlage falscher Berichte hat er ihre Unfähigkeit verfügt und sie aus der Gemeinschaft der amtlich bestallten Heilkundigen gejagt.« Der Richter ballte die Fäuste. »Ich werde diese falschen Zeugenaussagen anfechten.«
»Da wirst du kein Glück haben; zahlreiche Heiler und Arzneikundler stehen in Neb-Amuns Diensten und werden ihre Lügen aufrechterhalten.«
»Sie muß verzweifelt sein …«
»Sie hat beschlossen, aus Memphis fortzuziehen und sich in einem Dorf nahe Theben niederzulassen.«
18. Kapitel
»Wir reisen nach Theben«, verkündete Paser Wind des Nordens.
Der Esel nahm die Neuigkeit zufrieden auf. Als der Gerichtsschreiber Iarrot die Reisevorbereitungen bemerkte, sorgte er sich deswegen. »Bleibt Ihr lange fern?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wo werde ich Euch, falls nötig, erreichen können?«
»Ihr werdet die Vorgänge bis zu meiner Rückkehr zurücklegen.«
»Aber …«
»Versucht, pünktlich zu sein; Eure Tochter wird nicht darunter leiden.«
Kem wohnte nahe der Werft, in einem zweigeschossigen Gebäude, in dem man an die zehn Unterkünfte von zwei und drei Zimmern eingerichtet hatte. Der Richter hatte den Ruhetag des Nubiers zum Reisetag erkoren und hoffte, ihn im Hort anzutreffen. Mit starrem Blick öffnete der Babuin die Tür.
Der Hauptraum war mit Lanzen, Schleudern und Messern angefüllt. Der Ordnungshüter war gerade dabei, einen Bogen instand zu setzen.
»Ihr hier?«
»Ist Euer Beutel bereit?«
»Hattet Ihr die Reise nicht aufgegeben?«
»Ich habe meine Meinung geändert.«
»Wie Ihr befehlt.«
Schleuder, Lanze, Dolch, Keule, Knüttel, Streitaxt, rechteckiger Schild aus Holz, all diese Waffen hatte Sethi während dreier Tage mit großer Fertigkeit gehandhabt. Er hatte die Sicherheit eines kampfbewährten Soldaten bewiesen und sich so die Bewunderung der Offiziere erzwungen, denen die Betreuung der zukünftigen Jungkrieger oblag. Als Abschluß dieser Erprobungszeit waren die Anwärter zum Soldatenleben im großen Hof der Hauptkaserne von Memphis zusammengerufen worden. Zur einen Seite die Verschläge der Pferde, die das Schauspiel neugierig beäugten; in der Mitte ein riesiges Wasserbecken.
Sethi hatte die Stallungen besichtigt, die über von Rinnen durchfurchten Pflastersteinen errichtet waren, in denen die Schmutzwasser abflossen. Die Reiter und die Wagenlenker hätschelten ihre Pferde; gut genährt, sauber und gepflegt, wurden ihnen beste Bedingungen zuteil. Ebenso hatte der junge Mann die Unterkünfte der Soldaten gewürdigt, die eine Baumreihe beschattete.
An soldatischer Zucht und Ordnung jedoch fand er weiterhin keinerlei Gefallen. Drei Tage Befehle und Gebell der unteren Offiziere hatten ihm die Lust am Abenteuer im Wehrkleid ausgetrieben. Die feierliche Vereidigung fand nach genauen Richtlinien statt; sich an die Freiwilligen wendend, versuchte ein Offizier sie endgültig zu überreden, indem er ihnen die Freuden beschrieb, in deren Genuß sie in den Reihen der Streitkräfte kommen würden. Sicherheit, Achtbarkeit und ein behagliches Ruhegehalt fanden sich
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