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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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das für mich?«
    »Festhalten und Kopf einziehen. Bei achterlichem Wind von der Seite knallt das Segel bei den Wenden von einer Seite auf die andere. Das bedeutet Blut oder Tränen.«
    »Was heißt das?«
    »Im besten Fall haut es dich in hohem Bogen vom Boot, was ziemlich schmerzhaft ist, und du versuchst, wieder an Bord zu klettern, während das Boot mit vollem Segel an dir vorbeirauscht. Im schlimmsten Fall haut es dich auch vom Boot. Und wenn dich die Rute mit dem Segel mit voller Wucht am Kopf erwischt …«
    Sie winkt ab. »Ich kann’s mir vorstellen.«
    »Also, bei einer Halse immer den Kopf runter und die Schot erst dichtholen, wenn das Segel rüberkommt. Dann schnell fieren, bis das Segel vor dem achterlichen Wind liegt. Dann kann ich auf die Kreuz gehen.«
    Sie verdreht genervt die Augen. »Und jetzt die verständliche Kurzfassung für den Trottel an Bord?«
    »Bleib wo du bist und fass nichts an. Ich mach das schon.«
    »Das wollte ich hören.« Sie lehnt sich gegen die Bootskante, streckt ihre langen Beine aus und versucht, sich trotz der Wogen, die sich immer wieder über das Deck ergießen, ein wenig zu entspannen. Die Böen reißen die Gischt von den Kämmen der Wogen und schlagen sie uns ins Gesicht, sodass wir blinzeln müssen. Das Salz brennt in den Augen.
    Sobald das Boot mit dem Bug in eine Welle taucht, erbebt der Rumpf unter dem harten Aufprall, ächzt und knarrt, und ich habe mit Schot und Ruder alle Hände voll zu tun, auch wenn ich das Boot gerade nicht wende. In voller Fahrt schießen wir an den Wällen und Türmen der Befestigungsanlagen vorbei – die Mole achteraus ist schon außer Sicht.
    Als wir kurz darauf den Windschatten des Mont verlassen, sehe ich eine riesige Woge auf uns zurauschen, zerre am Ruder und schaffe es, sie mit dem Bug voraus zu nehmen. Das Boot wird hochgerissen, immer höher, schwebt einige rasende Herzschläge lang wie schwerelos auf dem Wellenkamm, dann taucht es mit dem Bug tief in die tosende See.
    Alessandra, die sich inzwischen an den Mast gebunden hat, starrt wie gebannt nach vorn, wo sich schon die nächste Welle erhebt. Als sie sich kurz zu mir umsieht, erkenne ich, dass sie sehr blass ist und dass ihre Zähne klappern.
    »Bist du schon mal in einem solchen Sturm gesegelt?«
    »Ja.«
    »Wo war das?«
    »Draußen auf dem Atlantik. Achtzig Seemeilen westlich von Ouessant. Die Wellen waren noch ein bisschen höher.«
    »Was hast du da draußen gemacht?«
    Ich will sie nicht noch mehr beunruhigen, deshalb sage ich nur: »Ein bisschen gesegelt.«
    Sie schüttelt den Kopf und sieht wieder nach vorn.
    Als wir die Hälfte der Strecke bis zur Tombelaine geschafft haben, die zwischen den aufgewühlten Wellen kaum zu sehen ist, frage ich sie: »Geht’s noch?«
    »Ja.«
    »Ich kann dich an der Prieuré de Genêts absetzen. Oder an der Prieuré auf der Tombelaine.«
    Sie winkt ab. »Ich bleibe bei dir.«
    »Alessandra …«
    »Wenn du dich mit mir unterhalten willst, komm ich nach hinten. Das Brüllen gegen die Böen ist mir zu anstrengend. Ich bin schon ganz heiser vom Salzwasser.«
    »Ich muss wieder wenden. Bleib wo du bist.«
    »Dann halt die Klappe.«
    »Aye, Mylady!«
    Eine riesige Woge ragt plötzlich vor uns auf und stürzt tosend auf uns herab. Alessandra schreit laut auf, als die Sturzsee auf sie niederprasselt.
    Sobald das überkommende Wasser zum Bug abfließt, kehre ich schlitternd zurück zum Ruder – die See hatte mich von der Holzbank im Heck fortgeschwemmt. Ich packe das Ruder, reiße es herum und kann im letzten Augenblick den Bug in die nächste Woge drehen, die uns hochreißt in die Schwerelosigkeit, um uns gleich darauf wieder hinabzuschleudern.
    Das Segel knallt auf die andere Seite.
    Als ich es wieder unter Kontrolle habe, ist Alessandra verschwunden.
    »Alessandra!«
    Keine Antwort.
    Ist sie über Bord gegangen?
    »Alessandra!«
    Dann sehe ich sie. Mit blutender Stirn kriecht sie auf allen vieren vom Bug zurück zur Bootskante.
    »Alles in Ordnung?«
    »Bin in die Kette gekracht.«
    »Hast du Schmerzen?«
    »Nicht mehr als vorher«, meint sie trocken.
    »Du blutest.«
    Mit dem Ärmel fährt sie sich über die Stirn und wischt sich das Blut ab, bevor der Regen und die Gischt es ihr in die Augen spülen. Das Boot schießt die nächste Welle hinauf. Alessandra klammert sich an der Bootskante fest und dreht sich hektisch zu mir um. »Zeit, in Panik zu geraten?«
    »Noch nicht.«
    Mit aufgerissenen Augen beobachtet sie eine hohe, überschlagende

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