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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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mich hinwegbrandet und mit Donnergetöse gegen die Granitfelsen hinter mir prallt. Die Reuse wird von der schäumenden Strömung umgeworfen und mitgerissen, bis sie an der gespannten Kette auf dem Meeresboden liegen bleibt – direkt vor den Stufen, die vom Watt zur Kapelle hinaufführen.
    So nah, und doch unerreichbar fern!
    Nun mach schon, Sandra! Der Riegel, mit dem die Luke verschlossen wurde! Ich ziehe die Beine an und drehe mich im engen Käfig um, sodass die Luke wieder über meinem Kopf ist.
    Die Brandung braust über mich hinweg. Sand und Algen gleiten über mein Gesicht. Ein kleiner Fisch oder Wurm verfängt sich in meinen Fingern. Angeekelt wedele ich ihn fort.
    Mit der einen Hand wehre ich die Hummer ab, mit der anderen taste ich nach dem Riegel.
    Da ist er.
    Gott, ist mir kalt! Mein Kopf dröhnt vor Schmerz, meine vor Kälte tauben Finger zittern, und ich bekomme diesen Verschluss nicht auf! Am liebsten hätte ich vor Wut laut geschrien!
    Blubbernd steigen die Luftblasen an die schäumende Oberfläche. Meine Finger bluten. Aber der Riegel klemmt nach wie vor. Ich denke noch: Unter Wasser sieht mein Blut schwarz aus. Ein seltsamer Anblick: schwarzes Blut, das aus meinen Fingerspitzen quillt.
    Da tost ein zweiter Mascaret über mich hinweg, kleiner als der erste, und bricht sich an den Felsen. Der Sand tanzt in einer wirbelnden Spirale aus schillernden Luftblasen um mich herum. Das Wasser scheint zu kochen. Ein greller Blitz erleuchtet den Himmel, als wäre es heller Tag. Den grollenden Donner kann ich trotz des Tosens des Wassers hören.
    Ich muss hier raus! Ich muss auftauchen! Verzweifelt ruckele ich an dem Verschluss herum, während die Hummer auf mir herumkrabbeln. Ich kann sie auf meiner Haut spüren. Ich kralle meine Finger in das Drahtgeflecht und zerre immer wieder. Nichts zu machen. Hätte ich jetzt einen Dolch, dann könnte ich den Draht zerschneiden.
    Luft holen, sofort! Keine Zeit mehr! Mir platzen gleich die Lungen, mein Herz rast wie verrückt!
    Grelle Lichtfunken tanzen vor meinen Augen, das Meer um mich herum schimmert perlmuttfarben.
    Wieder ein fahlweißer Blitz, ganz nah jetzt! Das Gewitter entlädt sich direkt über dem Mont.
    Langsam atme ich die letzte Luft aus und spüre, wie mit einem gierigen, endlosen Atemzug eiskaltes Wasser und feiner Sand in meine Lungen strömt.
    Ein letzter Gedanke: Das war’s.
    Meine blutenden Finger lösen sich aus dem Käfiggitter.
    Ich huste und schlucke eiskaltes Wasser, vermischt mit feinem Sand.
    Dann wird es schwarz um mich.

Das dritte Siegel

    Und ich sah, als das Lamm das dritte von
den sieben Siegeln öffnete, ein schwarzes Pferd.
Und der darauf saß,
hatte eine Waage in seiner Hand.
    Apokalypse des Johannes

Yannic
Kapitel 52
    Auf der Rampe von der Merveille zum Felsenstrand
Viertel nach drei Uhr morgens
    Armlänge um Armlänge lasse ich mich an der steilen Lastenrampe hinab, bis ich die karstigen Granitfelsen erreiche, an denen sich bereits die Flut bricht. Komme ich zu spät?
    Ein greller Blitz, ein gewaltiger Donner, dann klatschen die ersten dicken Regentropfen auf die Felsen.
    Während ich mir Kukulle, Skapulier und Habit vom Leib reiße, weitet sich der Regen bereits zu einem sturzflutartigen Gewitterguss aus. Erschrocken bemerke ich, dass ich Conans Arc’hael-Mikael-Amulett verloren habe. Hat der Attentäter es mir abgenommen, als er Vittorinos Notizbuch zerriss?
    Die eisigen Tropfen prasseln auf meine nackte Haut, während ich die Sandalen von den Füßen schleudere und meine Sachen auf das Dach des Saint-Aubert-Brunnenhäuschens werfe, damit sie von der immer noch steigenden Flut nicht fortgespült werden. Ich klettere über die Felsen und stürze mich kopfüber ins Wasser, um die wenigen Schwimmstöße zur Kapelle hinüberzukraulen.
    Das Wasser ist tief, die Brandung gewaltig. Jede herandonnernde Woge droht mich an die Felsen zu schleudern. Ich werfe einen Blick über das Meer. Weit draußen haben Himmel und Wasser sich miteinander verbunden. Alles ist schwarz und bedrohlich.
    Mit kraftvollen Zügen schwimme ich an den hoch aufragenden Felsen entlang. Über mir erkenne ich die Wehrmauer, die fast senkrecht vom Klostergarten bis zum Felsenstrand herabführt. Jetzt ist es nicht mehr weit.
    Eine Welle spült mich ans Ufer, und mein Knie stößt schmerzhaft gegen einen Granitfelsen unter der Wasseroberfläche. Dann sehe ich vor mir die mit rostfarbenem Moos überkrusteten Stufen, die zur Saint-Aubert-Kapelle hinaufführen. Ich taumele

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