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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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okay? Haben Sie sich verletzt?«, rief der Mann.
    »Detective Bell«, sagte Geneva verwirrt, bückte sich und half ihm auf.
    Bell verzog vor Schmerz das Gesicht und richtete die großkalibrige Waffe auf den Onkel. »Keine Bewegung.«
    Der Mann runzelte ungläubig die Stirn.
    »Hinlegen. Und strecken Sie die Arme aus.«
    »Detective Bell …«, setzte Geneva an.
    »Einen Moment bitte, junge Dame.«
    Der Onkel kam der Aufforderung nach. Bell legte ihm Handschellen an. Die Beamten aus dem Streifenwagen eilten herbei.
    »Durchsuchen Sie ihn.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Hören Sie, Sie irren sich, Sir«, sagte der Onkel.
    »Ruhe«, wies Bell ihn an und nahm Geneva beiseite. Sie zogen sich in einen Hauseingang zurück. Ein Scharfschütze auf einem der umliegenden Dächer würde kein freies Schussfeld haben.
    »Roland!« Barbe Lynch lief die Gasse herunter.
    Bell lehnte sich an die Wand und rang nach Luft. Als er nach links schaute, sah er den Obdachlosen, der ihm zuvor schon aufgefallen war. Der Mann musterte verunsichert die Polizisten, machte dann kehrt und ging in entgegengesetzter Richtung davon. Bell ignorierte ihn.
    »Das war nicht nötig«, sagte Geneva und wies auf den Mann in Handschellen.
    »Aber er ist nicht dein Onkel«, sagte der Detective, der allmählich wieder zur Ruhe kam. »Oder?«
    »Nein.«
    »Was hatte er mit dir vor?«
    Sie senkte bekümmert den Kopf.
    »Geneva«, mahnte Bell sie ernst, »das ist kein Spiel. Sag mir, was los ist.«
    »Ich habe ihn gebeten, mich zu fahren.«
    »Wohin?«
    Sie wich seinem Blick aus. »Zur Arbeit«, sagte sie. »Ich konnte es mir nicht leisten, meine Schicht zu verpassen.« Sie öffnete die Jacke. Darunter trug sie eine McDonald’s-Montur. Auf dem fröhlichen Namensschild stand: Hallo, ich heiße Gen.
     
     

 … Sechsundzwanzig
     
    »Dann leg mal los«, sagte Lincoln Rhyme. Er war besorgt, klang aber trotz des Erschreckens über ihr Verschwinden nicht vorwurfsvoll.
    Geneva saß vor ihm im Labor. Daneben stand mit verschränkten Armen Sachs. Sie war soeben mit einem großen Stapel Unterlagen aus dem Archiv der Sanford-Stiftung eingetroffen, wo ihr die Potters’-Field-Entdeckung geglückt war. Das Material lag neben Rhyme auf dem Tisch, fand jedoch angesichts der dramatischen Ereignisse vorerst keine Beachtung.
    Das Mädchen sah ihm trotzig in die Augen. »Ich habe ihn angeheuert, meinen Onkel zu spielen.«
    »Und deine Eltern?«
    »Ich habe keine.«
    »Du hast …«
    »Ich habe keine«, wiederholte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Red weiter«, sagte Sachs sanft.
    Geneva schwieg einen Moment. »Als ich zehn war, hat mein Vater uns verlassen, meine Mutter und mich«, sagte sie dann. »Er ist mit einer anderen Frau nach Chicago gezogen, hat sie geheiratet und eine komplett neue Familie gegründet. Ich war total fertig – es hat so wehgetan. Aber tief im Innern konnte ich ihm kaum Vorwürfe machen, Unser Leben war eine Katastrophe. Meine Mutter war cracksüchtig und kam nicht davon los. Immerzu gab es Streit – nun ja, sie hat den Streit angefangen. Meistens wollte er ihr den Kopf zurechtrücken, und sie wurde wütend. Um ihre Drogen bezahlen zu können, hat sie Ladendiebstähle begangen.« Geneva sah Rhyme ins Gesicht. »Und sie ging in die Wohnungen von Freundinnen, um sich dort mit Männern zu treffen – Sie können sich denken, weswegen. Dad wusste über alles Bescheid. Ich schätze, er konnte es irgendwann nicht mehr ertragen.«
    Sie atmete tief durch. »Dann wurde Mom krank. Sie war HIV-positiv, hat aber keine Medikamente genommen und ist an einer Infektion gestorben. Ich hab eine Weile bei ihrer Schwester in der Bronx gewohnt, doch dann ist sie zurück nach Alabama gezogen und hat mich bei Tante Lilly gelassen. Aber die hatte ebenfalls kein Geld und musste immer wieder ihre Wohnung räumen und bei Freunden einziehen, so wie jetzt auch. Sie konnte es sich finanziell einfach nicht leisten, mich durchzufüttern. Also habe ich mit dem Verwalter des Hauses gesprochen, in dem meine Mutter früher mal als Putzfrau gearbeitet hat. Er sagte, ich könne in einem Kellerraum wohnen – falls ich dafür bezahle. Ich habe da unten ein Bett, eine alte Kommode, eine Mikrowelle und ein Bücherregal. Seine Adresse ist meine Postanschrift.«
    »Die Wohnung da oben hat auch nicht wirklich wie dein Zuhause gewirkt«, sagte Bell. »Wem gehört sie?«
    »Einem Rentnerehepaar. Die beiden wohnen nur das halbe Jahr dort und verbringen den Herbst und Winter in South Carolina. Willy

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