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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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seinen Trottel – wir haben Lucien, der uns immer wieder zum Lachen bringt. Ein Horror für jeden Priester, der vor der Königin von Frankreich in der Abteikirche eine feierliche Messe zu Ehren des Erzengels zelebrieren soll, wenn Lucien drei Schritte neben dir eine seiner Anwandlungen hat – meine Missa solemnis endete damals im Chaos. Ich habe selten so gelacht wie während dieser Messe, als Lucien mir als Priester beistand – wer braucht noch tollpatschige, kichernde Ministranten, wenn er Lucien an seiner Seite weiß?
    Was tun, wenn die brennende Kerze dem Skapulier zu nahe kommt und den Habit in Flammen setzt? Was tun, wenn der Kelch auf dem Altar keinen Messwein enthält, weil der nach einem tiefen Schluck in der Sakristei vergessen wurde? Was tun, wenn man über eine Altarstufe stolpert und der Teller mit den Hostien quer durch die Kirche schießt? Oder man vom Weihrauchdunst benebelt in die Knie geht? Was tun, wenn einem vor Lachen die Tränen über das Gesicht rinnen und man sich gar nicht mehr beruhigen kann? Lucien fragen, der kennt sich mit sowas aus. Kompetent und zuverlässig vermasselt er dir deine Messe. Aber wenn er dich mit seinem strahlenden Lächeln anguckt, kannst du ihm nicht mal böse sein. Doch heute Nacht bringt dieser alberne Spinner, den Königin Marie, wenn’s nach mir gegangen wär’, als Hofnarren nach Paris hätte mitnehmen können, kein Wort heraus. Lucien hat Todesangst.
    »Und die restlichen Buchstaben? Soundsoviel Fuß unter dem Altar, oder was?«, wendet Robin ein. »Vielleicht ist es eine Schatzkarte. Die uns zu einem verborgenen Schatz führt.«
    »Schwachsinn!«, enthält uns Abelard seine Meinung nicht vor.
    »Wie war das?«, fragt Robin in scharfem Tonfall nach.
    »Bullshit!«, fasst Abelard seinen Kommentar wie immer knapp und präzise zusammen.
    »Fuck off, you …!« Robin geht mit geballten Fäusten auf Abelard los und stößt ihn zurück.
    »Robin!«, ermahne ich ihn, aber er schlägt weiter auf Abelard ein. »For God’s sake, Robin!«, brülle ich. »Zurück! Ich dulde kein derartiges Verhalten!«
    »Oops!«, kommentiert Padric boshaft.
    Yvain, zur Abwechslung mit mir einer Meinung, hilft mir, die beiden auseinanderzuzerren. »Abelard, hör auf! Schluss jetzt, alle beide! In meiner Abtei wird nicht geprügelt!«
    Padric verschränkt trotzig die Arme und fordert Yvain heraus: »Und ich walisischer Einfaltspinsel dachte, Kardinal d’Estouteville wäre unser Abt. Heute Morgen war er’s noch. Aber sollte Seine Heiligkeit unterdessen Euch zum Abt ern …«
    »Padric!«, weise ich ihn zurecht. »Halt die Klappe, sei so gut.«
    »Oops!«, kommentiert nun Robin trocken.
    »Das gilt auch für dich«, fängt er sich gleich noch eine.
    »Aye, Mylord.«
    »Pater Prior«, meldet sich Frère Piccolet zu Wort und fuchtelt mit seinem vollgekritzelten Schreibtäfelchen herum.
    »Was ist?«, raunzt Yvain ihn an.
    Piccolet deutet auf die Blutschrift. »Und wenn es nun ein Vers aus der Apokalypse ist?«
    Yvain runzelt die Stirn und wechselt einen raschen Blick mit Abelard. »Und welcher?«
    »Offenbarung des Johannes, Kapitel 6, Vers 1: Die ersten Worte lassen sich aus der Blutschrift bilden: ›Agnus aperuisset unum de sigillis – Das Lamm öffnete eines der Siegel.‹ Ihr wisst schon, das erste der sieben Siegel.«
    Beunruhigtes Getuschel und ängstliche Blicke.
    »Es gibt kein G«, wendet Aimery, unser Inquisitor, ein. »Sigillum wird mit G geschrieben, bis der Papst etwas anderes verkündet. Da ist aber kein G auf deinem Täfelchen.«
    Piccolet, der angesichts der nahenden Apokalypse schon Blut und Wasser geschwitzt hat, guckt verdattert auf seine Schiefertafel. »Oh, ich … äh … tut mir leid, ich wollte nicht …«
    »Schon gut«, winkt Yvain ab.
    Einige der Fratres atmen sichtlich erleichtert auf.
    Dann ein Schrei: »Ich hab’s!«

Alessandra
Kapitel 33
    Auf der Treppe zum verwilderten Klostergarten der Merveille
Einige Minuten nach zwei Uhr nachts
    Immer noch zornig über Vittorinos Tod und Yannics Verrat – dieser Mistkerl hat das Notizbuch! – keuche ich die Treppe vom Hof hinauf zum Gärtchen mit den wogenden Brennnesseln. Ich brauche Vittorinos Büchlein, um das Geheimnis des Teufelskodex zu verstehen. Yannic kann sich auf was gefasst machen!
    Ein kurzer Blick in die Runde: Vor mir das offene Portal der Krypta der dicken Pfeiler, aus der ein grauenvolles Heulen dringt, über mir die Baustelle des neuen Chors mit dem im Sturm schwankenden Gerüst, neben mir das

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