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Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Das Testament der Jessie Lamb: Roman

Titel: Das Testament der Jessie Lamb: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Rogers , Norbert Stöbe
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Hunderttausende Embryos gelagert – Millionen. Und alle aus der Zeit vor dem Ausbruch des Muttertodsyndroms. Jungfräuliche, gesunde, nicht infizierte Embryos, die in Kühltruhen lagern.«
    »Warum?«
    »Bei der künstlichen Befruchtung bekommt die Frau Medikamente, die eine erhöhte Produktion von Eizellen zur Folge haben, sodass man mehrere gleichzeitig verwenden kann. Eizellen kann man nicht einfrieren, deshalb befruchten wir sie und setzen der Frau ein oder zwei Embryos ein. Die übrigen werden eingefroren, wenn sie in Ordnung sind. Man lagert sie für den Fall, dass eine Implantation scheitert oder später ein Geschwisterchen gewünscht wird.«
    »Verstanden.«
    »Da die meisten Frauen aber nur wenige befruchtete Eizellen nutzen, gibt es in den Kliniken Tiefkühltruhen voller Embryos. Seit dem Ausbruch von MTS hat sie niemand mehr angerührt.«
    »Dann könnte man diese Embryos also impfen.«
    »Bingo! Es gibt nur zwei Möglichkeiten, sich mit MTS anzustecken, entweder über die Plazenta oder wenn sie anfangen zu atmen; und beides schließen wir durch die Impfung aus.«
    »Warum hat Mum dann gemeint, es würde nichts bringen?«
    »Ach, die denkt sich doch immer alle möglichen Gegenargumente und Komplikationen aus. Aber man wird den Impfstoff bestimmt in der Klinik und an vielen anderen Orten in aller Welt testen.«
    »Die Frauen, die diese Babys bekommen sollen … die ersten …«
    »Ja, die haben bereits MTS . Aber sie werden für eine gute Sache sterben. Und es gibt auch noch verschiedene andere Möglichkeiten; man könnte die tiefgefrorenen Embryos in künstlichen Gebärmüttern heranreifen lassen, oder in Tieren – alle diese Alternativen sind jetzt, da wir die Embryos impfen können, von höchstem Interesse.«
    »Was sind künstliche Gebärmütter?«
    »Inkubatoren. Maschinen, in denen Babys heranwachsen.«
    Für mich hatte das einen abstoßenden Klang.
    »Noch etwas Porridge für das nussbraune Mädchen?« Er teilte den Rest zwischen uns auf. Er war glücklich. Ich hingegen konnte nicht viel Gutes darin erkennen. Ja, er war von Anfang an glücklich. Ich hatte das Gefühl, dass die Forscher sich immer mehr verstrickten. Wenn es ein Heilmittel gab, dann sollte es nicht mit tiefgefrorenen, geimpften Embryos und künstlichen Gebärmüttern oder gar Tieren zu tun haben. Am Ende würden sie noch eine neue Rasse halb menschlicher Monster erschaffen. Mir kamen die Worte der FLAME -Frauen in den Sinn: Die männlichen Wissenschaftler würden immer die Kontrolle ausüben, weil sie die Einzigen wären, die wüssten, wie es funktioniert.
    Ich wollte mit Sal darüber sprechen, doch sie war nicht im College, und als ich sie ansimste, stellte sich heraus, dass sie mit ihrer Mum wieder nach Birmingham gefahren war. »Schlechte Neuigkeiten«, simste sie mir, und ich antwortete: »?«. Sie antwortete mit »sptr«. Ich war in einer düsteren, ohnmächtig aufgebrachten Stimmung. Ich konnte nichts Gutes in den Neuigkeiten sehen, die Dad verkündet hatte, und auch sonst gab es wenig Positives. Seit Sals Vergewaltigung hatte ich nicht mehr mit Baz gesprochen. Ich hatte ihm noch nicht einmal mitgeteilt, dass ich aus YOFI ausgetreten war. Ich wartete darauf, dass er sich bei mir meldete, doch das tat er nicht.
    Auf dem Heimweg vom College machte ich einen kleinen Abstecher über den Parkplatz vor dem Blockbuster-Videoverleih und bemerkte, dass mich zwei Typen anstarrten. Es war einer dieser Momente, da einen jemand anschaut und man ihm zufällig in die Augen sieht und er auf einmal glaubt, er müsste irgendetwas tun. Ich bin wirklich nicht gut darin, merkwürdigen Verrückten auszuweichen, aber diesmal hatte ich es richtig vermasselt. Ich dachte, wenn ich es schaffe, zwanzig Schritte unbeirrt weiterzugehen, werden sie mich in Ruhe lassen. Ich hatte noch keine zehn Schritte zurückgelegt, da verstellten sie mir den Weg. Sie hatten sich ihr langes Haar zum Pferdeschwanz gebunden, und der Größere trug einen Rucksack. »Willste mitkomm’?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Sind auch noch andere Pussys da«, meinte er und wies mit dem Kinn zur Haltestelle; auf einer Parkbucht drängten sich etwa dreißig Personen. Ansonsten war die Busstation menschenleer. Alle anderen hatten sich verdrückt.
    »Nein, danke, ich will nach Hause.«
    »Och! Sie will nach Hause, das ist ja reizend. Gib uns deinen Rucksack.«
    »Da ist nichts Wertvolles drin …«
    Er riss ihn mir von der Schulter.
    »Bitte nicht! Da ist meine Kursarbeit drin

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