Das Teufelslabyrinth
habe, zu beichten und …«
Er verstummte, als Darren Bender etwas genervt den Kopf schüttelte. »Ich erkläre ihm schon die ganze Zeit, dass Kip verschwunden ist, aber Clay will unbedingt weiter nach ihm suchen.«
»Wo habt ihr denn schon alles nachgesehen?«
Darren zuckte die Schultern. »Eigentlich fast überall. Wir haben unter der Bibliothek angefangen, sind den langen Weg durch die Keller unter dem Turnsaal und dem
Pfarrhaus abgegangen. Wir dachten, wir sehen auf dem Weg zu unseren Zimmern noch unter der Aula nach und suchen später noch die anderen Keller ab.«
»In den Gängen unter dem großen Speisesaal ist er nicht«, seufzte Bruder Francis. »Da habe ich bereits nachgeschaut. Also könnten wir eigentlich gleich gemeinsam zu euren Zimmern gehen.«
Eine Viertelstunde später wischte sich Bruder Francis Staub und Spinnweben von den Schultern seiner Mönchskutte und klopfte dann leise an Pater Laughlins Tür.
Der alte Priester sah von dem Buch auf, in dem er gerade las, und als er Bruder Francis erkannte, breitete sich ein Lächeln auf seinem freundlichen, von tiefen Falten durchzogenen Gesicht aus. »Kommen Sie herein, Francis«, sagte er. »Setzen Sie sich.«
Bruder Francis betrat das Büro und schloss die Tür hinter sich. »Ich fürchte, ich bringe schlechte Nachrichten«, begann er und setzte sich ganz vorne auf die Kante eines alten, geschnitzten Holzsessels mit fadenscheinigem Samtbezug, von denen es zwei in dem kleinen Büro gab.
Fragend hob der alte Schuldirektor die buschigen Augenbrauen. »Ja?«
»Einer unserer Jungen - Kip Adamson - wird vermisst. Er scheint sich nirgendwo auf dem Schulgelände zu befinden, und ich fürchte …« Er zögerte, entschied dann aber, dass es hier nichts zu beschönigen gab. »Ich fürchte, er ist weggelaufen.«
»Kip Adamson«, wiederholte Pater Laughlin.
Bruder Francis nickte. »Er gehört zu unseren Problemschülern. Aber nichts wirklich Dramatisches - hat ein paarmal in einem Laden etwas mitgehen lassen - solche Dinge. Seltsam ist nur, dass er seit zweieinhalb Jahren hier bei uns ist und sich gemäß unseren Unterlagen zu
einem der besten Schüler gemausert hat. Keine Disziplinarstrafen und überdurchschnittliche Noten. Ausgezeichnete Noten, um es genau zu sagen.«
»Und er ist abgängig, sagen Sie?«, murmelte Pater Laughlin, nahm seine altmodische Lesebrille ab und rieb sich den Nasenrücken.
Etwas am Tonfall des alten Priesters ließ Bruder Francis aufhorchen. Hatte der alte Priester überhaupt verstanden, was er gerade gesagt hatte?, fragte er sich und überlegte nicht zum ersten Mal, ob Pater Laughlin nicht ein bisschen zu alt und zu unvertraut mit der heutigen Jugend war, um eine Schule wie die St. Isaac’s Academy zu leiten. Der greise Priester kam ihm manchmal vor wie ein Relikt aus einer freundlicheren und sehr viel besseren Zeit. »Er ist schon der zweite in diesem Jahr«, seufzte Bruder Francis. »Und ich muss zugeben, dass ich mich dafür mitverantwortlich fühle. Offenbar habe ich bei diesen Jungs versagt.« Er unterbrach sich, beendete dann aber seinen Gedankengang. »Ich frage mich, ob es nicht ein Fehler war, dass Sie mich eingestellt haben. Vielleicht bin ich für diese Art von Schule einfach nicht geschaffen.«
Pater Laughlin schüttelte bedächtig den Kopf. »Nein, Sie trifft da keinerlei Schuld, Francis. Es ist einfach …«
»In den letzten fünf Jahren ist hier kein einziger Schüler verschwunden«, fiel ihm Bruder Francis ins Wort. »Dann komme ich und verliere gleich zwei in meinem ersten Jahr.« Bruder Francis seufzte erneut. »Ich zermartere mir schon die ganze Zeit den Kopf, wie ich das Kips Eltern beibringen soll.«
Pater Laughlin antwortete nicht gleich. Erst nach einer Weile setzte er seine Brille wieder auf und sah den jungen Geistlichen an. »Es gibt mehr als einen Grund, warum Seine Eminenz uns Pater Sebastian Sloane zur selben
Zeit wie Sie geschickt hat«, sagte er dann. »Und einer dieser Gründe ist, dass Pater Sebastian nicht nur über langjährige Erfahrungen mit schwierigen Jugendlichen verfügt, sondern auch mit deren Eltern. Ich schlage vor, wir warten noch das Abendessen ab, und wenn der junge Adamson bis dahin nicht aufgetaucht ist, dann wenden Sie sich an Pater Sebastian. Sollte es tatsächlich notwendig sein, mit den Eltern des Jungen zu sprechen, wird er das übernehmen. Ich vertraue darauf, dass Pater Sebastian genau weiß, wie man mit einer solchen Situation umgeht.« Der alte Priester streckte die
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