Das Testament der Jessie Lamb: Roman
hochladen. Sie wussten, dass die Medien sich darauf stürzen würden. Aber es gab noch eine andere Gruppe Kids aus London, die dort eindringen und die Tiere befreien wollten. Davon haben wir erst am Morgen erfahren.«
»Und das Feuer im Labor …«
»Hatte nichts mit uns zu tun. Wir wollten keine Gewalt anwenden. Uns ging es nur darum, öffentlich zu machen, was dort passiert. Um alles Weitere sollten sich andere kümmern.«
»Die Kliniken müssen mit Straßensperren geschützt werden«, sagte ich. »Menschen wie mein Dad werden angegriffen.«
»Damit hat niemand gerechnet. Ich meine, ein paar Reporter und der harte Kern von ALF , vielleicht noch ein paar erboste Spenderinnen … Das hat niemand vorausgesehen …«
»Was habt ihr gemacht?«
»Als wir den Film ins Netz gestellt hatten, haben wir Plakate vorbereitet und sind früh am Morgen mit ein paar Taxis zum Demonstrieren hingefahren. Wir kamen kurz nach der Explosion dort an. Die Sicherheitskräfte drehten durch, dann erfuhren wir, dass die ALF -Leute, die ins Gebäude eingedrungen waren, die Tiere zu befreien versuchten. Die Polizei glaubte, wir gehörten dazu – sie wollten uns nicht in die Nähe lassen … und dann sind die Busse von FLAME aufgetaucht … und die Noahs …«
»Das hab ich im Fernsehen gesehen.« Ich gab das Rührei auf den Teller und schnitt eine Tomate in Scheiben.
»Die waren wie Heuschrecken, haben sich alles geschnappt, was nicht niet- und nagelfest war, Stöcke, Steine, Büsche, Teile vom Zaun.« Er war mit Nat dort gewesen, und sie wurden getrennt, als die Polizei die Reihen der Demonstranten durchbrach und jemand einen Brandsatz warf. Schwarzer Qualm wogte, alle mussten husten, und er verlor Nat aus den Augen. »Dann griff uns die Polizei auch noch von hinten an. Offenbar waren sie aus den Gebäuden herausgekommen. Immer mehr Rauch wehte über das Haupttor, und jemand meinte, das sei Tränengas.«
»Wie bist du weggekommen? Die Straßen waren gesperrt …«
»Ich hab es bis zur Mauer geschafft und bin daran entlang bis zur Rückseite des Geländes gegangen, wo die Verbrennungsanlage liegt. Ich bin hinübergeklettert und zur Straße gerannt. Dann bin ich den Nebenstraßen gefolgt und habe nach Straßenschildern nach Chester gesucht. In der Ferne waren Hubschrauber zu sehen, die kreisten über der Schnellstraße. Nach Einbruch der Dunkelheit fand ich eine unverschlossene Kirche, da hab ich drin geschlafen. Und heute Morgen bin ich nach Chester gelaufen und mit dem Zug hierhergefahren.«
»Und wie ist es Nathan ergangen?«, fragte ich.
»Ich glaube, er wurde festgenommen. Jessie?«
»Ja?«
»Hast du dich mit Iain getroffen?«
»Weshalb fragst du?«
»Er hat etwas Seltsames über dich auf der YOFI -Website veröffentlicht.«
»Seltsam, inwiefern?«
»Von wegen, du hättest dich für das Programm gemeldet.«
»Das kann doch nicht wahr sein …« Ich rannte ins Nebenzimmer und schaltete den Rechner ein.
Baz brachte seinen Teller mit, setzte sich aufs Bett und aß weiter, während ich ungeduldig wartete, dass der Computer hochfuhr. Dann rief ich die YOFI -Website auf und gab mein Passwort ein. Die Mitgliederseite baute sich auf, und als Erstes sah ich ein Foto von mir. Neue Freiwillige Jessie weist die Richtung .
»Das muss er heute Morgen gepostet haben. Ich bin in Chester ins Internet gegangen, um einen Blick auf die Seite von ALF zu werfen.«
»Das darf er nicht! Dazu hat er kein Recht!«
»Soll ich’s löschen?«
»Das ist geheim!«
Ich schaute zu, wie Baz sein eigenes Passwort eingab und in den Nachrichtenbereich ging. Er tippte konzentriert – eine Zeichenfolge, vermutlich ein weiteres Passwort. Eine Warnmeldung wurde angezeigt, doch er ignorierte sie und tippte weiter. Die Bildschirmanzeige gefror, dann verschwand die Hälfte. Er machte wiederholt eine Eingabe. Keine Reaktion. Er schloss den Browser und öffnete ihn erneut. Rief Google auf und gab die Adresse von YOFI ein. Die angeforderte Website ist vorübergehend nicht erreichbar . Er lachte. »Probier du’s mal.« Ich versuchte es und ließ die Seite neu laden, doch es passierte noch immer nichts. »Hat geklappt!«, meinte Baz lachend. »Iain sei Dank. Bei der Programmierung der Website wollte er diese Möglichkeit offenhalten für den Fall, dass sie gehackt würde.« Er wandte mir sein strahlendes Gesicht zu, beugte sich vor und küsste mich. Daraus wurde ein richtig langer Kuss. Als wir zwischendurch nach Luft schnappten, flüsterte Baz: »Und, magst
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