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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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während ich auf der Suche nach einem verborgenen Mechanismus mit meinem Dolch in der Fuge herumstochere. Kein metallisches Klicken, kein Knirschen, nichts.
    Tyson maunzt.
    »Da hast du recht, Katerchen!«
    »Miau!«
    »Du sagst es! Dann eben auf die römische Art.« Ich gehe ins Scriptorium zurück und begutachte den gusseisernen Kerzenständer, der neben der Tür zum Archiv steht. Der Leuchter, dessen acht Kerzenhalter leer sind, reicht mir bis zur Schulter. Einer der schwarzen Füße weist Kratzspuren auf. Ich schleppe ihn ins Archiv, wuchte ihn auf die Seite, sodass die Dornen für die Kerzen zum Fenster zeigen, und lasse den zerkratzten Eisenfuß in die zersplitterte Fuge einrasten. Ja, so geht’s.
    »Tyson, hau ab!«
    »Miau!«
    »Ich sag’s nicht zwei Mal!« Ich scheuche den neugierigen Kater fort, der sich maunzend trollt, aber sofort stehen bleibt und mich beobachtet, sobald ich auf die andere Seite des Archivs gehe und den Kerzenständer wie einen Hebel anhebe.
    Ein Knirschen von Metall auf Stein. Der gusseiserne Fuß ruckt zwei, drei Fingerbreit in die Fuge. Während ich den wuchtigen Kerzenständer langsam aufrichte, hebt sich die Bodenplatte einen Spaltbreit.
    Ich knie neben dem neugierigen Tyson nieder, der sich schon mit gesenktem Kopf in den Spalt schieben will, schubse ihn zur Seite – »He, Tyson, jetzt reicht’s aber!« –, hebe die Bodenplatte an und wuchte sie zur Seite. Ich spüre, wie mir die Erregung bis in die Haarspitzen schießt. Eine Hitzwelle durchflutet meinen Körper, und meine Hände zittern vor Aufregung.
    Ein geheimes Versteck!
    Doch mein Anfall von Schatzsucherfieber währt nicht lange. Denn die Nische ist leer – bis auf ein Bündel Pergamente.
    Der Boden weist eine Vertiefung in der Größe eines Buches auf. Der satanische Kodex, falls er wirklich dort gelegen hat, ist verschwunden.
    Jemand ist mir zuvorgekommen.
    Wütend und enttäuscht blicke ich hinab in die Vertiefung. Im Dämmerlicht erkenne ich eine Inschrift. Ich beuge mich tief hinunter und entziffere die eingekratzten Buchstaben.
    Noch ein fürchterlicher Fluch!
    Wer den hier begrabenen Kodex liest, sei ein Diener Satans, der von den apokalyptischen Reitern bei lebendigem Leib in Stücke gehauen werden soll, während die Engel des Weltendes in ihre Posaunen blasen. Die sterblichen Überreste des Verdammten sollen in die tiefste Hölle geworfen werden. Denn der schlimmste aller Frevler, der durch sein Handeln die Macht Satans stärke und Unheil über die Welt bringe, habe sich auf diese Weise an Gott selbst versündigt.
    Mein Blick fällt auf den abgeplatzten Rand der kleinen Gruft, denn nichts anderes ist dieses Versteck. Mit den Fingerspitzen fahre ich über den bröseligen Mörtel, der in die Vertiefung hinabrieselt und knisternd auf die Pergamente fällt. Bevor die Deckplatte zerbrochen wurde, ist der satanische Kodex eingemauert gewesen.
    Schaudernd drehe ich den Ring des Salomo an meinem Finger. Wie die Mumie des Magierpapstes, die ich vor zwei Jahren in Rom ausgegraben habe. Papst Silvester hatte man genau wie mir einen Satanspakt nachgesagt, deshalb war seine Gruft in der Lateranbasilika mit Steinquadern versiegelt und einer Legende zufolge mit einem Fluch belegt worden.
    Ich schüttele den Kopf. Was steht denn nur in diesem mysteriösen und schrecklichen Teufelskodex? Und vor allem: Wer liest ihn gerade?
    Ich richte mich auf und blicke nachdenklich Tyson an, der mit großen Augen zu mir aufsieht.
    Ich bin keinen Schritt weiter. Was jetzt?
    Ich ziehe das Bündel Pergamente heran und schnüre es auf. Die Blätter sind nach Jahren sortiert. 1421 – 1422 – 1423 und so weiter. Ich ziehe eine Seite aus dem Jahr 1421 heraus und finde die detaillierte Zeichnung einer Leiche in grobkörniger roter Tinte. Der erste Mönch, der nach Entdeckung des Schreins ermordet wurde. Die Wunden sehen aus, als sei Satan mit scharfen Krallen über ihn hergefallen. Der Kopf ist abgetrennt, die Schädeldecke mit Wucht eingeschlagen, die Gehirnmasse aus der Schläfe hervorgequollen wie Eiter aus einem aufgestochenen Abszess. Ebenso die Augen, die mit einem spitzen Gegenstand, vielleicht einem Dolch, ausgestochen wurden. Die Leiche erinnert mich an die meines Ziehsohnes Angelo, der vor zwei Jahren, dem Anschein nach ebenfalls von Satan, erschlagen wurde.
    Im Kommentar heißt es: ›Frère Gilles, November 1421.‹
    Die Tinte fühlt sich rau an wie … wie getrocknetes Blut.
    Jetzt wird’s wirklich gruselig.
    Die Skizze wurde

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