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Das Teufelsspiel

Das Teufelsspiel

Titel: Das Teufelsspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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einem Fluchtweg. Das Fenster bei der Feuertreppe war mit Sperrholz verbarrikadiert. Das andere Fenster war zwar frei zugänglich, lag aber neun Meter über der Gasse. »Er war hier. Wie, zum Teufel, ist er entkommen?«
    Die Frage wurde umgehend beantwortet.
    »Hier«, rief einer der Männer. Er hatte unter dem Bett nachgesehen und es von der Wand abgerückt. Dahinter befand sich ein Loch, dessen Größe es einer Person gerade eben gestatten würde, bäuchlings hindurchzukriechen. Der Täter hatte offenbar die Ziegel sowohl dieses Hauses als auch des Nachbargebäudes entfernt. Als er die Beamten auf dem Monitor sah, hatte er einfach den Putz auf der anderen Seite der Mauer eingetreten und war nach nebenan entwischt.
    Haumann schickte Verstärkung auf das Dach, in die umliegenden Straßen und zu den Ausgängen des angrenzenden Hauses.
    »Einer muss hinterher«, befahl der ESU-Leiter.
    »Ich gehe, Sir«, meldete sich ein Officer von eher schmaler Gestalt.
    Doch sogar er passte aufgrund seiner sperrigen Körperpanzerung nicht durch die Öffnung.
    »Ich übernehme das«, sagte Sachs, die bei weitem die schlankste Figur aller Anwesenden hatte. »Aber dieses Zimmer muss geräumt werden, um die Spuren nicht zu beschädigen.«
    »Einverstanden. Sobald Sie drüben sind, ziehen wir uns zurück.« Haumann ließ das Bett beiseite räumen. Sachs kniete sich hin und leuchtete mit ihrer Taschenlampe durch das Loch. Auf der anderen Seite befand sich ein Laufsteg in einer Art Lagerhaus oder Fabrik. Um dorthin zu gelangen, musste Amelia ungefähr einen Meter zwanzig vorankriechen.
    »Scheiße«, murmelte sie, die Frau, die in ihrem Wagen zweihundertfünfzig Kilometer pro Stunde fuhr und sich Schusswechsel mit zu allem entschlossenen Verbrechern lieferte, aber schon beim leisesten Anzeichen von Enge beinahe in panische Starre verfiel.
    Mit dem Kopf oder mit den Füßen zuerst?
    Sie seufzte.
    Mit dem Kopf zuerst wäre beängstigender, aber sicherer; immerhin blieben ihr auf diese Weise einige Sekunden, um den Täter ausfindig zu machen, bevor er sie anvisieren konnte. Sie schaute in das enge, finstere Loch und atmete tief durch. Mit schussbereiter Waffe kroch sie voran.
     
    Was ist bloß mit mir los?, dachte Lon Sellitto, der vor dem Haus neben dem Besitzer des Kräuterimports stand und den Eingang im Auge behielt. Er schaute zu den Fenstern und suchte nach dem geliehenen Täter, hoffte inständig, der Mann würde auftauchen, damit er ihn festnehmen konnte. Und hoffte genauso inständig, der Kerl würde sich nicht blicken lassen.
    Was ist bloß los?
    Im Verlauf seiner Dienstzeit hatte Sellitto bereits ein Dutzend Schusswechsel erlebt, hatte durchgedrehte Irre entwaffnet und einmal sogar einen Lebensmüden vom Dach des Flatiron Buildings gezerrt, wobei ihn nur noch fünfzehn Zentimeter verzierter Balustrade vom Himmelstor getrennt hatten. Er war so manches Mal seelisch erschüttert worden, sicher. Aber er hatte sich immer wieder aufgerappelt. Noch nie war ihm etwas so nahe gegangen wie der Mord an Barry. Auf einmal in der Schusslinie zu stehen hatte ihn erschreckt, das wollte er gar nicht leugnen. Aber das hier war anders. Es hatte etwas damit zu tun, einen Menschen in diesem Moment so dicht vor sich gesehen zu haben … im Moment des Todes. Er bekam die Worte des Bibliothekars einfach nicht aus dem Kopf, hörte immer wieder, was der Mann als Letztes in seinem Leben gesagt hatte.
    Mir war nicht ganz klar …
    Und er konnte das Geräusch nicht vergessen, mit dem die drei Kugeln in Barrys Brust eingedrungen waren.
    Tapp … tapp … tapp …
    Ein leises, kaum vernehmliches, schwaches Pochen. Er hatte noch nie ein solches Geräusch gehört. Lon Sellitto erzitterte. Ihm wurde schwindlig.
    Und die braunen Augen des Mannes … Sie hatten direkt in Sellittos Augen geblickt, als die Kugeln einschlugen. Im Bruchteil einer Sekunde blitzte Erstaunen in ihnen auf, dann Schmerz, dann … nichts. Es war das Sonderbarste, das Sellitto je gesehen hatte. Nicht als würde jemand einnicken oder abgelenkt werden. Es ließ sich nur auf eine Weise beschreiben: Im einen Moment war etwas Komplexes und Wirkliches hinter den Augen, und dann, einen winzigen Moment später, sogar noch bevor er zu Boden fiel, war da gar nichts mehr.
    Der Detective hatte wie erstarrt auf die schlaffe Puppe zu seinen Füßen geblickt – obwohl sein Verstand ihm sagte, er solle lieber versuchen, den Mörder zu stellen. Die Sanitäter mussten ihn sogar beiseite schieben, um zu Barry zu

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