Das Teufelslabyrinth
alles wegwerfen, was in dieser Schublade war.« Sie deutete mit dem Kinn auf die Lade der Ankleidekommode, die immer noch offen stand und aus der immer noch einzelne Wäschestücke hingen, genau wie sie sie bei ihrer Heimkehr vorgefunden hatte.
Genau wie es ausgesehen hatte, als die Polizei gekommen war und ihren Bericht aufgenommen hatte und dann wieder abgefahren war, ohne dass sich irgendetwas verändert hätte. »Ich werde nie wieder etwas davon anziehen. Niemals. Ich will die Sachen nicht einmal mehr anfassen.« Jetzt begann die Angst, dass sich dies wiederholen könnte, richtig Gestalt anzunehmen. Plötzlich war jedes Fenster ein Zugang zu ihrem Haus.
Jeder Kleiderschrank könnte einem Einbrecher als Versteck dienen.
Einem Einbrecher oder etwas Schlimmerem …
Dieses Haus, ihr Haus, das sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn so viele Jahre geteilt hatte, der einzige Ort, wo sie sich immer so sicher gefühlt hatte, bot ihr auf einmal keinen Schutz mehr. Ihr Zufluchtsort war verraten worden - ihre Seele verletzt -, und sie hatte ihr Zuhause verloren. Sie war hier nicht mehr sicher.
Nicht einmal in Toms Armen.
»Ab jetzt werde ich mich hier immer fürchten«, flüsterte sie, während sie sich umdrehte und ihr Gesicht an Toms Schulter vergrub. »Immer.«
Tom drückte sie für einen Moment an sich, dann holte er tief Luft; Teri spürte, wie er sich versteifte, so als hätte er gerade eben einen spontanen Entschluss gefasst. »Entweder
du kommst heute Abend mit zu mir«, verkündete er dann, »oder ich fahre schnell nach Hause, packe ein paar Sachen und ziehe noch heute bei dir ein. Und es ist mir völlig egal, was Ryan sagt oder darüber denkt - ich will nicht, dass du hier alleine bist.«
Teri entzog sich ein wenig seiner Umarmung, als sie sich an die Betroffenheit in Ryans Gesicht erinnerte, nachdem sie ihm gesagt hatte, dass Tom zu ihr ziehen würde. »Ich weiß nicht«, sagte sie nach einer Weile. »Ich weiß nicht, ob ich das Ryan antun kann.«
Tom umfasste ihr Kinn, hob es an und sah ihr direkt in die Augen.
»Aber ich weiß es.«
»Natürlich kannst du hier übernachten«, sagte sie, indem sie noch ein wenig von ihm abrückte und ihn flehend anschaute. »Aber so wie Ryan darauf reagiert hat, möchte ich nicht, dass du jetzt gleich hier einziehst.«
Tom starrte sie an. »Du machst wohl Witze, wie? Erzähl mir nicht, dass du nach diesem Einbruch lieber allein in diesem Haus leben willst!«
»Das will ich auch nicht«, wisperte Teri. »Aber Ryan ist mein Sohn. Meiner und Bills. Er hat bereits seinen Vater verloren, und jetzt hat er Angst, dass er mich auch noch verliert. Bitte … kannst du das nicht verstehen?«
»Ich werde es versuchen«, erwiderte er und zog sie wieder an sich. »Aber ich bin immer noch nicht überzeugt, dass das nur ein willkürlicher Einbruch war. Die Einbrecher haben nach etwas gesucht - nach einem bestimmten Gegenstand .« Er strich ihr liebevoll übers Haar. »Du musst etwas besitzen, auf das sie es abgesehen haben.«
»Aber hier ist nichts, das habe ich dir doch schon gesagt«, hauchte sie an seine Brust. »Kein Geld, keine Drogen,
keine Wertsachen. Du weißt doch, wie ich wohne, Tom. Hier gibt es nichts!«
» Irgendetwas muss es geben«, beharrte er und hielt sie fester umfasst. »Vielleicht etwas Altes, das früher gar nichts Besonderes war oder keinen großen Wert hatte. Du weißt schon, wie der Plunder, den die Leute in dieser Trödlersendung im Fernsehen aus ihren Kellern holen und gar nicht wissen, was für Schätze sie da besitzen. Haben dir deine Eltern vielleicht etwas hinterlassen? Oder Bill?«
Bei der Erwähnung ihres Mannes erinnerte sie sich unvermittelt an das silberne Kreuz, das Bill einmal aus dem Irak mitgebracht hatte. »Bill hat mal was mitgebracht, aus dem …«, begann sie, doch als sie spürte, wie sich die Muskeln an seinen Armen verspannten und sein Körper ganz steif wurde, sprach sie nicht weiter.
»Was war das?« Toms Stimme klang auf einmal merkwürdig gehetzt.
Teri erstarrte in seinen Armen, ihre Gedanken überschlugen sich. Was ging hier vor? Was hatte sich verändert? Sie hatte doch nur krampfhaft versucht, sich an irgendwas zu erinnern, das einen Wert haben könnte. Und jetzt hatte sie das Gefühl, als sei er wütend auf sie. »Was ist denn los?«, fragte sie ihn und versuchte, einen Schritt von ihm abzurücken, aber sein Griff wurde nur noch fester. »Lass mich los!«
»Sag mir, wo es ist«, verlangte Tom und funkelte sie mit einem
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