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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Boot zwischen den Wogen.

Yannic
Kapitel 84
    An Bord von Yannics Boot
Gegen halb elf Uhr morgens
    Alessandra ist über Bord gespült worden!
    Das Entsetzen überfällt mich wie eine eisige Sturzsee. Ich lasse das Ruder los und lehne mich über die Kante, aber ich kann sie nirgendwo entdecken.
    Die Wucht, mit der das Boot in die nächste Welle kracht, wirft mich fast um. Es steigt hinauf, scheint einen Augenblick über der Gischt zu schweben, dann rast es wieder hinunter und schlägt mit Getöse unten im Wellental auf.
    Alessandra ist jetzt drei oder vier Bootslängen achteraus. Sie wird in Panik geraten, weil sie in der hohen Dünung das Boot nicht mehr ausmachen kann.
    Ich sehe zum Mast hinüber. Das Seil, an dem sie hängt, knarrt laut. Es ist jetzt zum Zerreißen gespannt. Das Boot beginnt zu krängen und neigt sich gefährlich zur Seite. Alessandra wird am Seil vom Boot mitgeschleppt und wirkt dabei wie ein Anker, der die bedrohliche Schieflage bewirkt. Das Boot schlägt quer, ich kann es nicht mehr halten.
    Viel zu schnell nimmt es Wasser! Es geht nicht anders, ich muss das Seil kappen, an dem Alessandra hängt.
    Ich lasche das Ruder fest und krieche zum Mast hinüber, wo das Schwert des Satans in den Seilen hängt. Das Boot darf nicht sinken! Das Testament des Satans muss vernichtet werden!
    Erschöpft starre ich auf das gespannte Seil. Es wird bald durchgescheuert sein und reißen. Alessandra wird es niemals bis zur Küste schaffen. Nicht in diesem Sturm, nicht in diesen Wellen. Sie wird ertrinken.
    Ein Blick in die Wogen: Das Seil verschwindet zwischen den Schaumkronen. Alessandra kann ich nicht sehen.
    Die nächste Welle lässt das Boot beinahe kentern. Ich werde gegen den Mast geschleudert, kann mich aber im letzten Augenblick an einer Klampe am Mast festhalten.
    Ich sehe nach oben. Der Mast, das Fall, das Segel – alles ist überlastet. Aber ich habe keine Zeit mehr, das Segel zu bergen. Ich muss eine Entscheidung treffen: Alessandra oder ich.
    Nein!
    Ich krieche zurück zum Ruder und lasche es los. Die Schot brennt in meinen Händen. Langsam, viel zu langsam, dreht sich das Boot, immer noch ist es gefährlich gekrängt. Es kämpft mit der tosenden See. Schließlich gelingt es mir, es auf Südostkurs zu wenden, zurück zum Mont – Corentin entgegen. Der Wind von achtern bläht das Segel und jagt das Boot über die Wellen.
    Das Seil erschlafft, das Boot hebt sich wieder.
    Hat Alessandra das Seil gekappt, als sie gesehen hat, dass das Boot zu kentern drohte?
    Ich muss Acht geben, damit ich nicht über sie hinwegsegle. Einen Aufprall würde sie nicht überleben.
    Mit einem Ruck strafft sich das Seil wieder. Sie hängt noch dran!
    Ich fiere die Schot, lasse das Segel killen, nehme dem Wind dadurch den Widerstand und lasse das Boot Fahrt verlieren.
    Kurs Südost, langsame, sehr langsame Fahrt. Durch das überkommende Wasser, das bei jeder Bewegung des Bootes mehr als drei Handbreit über die Planken schwappt, krieche ich zurück zum Mast, packe das Seil und beginne, es mit aller Kraft einzuholen.
    Wieder krängt das Schiff, immer mehr Wasser brandet über die Kante ins Boot.
    Plötzlich kann ich Alessandra zwischen den Wellen erkennen. Kopf, Schultern, Arme. Sie hebt die Hand – sie lebt!
    »Du schaffst es!«, brülle ich.
    »…«
    Kein Wort verstanden. »Halt aus, ich hol dich ein!«
    »…«
    »Du schaffst es, Alessandra! Zieh dich mit aller Kraft am Seil entlang!«
    Dann ist sie wieder zwischen den Wellen verschwunden.
    »Los, nun mach schon!«, schreie ich in Panik.
    Mit der Kraft der Verzweiflung zerre ich an dem nassen Seil, das mir immer wieder durch die Finger gleitet, aber es gelingt mir, es Elle um Elle einzuholen. Ich kämpfe gegen die Fluten um ihr Leben, aber auch um meines.
    Da ist sie wieder!
    Die Schwimmweste aus Kork gibt ihr Auftrieb. Am gespannten Seil schwimmt sie auf das Boot zu, erreicht mit letzter Kraft die Bootskante und klettert, während ich das Tau einhole, mittschiffs ins krängende Boot.
    Während sich die Enez Eusa endlich wieder aufrichtet, fällt sie erschöpft auf die überspülten Planken, hustet das Salzwasser aus den Lungen und atmet tief durch. Dann richtet sie sich auf den Ellbogen auf und sieht sich um.
    »In deinem Boot kann man ja ertrinken!«

Alessandra
Kapitel 85
    An Bord von Yannics Boot
Kurz nach elf Uhr morgens
    Kurze Verschnaufpause.
    Meine Schultern schmerzen vom Schöpfen. Ich stelle den Eimer neben mich, richte mich auf, strecke mich und spanne meine

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