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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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zu treffen.« Als er den Bogen spannte, glaubte Sethi, die Muskeln seines Rückens würden reißen. Schwarze Punkte tanzten ihm vor den Augen. Die Spannung beibehalten, den Pfeil ausrichten, zielen, den Einsatz vergessen, das Ziel verinnerlichen, zu Bogen und Pfeil werden, durch die Luft fliegen, sich ins Mark des Baums bohren … Er schloß die Augen und schoß. Der Söldner trat einige Schritte vor. »Fast in der Mitte.«
    Sethi hob den zweiten Pfeil auf, spannte den Bogen erneut und zielte auf den Krieger. »Du bist unvorsichtig.« Der Söldner ließ sein Schwert fallen. »Ich habe die Wahrheit gesagt«, bekräftigte Sethi. »Ist gut, ist gut!«
    Der junge Mann ließ den Pfeil schnellen. Er bohrte sich ins Ziel, rechts neben den ersten. Der Soldat seufzte auf.
    »Wer hat dir beigebracht, den Bogen zu handhaben?«
    »Das ist eine Gabe.«
    »Zum Fluß, Krieger. Säubern, Einkleiden und Mittagsmahl.« Mit seinem bevorzugten Bogen aus Akazienholz bewaffnet, mit Stiefeln, einem wollenen Überwurf sowie einem Dolch ausgestattet, angemessen genährt, gewaschen und wohlriechend, erschien Sethi vor dem Offizier, der eine Hundertschaft von Fußsoldaten befehligte. Diesmal hörte dieser ihm aufmerksam zu und faßte einen Bericht ab. »Wir sind von unserem Stützpunkt und von Heerführer Ascher abgeschnitten. Er lagert mit einer Sondereinheit drei Tage Fußmarsch von hier. Ich schicke zwei Boten nach Süden, damit das Hauptheer schneller vorrückt.«
    »Ein Aufstand?«
    »Zwei asiatische Zwergkönige, ein persischer Stamm und verbündete Beduinen. Ihr Anführer ist ein verbannter Libyer namens Adafi und Prophet eines Rachegottes. Er hat beschlossen, Ägypten zu vernichten und Ramses’ Thron zu besteigen. Ein Hampelmann für die einen, ein gefährlicher Wahnsinniger für die anderen. Er greift mit Vorliebe überfallartig an, ohne auf Verträge Rücksicht zu nehmen. Wenn wir hier bleiben, werden wir niedergemetzelt; zwischen Ascher und uns liegt eine gut verteidigte Feste. Wir werden sie im Sturm nehmen.«
    »Verfügen wir über Streitwagen?«
    »Nein, aber über mehrere Leitern und einen Sturmturm auf Rädern. Es fehlte uns nur ein treffsicherer Bogenschütze.«
     
    Zehnmal, hundertmal hatte Paser versucht, sie anzusprechen. Doch er hatte sich damit begnügt, den Greis hochzuheben, ihn unter eine Palme, vor Wind und Sonne geschützt, zu betten, sein Haus zu reinigen und Neferet zur Hand zu gehen. Er lauerte auf ein Zeichen der Mißbilligung, einen vorwurfsvollen Blick. In ihre Arbeit vertieft, wirkte sie völlig gleichgültig. Am Vortag hatte der Richter sich in Kanis Garten begeben, dessen Nachforschung noch immer kein Ergebnis erbracht hatte. In aller Vorsicht hatte er gleichwohl die meisten Dörfer besucht und mit Dutzenden von Bauern und Handwerkern geplaudert. Keinerlei Spuren von dem aus Memphis heimgekehrten Altgedienten. Falls der Mann am Westufer wohnte, verbarg er sich gut.
    »In ungefähr zehn Tagen wird Kani Euch einen ersten Posten Heilpflanzen vorbeibringen.«
    »Der Dorfvorsteher hat mir ein verlassenes Haus am Rande der Wüste zugeteilt; es wird mir als Behandlungsstätte dienen.«
    »Und das Wasser?«
    »Man wird sobald als möglich einen Kanal verlegen.«
    »Eure Unterkunft?«
    »Klein, aber sauber und angenehm.«
    »Gestern noch Memphis, heute dieser verlorene Ort.«
    »Hier habe ich keine Feinde. Dort wartet der Krieg.«
    »Neb-Amun wird nicht ewig über das Kollegium der Heilkundigen herrschen.«
    »Das Schicksal wird entscheiden.«
    »Ihr werdet Euren Rang wiedererlangen.«
    »Was schert es? Ich habe ganz vergessen, Euch nach Eurem Schnupfen zu fragen.«
    »Der Frühlingswind bekommt mir nicht.«
    »Eine neuerliche Ausräucherung ist unerläßlich.« Paser fügte sich darein. Er liebte es, ihr zu lauschen, wie sie den reinigenden Brei zubereitete, mit dem Heilmittel hantierte, dieses auf den Stein strich und dann den Topf mit dem durchlöcherten Boden darübersetzte. Welche Bewegung auch immer sie ausführte, er genoß sie alle.
     
    Des Richters Kammer war von Grund auf durchwühlt worden. Selbst sein Fliegennetz war heruntergerissen, zusammengeknüllt und auf den Dielenboden geworfen, der Reisebeutel ausgeleert, Tafeln und Papyri verstreut, die Matte zertrampelt, Schurz, Obergewand und Überwurf zerschlitzt worden. Paser kniete nieder, um nach einem Hinweis zu suchen. Der Einbrecher hatte keine Spur zurückgelassen.
     
    Der Richter reichte seine Anzeige bei dem fettleibigen Beamten ein, der sich

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