Das Testament
ihn seine Kinder zu gleichen Teilen beerben, und zwar alle sieben. Da aber Rachel nichts haben will, wird ihr Anteil unter den anderen sechs aufgeteilt.«
»Und dann bekommen diese Dummköpfe pro Nase eine Milliarde Dollar.«
»So ungefähr.«
»Wie stehen die Aussichten, das Testament anzufechten?«
»Nicht besonders gut. Ich möchte lieber unsere Seite vertreten als die Gegenseite, aber das kann sich ändern.«
Nate ging im Zimmer auf und ab, knabberte an einem Salzkeks und überdachte alles. »Warum sollen wir für die Rechtsgültigkeit des Testaments kämpfen, wenn Rachel das Geld nicht will?«
»Aus drei Gründen«, sagte Josh rasch. Wie immer, hatte er bereits alles aus jedem möglichen Blickwinkel analysiert. Er würde ihm die Zusammenhänge Stück für Stück enthüllen.
»Erstens, und das ist das wichtigste, hat mein Mandant ein gültiges Testament errichtet. Darin hat er genau auf die Weise über sein Vermögen verfügt, die seinen Vorstellungen entsprach. Mir als seinem Anwalt bleibt keine Möglichkeit, als für die Durchsetzung dieses Testaments zu kämpfen. Zweitens ist mir bekannt, wie Mr. Phelan zu seinen Kindern gestanden hat. Ihm war die Vorstellung unerträglich, das Geld könnte auf irgendeine Weise in ihre Hände gelangen. Ich teile seine Ansichten über seine Kinder absolut und mag mir überhaupt nicht ausmalen, was geschehen würde, wenn jeder von denen eine Milliarde bekäme.
Drittens besteht immer noch die Möglichkeit, dass Rachel es sich anders überlegt.«
»Damit würde ich nicht rechnen.«
»Sieh mal, Nate, sie ist auch nur ein Mensch. Du hast ihr die Papiere dagelassen. Nach ein paar Tagen fängt sie an, darüber nachzudenken. Vielleicht hatte sie noch nie die Möglichkeit erwogen, reich zu werden, aber irgendwann muss ihr doch der Gedanke kommen, wie viel Gutes sie mit dem Geld tun könnte.
Hast du sie auf die Möglichkeit einer gemeinnützigen Stiftung und dergleichen hingewiesen?«
»Darüber weiß ich doch selber kaum was, Josh. Vergiss nicht, dass ich Prozessanwalt war.«
»Jedenfalls werden wir darum kämpfen, Mr. Phelans Testament zu schützen.
Bedauerlicherweise ist der wichtigste Platz am Tisch leer. Rachel braucht jemanden, der sie vertritt.«
»Braucht sie nicht. Sie will von all dem nichts wissen.«
»Der Prozess kann nur geführt werden, wenn sie einen Anwalt hat.«
Nate war dem Meister der Strategie nicht gewachsen. Das schwarze Loch öffnete sich unversehens, und schon war er dabei, hineinzufallen. Er schloss die Augen und sagte: »Du machst Witze.«
»Nein. Wir können die Sache auf keinen Fall länger hinauszögern. Troys Tod liegt einen ganzen Monat zurück. Richter Wycliff will unbedingt wissen, wo sich Rachel Lane aufhält. Die Anwälte der Kinder haben sechs Anträge auf Anfechtung des Testaments eingereicht und machen erheblichen Druck, dass es vorangeht. Die ganze Sache wird von A bis Z in der Presse breitgetreten. Wenn wir auch nur den kleinsten Hinweis darauf liefern, dass Rachel die Absicht hat, das Erbe auszuschlagen, verlieren wir die Kontrolle. Die Phelan-Kinder und ihre Anwälte drehen durch, und der Richter hat auf einmal kein Interesse mehr daran, Troys letztem Testament zur Geltung zu verhelfen.«
»Willst du damit sagen, dass ich ihr Anwalt bin?«
»Wir haben keine andere Möglichkeit, Nate. Wenn du aus der Kanzlei außteigen willst, soll mir das recht sein, aber diesen letzten Fall musst du noch durchziehen. Setz dich einfach an den Tisch und wahre Rachels Interessen. Die Kanzlei arbeitet dir zu.«
»Aber da gibt es doch einen Interessenkonflikt. Schließlich bin ich Teilhaber in dieser Kanzlei.«
»Das ist halb so schlimm, denn unsere Interessen sind identisch. Für uns - die Nachlaßverwaltung und Rachel - lautet die Aufgabe, das Testament zu schützen.
Wir sitzen im selben Boot. Außerdem können wir ohne weiteres behaupten, dass du der Kanzlei seit August nicht mehr angehörst.«
»Da ist viel Wahres dran.«
Beide bestätigten diese traurige Wahrheit. Josh nippte an seinem Tee, ohne Nate aus den Augen zu lassen. »Irgendwann gehen wir zu Wycliff und sagen ihm, dass du Rachel zwar gefunden hast, sie aber zur Zeit noch nicht selbst in Erscheinung treten möchte und nicht sicher ist, was sie tun will. Vorsichtshalber aber hat sie dich mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt.«
»Damit würden wir ihn belügen.«
»Das ist eine harmlose Lüge, und der Richter wird später dafür dankbar sein. Er will unbedingt
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