Das Testament eines Excentrischen
von den ersten Abhängen der Felsenberge, und zweihundertfünfzig Meilen die westliche Seite des Gebirgstockes von der östlichen – was demnach etwas über sechshundert Meilen zwischen Olympia und Helena, der Hauptstadt von Montana, ergiebt Durch diesen nördlichen Theil der Vereinigten Staaten und bis nach Chicago verläuft die Northern Pacific fast parallel – doch um sechs Grade weiter nördlich – mit dem Grand Trunk. Da der Reporter zur Fahrt nach Süddakota vierzehn Tage zur Verfügung hatte, mußte er in Yankton lange vor dem Eintreffen des Telegrammes ankommen, das ihm – davon war er überzeugt – wieder eine gute Stellung in der Partie sichern würde. Jedenfalls bot die Northern Pacificbahn den Vortheil, ihn durch Idaho, Montana und Norddakota zu führen und der »Tribune« interessante Berichte zur großen Befriedigung ihrer Leser zu gewährleisten.
Von Olympia aus bewegte sich der Zug erst in nordöstlicher Richtung nach Tacoma zu und dann in südöstlicher Richtung weiter, wobei er Hotspring, Clealum, Ellensburg, Toppenish und Pace-Pasco berührte und hier den Columbia überschritt.
Harris T. Kymbale hielt sich meist auf dem Perron seines Waggons auf und betrachtete die herrliche Gegend, deren Landschaftsbilder – man könnte fast sagen – mit jedem Telegraphenpfahle wechselten, und die überreich an tiefen Schluchten war, worin rauschende Creeks aus den Cascadebergen herunterstürzten. Nicht minder war er entzückt von der sich bietenden Aussicht, als der Zug im Süden vom Mount Stuart über den Columbiafluß gekommen war, der von Norden nach Süden bis zu einer scharfen Biegung verläuft, jenseit der er, die Südgrenze Washingtons bildend, endlich in den Stillen Ocean mündet.
Der große Fluß ist in diesem Theile seines Laufes wenig schiffbar, da er viele Stromschnellen, wie die von Buckland, Gualquil, Islands und Priest, enthält. Von dessen anderer Seite an durcheilt die Locomotive die große columbische Wüste zwischen dem Salt Lake und dem Silikatkwa Lake, die fast ohne jede Wasserader ist und die noch heute die Waggon-roads (Fahrstraßen) erkennen läßt, welche früher stark benutzt wurden, als die jetzt auf kleine umschlossene Gebiete beschränkten Indianersippen der Lochnasen, Aleneherzen und Puyallups hier in voller Ungebundenheit hausten.
Idaho, das zum Becken des Columbia gehört und sich im Norden an Canada lehnt, ist noch jetzt an Wäldern und Weidegründen fast ebenso reich wie früher, bevor seine Placers (Goldfundstätten) ausgebeutet wurden. Sein Regierungssitz, Boise City am gleichnamigen Flusse, hat nur zweitausenddreihundert Seelen, und seine Hauptstadt, Idaho City, an dem Nebenflusse Snake, beherrscht durch ihren Handel und Verkehr den ganzen südlichen Theil des Staatsgebietes. Hier bilden Chinesen einen starken Bruchtheil der Bevölkerung, und neben diesen Mormonen, denen man actives Wahlrecht nicht zugesteht, so lange sie nicht eidlich versichern, auf Bigamie und Polygamie gänzlich verzichtet zu haben.
Jenseits von Idaho, in Montana mit seinen unbeschreiblich schönen Gegenden in den Felsenbergen, erfreute sich Harris T. Kymbale wiederum an den herrlichen Aussichten, trotzdem er durch die Naturschönheiten der Sierras von Neumexiko und Washington von solchen fast übersättigt sein mußte. Zwischen den Thälern und Schluchten dieses Gebietes, dem nur Meridian und Parallelkreis als geodätische Grenzen dienen, strömen Tausende von Rios, Creeks und wirklichen Flüssen nach Norden hin ab und bewässern die umfänglichen, für Viehzucht besonders geeigneten Weidegründe des Landes. Die Viehzucht bildet neben dem Bergbau auch den Hauptreichthum Montanas, denn zum Ackerbau ist sein Klima schon zu rauh. Außerhalb der Bergregion gelegen, hat es noch mehrere, ziemlich bedeutende und von der Northern Pacific berührte Städte, wie Missoula, Helena und Butte, alle drei inmitten eines Erzgebietes, wo sehr viel Gold, Silber und Kupfer gewonnen wird.
Nach Ueberschreitung des Charles Forke River und nachdem die spitzen, wiederum von den Eagle Peaks überragten Gipfel des Wießner und des Stevens passirt waren, zog sich die Bahnlinie nach Helena, der Hauptstadt von Montana, hin.
Hier befand man sich in wilder Berggegend, und es bedurfte der den Amerikanern eigenen Kühnheit, diese mit einem Schienenstrang zu überziehen. Im nördlichen Theile des Gebietes stellten sich dem weit größere Schwierigkeiten entgegen als da, wo, vierhundert Meilen südlicher, die Union Pacificbahn
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